Auch in der deutschen Industrie gibt es neuerdings gewichtige Stimmen, die den sogenannten Kioto-Prozess als Sackgasse bezeichnen und anregen, sich der US-Position anzuschließen.
Klimapolitik
Abschied von Kioto. Energiepolitik muss wieder Standortpolitik werden
Auch in der deutschen Industrie gibt es neuerdings gewichtige Stimmen, die den sogenannten Kioto-Prozess als Sackgasse bezeichnen und anregen, sich der US-Position anzuschließen.
Der G-8-Gipfel Anfang Juli 2005 in Gleneagles/Schottland hat das Kioto-Protokoll beerdigt. Ein „Kioto-zwei“ oder „Kioto-Plus“ wird es vermutlich nicht geben. Stattdessen werden sich die führenden Industriestaaten der Welt gemeinsam mit ihren neuen Rivalen China und Indien um konzertierte Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel und eine verstärkte Förderung „sauberer“ Methoden der Energieerzeugung bemühen. Die von den G-8-Staatschefs verabschiedete Erklärung hält fest, dass der weltweite Energiebedarf in den nächsten 25 Jahren um schätzungsweise 60 Prozent steigen wird und 16 Billionen Dollar in die Erschließung verlässlicher und bezahlbarer Energiequellen investiert werden müssen. Windräder können damit kaum gemeint sein. US-Präsident George Bush hat sich auf der ganzen Linie durchgesetzt. Die auf Kioto eingeschworenen deutschen Massenmedien haben erst gar nicht versucht, ihrem verwirrten Publikum diese Nachricht zu verkaufen. Sie haben sie zunächst schlicht tot geschwiegen.
Umso größer war die Überraschung, als die Vereinigten Staaten kurz nach dem G-8-Gipfel in Vientiane/Laos, ganz im Sinne der in Gleneagles verabschiedeten Erklärung, ein Abkommen über ein „Asia-Pacific Partnership on Clean Development and Climate“ zwischen den USA, China, Indien, Japan, Südkorea und Australien vorstellten. Die Mitglieder des neuen Bündnisses repräsentieren immerhin etwa 45 Prozent der Weltbevölkerung, fast die Hälfte der globalen CO2-Emissionen, fast zwei Drittel der Welt-Kohleförderung sowie fast die Hälfte des Erdölverbrauchs und haben somit ein größeres Gewicht als die im Anhang I des Kioto-Protokolls aufgeführten Länder, die sich verpflichtet haben, ihre Emissionen von CO2 und anderen „Treibhausgasen“ bis zum Jahre 2012 um durchschnittlich fünf Prozent unter das Niveau von 1990 zu drücken.
Diesem Abkommen, das ohne jegliche Einbeziehung der Vereinten Nationen und der Europäischen Union ausgehandelt wurde, werden sich wahrscheinlich in nächster Zeit noch weitere asiatische Länder anschließen. Und selbst in Europa gibt es immer mehr Stimmen, die fordern, das verbissene Ringen um ein „Kioto Plus“ aufzugeben und sich dem neuen Pakt anzuschließen. Besonderes Aufsehen erregte eine kurz vor dem G-8-Gipfel vom Wirtschaftsausschuss des britischen Oberhauses veröffentlichte Erklärung, die auf einer Studie fußt, die die Lords bei dem inzwischen emeritierten Londoner Top-Ökonomen David Pearce in Auftrag gegeben hatten. Dort hatte Pearce am Kioto-Ansatz insbesondere die fehlende Abwägung zwischen den Kosten einer Anpassung an den Klimawandel und den Kosten des (vermutlich vergeblichen) Versuchs, diesen aufzuhalten, beanstandet. Die Lords empfahlen dem britischen Premierminister Tony Blair daraufhin, seine verzweifelten Bemühungen, George Bush doch noch zur Ratifizierung des Kioto-Protokolls zu bewegen, aufzugeben und stattdessen mit den Amerikanern ein Abkommen über die Entwicklung sauberer Technologien abzuschließen.
In diesem Sinne äußerte sich Mitte August auch Carsten Kreklau, Mitglied der Hauptgeschäftsführung des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). Die deutsche Politik müsse zur Kenntnis nehmen, „dass absolute Emissionsminderungsverpflichtungen wie im Kioto-Protokoll international nicht durchsetzbar sind“, schreibt Kreklau in einem der Presse zugespielten Namens-Beitrag. „Wenn wir in Deutschland mit höchstem Aufwand und immensen Kosten versuchen, den CO2-Ausstoß weiter zu senken, bringt das für das weltweite Klima fast nichts.“
Schon auf der vage ausgegangenen Weltklima-Konferenz in Neu Delhi vor zwei Jahren war deutlich geworden, dass sich den Anhang-I-Staaten des Kioto-Protokolls keine weiteren Länder anschließen würden. Insbesondere China und Indien konnten im Interesse ihrer boomenden Wirtschaften nicht an einer Einschränkung der energetischen Nutzung ihrer immensen Kohlevorräte interessiert sein und fanden sich damit – ob gewollt oder ungewollt – an der Seite der Kohle-Großmacht USA, die dabei ist, Milliarden in die Entwicklung sauberer Kohletechnologien zu investieren. Dennoch konnte das Kioto-Abkommen zu Beginn dieses Jahres offiziell in Kraft treten, weil sich Russlands Präsident Wladimir Putin in der Hoffnung, der EU gegen Bares mit der buchhalterischen Verwertung der ihm auf der Klimakonferenz von Marrakesch großzügig zugestandenen Kohlenstoff-Senken aus der Klemme zu helfen, im letzten Moment auf die Seite der EU schlug.
In der Tat steuert die europäische „Klimapolitik“ auf eine ernste Glaubwürdigkeitskrise zu. Während führende Politiker Deutschlands und der EU nicht müde werden, US-Präsident George Bush als Saboteur des Kioto-Abkommens anzuprangern und ihn nun sogar für die katastrophalen Folgen des Hurrikans „Katrina“ im Mississippi-Delta verantwortlich machen, zeichnet es sich immer deutlicher ab, dass die EU ihr eigenes (bescheidenes) CO2-Reduktionsziel von 8 Prozent weit verfehlen wird. Nach Angaben der Europäischen Umweltagentur (EEA) in Kopenhagen sind die CO2-Emission der 15 alten EU-Mitgliedsländer zwischen 2001 und 2004 um 3,6 Prozent gestiegen. Auch das Hinzukommen von 10 neuen Mitgliedsstaaten im Osten dürfte an diesem Trend nicht viel ändern. Im günstigsten Fall wird jetzt eine Reduktion von gerade einmal einem Prozent erwartet. Ein mageres Ergebnis, das mit Unsummen erkauft werden müsste, weil kostengünstige Möglichkeiten der CO2-Reduktion schon weitgehend ausgeschöpft sind. Das gilt in besonderem Maße für die chemische Industrie, die überproportional zur Selbstverpflichtung der Industrie und zur deutschen „Vorreiterposition“ in Sachen Energieeffizienz und CO2-Reduktion beigetragen hat. Noch immer gilt die Schätzung des Energieberichtes des damaligen Bundeswirtschaftsministers Werner Müller vom Oktober 2001, wonach die Umsetzung des von der rot-grünen Regierung ins Auge gefassten Zieles einer CO2-Reduktion von 40 Prozent bis zum Jahre 2020 in Deutschland nicht weniger als 256 Milliarden Euro verschlänge.
Dabei stand es außer Frage, dass die in Deutschland in den 90er Jahren erzielten CO2-Einsparungen von über 15 Prozent zum allergrößten Teil auf den Zusammenbruch der sozialistischen Wirtschaft im Osten und ansonsten auf Effizienzsteigerungen bei gleichzeitigem schwachen Wirtschaftswachstum zurückzuführen ist. Insofern sei es nicht verwunderlich, dass Deutschlands selbst gewählte Vorreiterrolle „andere Staaten eher zu einem abwartenden Handeln animiert“ habe, schrieb Dr. Jörg Rothermel, beim deutschen Verband der Chemischen Industrie (VCI) unter anderem zuständig für Klimaschutz und Energiepolitik, in einer Bewertung der rot-grünen Ziele für einen „Klimaschutz nach 2012“. Die EU-Mitgliedsländer, die derzeit ein nennenswertes Wirtschaftswachstum zu verzeichnen haben (wie Spanien, Irland, Dänemark oder Österreich) liegen inzwischen so weit über den von der EU in Kioto eingegangenen Selbstverpflichtung, dass schon jetzt ausgeschlossen werden kann, dass sie bis 2008/2012 noch die Kurve kriegen.
Sollte es wider Erwarten gelingen, auch die wenigen anscheinend Kioto-konformen, weil wirtschaftlich stagnierenden EU-Länder wie Deutschland und Frankreich wieder auf einen Wachstumspfad zu bringen, könnte man die Kioto-Ziele auf jeden Fall vergessen. Der EU, die sich in Sachen „Klimapolitik“ als Lehrmeister der Welt aufspielt, drohen übrigens im Falle des Verfehlens der Kioto-Ziele Strafen. Sie müsste sich dann in einem „Kioto-zwei“-Abkommen zu weitaus drastischeren Reduktionszielen verpflichten und könnte sogar vom weltweiten Emissionshandel ausgeschlossen werden – und damit von vergleichsweise kostengünstigen Clean-Development-Mechanism-Deals wie etwa Aufforstungsmaßnahmen in Entwicklungsländern.
Gerade auf einen Ausbau des internationalen Emissionshandels setzt jedoch Carsten Kreklau vom BDI. Er lässt jedoch im Unklaren, wie das inzwischen in Kraft getretene Europäische Emissionshandels-Schema (ETS), das auf den festen quantitativen Kioto-Verpflichtungen der EU und ihrer Mitgliedsstaaten aufbaut und somit nichts anderes als ein Rationierungssystem darstellt, in einen offenen Markt ohne absolute Emissionsziele überführt werden könnte.
Schon wenige Monate nach dem Start des ETS zeichnet es sich ab, dass es die EU in eine Sackgasse führen wird. Lag der an der Leipziger Strombörse EEX gehandelte Zertifikat-Preis für eine Tonne CO2 zu Beginn dieses Jahres noch unter sieben Euro, so ereichte er im Sommer kurzfristig schon 29 Euro und pendelte dann um 20 Euro, das heißt etwa auf dem doppelten des ursprünglich von der EU-Kommission für die erste Handelsperiode geschätzten Niveaus. Dadurch wird offenbar, dass dieser Preis nicht einfach vom Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage bestimmt wird, sondern von den Kosten des Umstiegs von Kohle auf Gas bei der Elektrizitätserzeugung. Darauf wies Seb Walhain von der Fortis-Bank (nach einer Meldung von Reuters) schon im Juni hin.
Wäre Erdgas, wie noch vor einem Jahrzehnt, relativ billig, wäre es für die Stromkonzerne ein Leichtes, den Kioto-Verpflichtungen nachzukommen, da Gaskraftwerke je Kilowattstunde nur höchstens halb so viel CO2 ausstoßen. Doch inzwischen ist der Gaspreis wegen der großen Nachfrage so weit gestiegen, dass Kohlekraftwerke selbst bei Berücksichtigung ihres zusätzlichen Bedarfs an CO2-Zertifikaten wieder billigeren Strom produzieren. Der bereits einmal erreichte Zertifikatpreis von 29 Euro liegt nach Ansicht von Analysten in der Nähe des Niveaus, oberhalb dessen sich ein Umstieg von Kohle auf Gas lohnt. Täten das aber viele Kraftwerksbetreiber gleichzeitig, würde der Gaspreis aufgrund der großen Nachfrage rasch so stark ansteigen, dass sich wieder ein Vorteil für Kohle ergäbe.
Also müssen sich die deutschen Stromkonzerne mit zusätzlichen Zertifikaten eindecken und auch die Zertifikate, die ihnen beim Start des ETS gratis zugeteilt wurden, entsprechend den steigenden Marktpreisen in ihren Kalkulationen berücksichtigen. Nach einer Schätzung des schweizerischen Finanzkonzerns UBS (zitiert im Wall Street Journal vom 10. August) ist die Einpreisung von CO2-Zertifikaten in Deutschland für einen 15-prozentigen Anstieg der Strompreise seit dem Start des ETS verantwortlich. Und das ist vermutlich erst der Anfang. Die Financial Times hat schon am 23. Mai dieses Jahres vor einem baldigen Anstieg des CO2-Zertifikat-Preises auf 40 Euro gewarnt. Denn wenn es sich herumspricht, dass die EU ihr bescheidenes CO2-Ziel weit verfehlen wird, kann der Markt nur in diesem Sinne reagieren. Einen Ausweg böte eine stärkere Nutzung von Atomenergie bzw. die Aufkündigung des deutschen „Atomausstiegs-Konsenses“, der jetzt im deutschen Bundestagswahlkampf von den Kandidaten der Opposition angeboten wurde.
Ende August hat es die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung endlich gewagt, ihren Lesern reinen Wein über die Zukunftsperspektiven des Kioto-Prozesses einzuschenken, indem sie einen Text von Lord Dick Taverne übersetzte, in dem dieser unter der Überschrift „Vergesst Kioto!“ die Gründe für die zitierte Initiative des britischen Oberhauses anlässlich des G-8-Gipfels darlegt. Lord Taverne kommt darin zu dem vernichtenden Urteil: „Der Kioto-Prozess ist eine bemerkenswerte Übung darin, sich und der Welt etwas vorzumachen. Stufe 1 wird keinen messbaren Effekt auf die Klimaentwicklung haben. Weder Amerika noch Indien oder China…haben vor, sich an den Stufen 1 oder 2 zu beteiligen. Man muss kein Wirtschaftsnobelpreisträger sein, um einzusehen, warum das Kioto-Protokoll in der Liste der Programme zur Lösung globaler Krisen ganz nach unten rutschen sollte.“
Angesichts dieser Entwicklung haben die Verbände sämtlicher energieintensiver deutscher Industriezweige (darunter an führender Stelle der VCI), die mit einem Bedarf von 100 Terawattstunden Strom und 200 TWh Gas etwa ein Viertel der gesamten deutschen Energienachfrage auf sich vereinigen, Anfang September in einer gemeinsamen Erklärung einen „Richtungswechsel in der deutschen und europäischen Klimapolitik“ gefordert. Deutschland und die EU müssten ihre Alleingänge aufgeben und nach einem internationalen Abkommen streben, das die USA, China und Indien einschließt. Konkret plädieren die Verbände für eine Verlängerung der Restlaufzeit deutscher Atomkraftwerke und für transparente, kostensenkende Wettbewerbsbedingungen auf dem Strommarkt. Des weiteren regen sie eine deutliche Absenkung der Förderung „erneuerbarer“ Energien und eine weitergehende Entlastung energieintensiver industrieller Prozesse wie Elektrolysen, mineralogische und metallurgische Verfahren von der Ökosteuer entsprechend der EU-Energiesteuerrichtlinie an. „Energiepolitik muss wieder Standortpolitik werden!“, fordern die Industrieverbände von der aus den Wahlen vom 18. September hervorgehenden neuen deutschen Bundesregierung.
Edgar Gärtner
Kasten:
Die Musik spielt im Ozean
Selbst wenn es gelänge, alle menschengemachten Emissionen von „Treibhausgasen“ sofort zu stoppen, würde die globale Erwärmung – so sie denn real ist – mindestens noch ein halbes Jahrhundert lang ungebremst fortschreiten. Zu dieser Schlussfolgerung kamen im letzten halben Jahr unabhängig voneinander mehrere im Magazin Science veröffentlichte Aufsätze der führenden US-Klimaforscher Gerald Meehl, Tom Wigley und James Hansen. Der Grund dafür ist die große thermische Trägheit der Ozeane, die 71 Prozent der Erdkugel bedecken. Schon eine lediglich 10 Zentimeter dicke Schicht Meerwasser speichert mehr Wärme, als der atmosphärische Treibhauseffekt, entsprechend den „offiziellen“ Klimamodellen, überhaupt produzieren könnte. Deshalb hat der kalifornische Ozean-Physiker Tim Barnett schon vor einiger Zeit darauf hingewiesen, dass die Atmosphäre der am wenigstens geeignete Ort ist, um nach einem Signal der globalen Erwärmung zu suchen. Die Musik spielt im Ozean.
Dieser scheint nach den oben zitierten Forschern in den letzten jahrzehnten tatsächlich wärmer zu werden. Der Streit dreht sich nun um die Frage, woher die zusätzliche Wärme stammt. James Hansen ist sich sicher, dass der menschengemachte zusätzliche Treibhauseffekt dahinter steckt. Doch sein NASA-Kollege Bruce Wielicki glaubt in einer im Mai dieses Jahres ebenfalls in Science veröffentlichten Studie über Veränderungen des asiatischen Monsun nachgewiesen zu haben, dass die in den letzten Jahrzehnten deutlich gestiegene Kraft der Sonne entscheidend war.
Wie dem auch sei, es ist völlig klar, dass das die Umsetzung des Kioto-Protokolls und selbst eines „Kioto 2“ außer einer wirtschaftlichen Verarmung nichts bewirken würde. Der Analyst Charles Dumas vom Londoner Lombard Street Research hat vor kurzem auf der Basis der Arbeiten über die thermische Trägheit der Ozeane vorgerechnet, die Industrieländer müssten mindestens die Hälfte ihres Bruttosozialproduktes opfern, um mit Klimapolitik etwas bewirken zu können. Kein Wunder, dass unterschiedliche Hypothesen über die Ursachen des Klimawandels in der Auseinandersetzung um die Zukunft des Kioto-Protokolls kaum noch eine Rolle spielen. Den Menschen bleibt gar nichts anderes übrig, als sich an den Klimawandel anzupassen, zumal dieser neben den oft als Argument für „Kioto“ ins Feld geführten negativen auch angenehme Seiten haben kann. eg
(veröffentlicht in: Chemische Rundschau (VS/H-Medien, CH-Soluthurn) Nr. 9/2005 v. 20.9.2005)
Klimaforschung und Politik
Verhielt sich die Industrie nicht kurzsichtig, als sie sich den Warnungen vor einer drohenden „Klimakastrophe“ unhinterfragt anschloss?
Die „Klimapolitik“ (wir setzen diesen Ausdruck bewusst in Anführungszeichen!) begann nicht erst mit der Verabschiedung des „Rahmenübereinkommens der Vereinten Nationen über Klimaänderungen“ (Klimakonvention) auf der VN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung (UNCED) vor zehn Jahren in Rio de Janeiro und dem darin festgelegten Ziel einer „Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre auf einem Niveau…, auf dem eine gefährliche anthropogene Störung des Klimasystems verhindert wird.“ Vielmehr besiegelten die auf dem „Erd-Gipfel“ von Rio von über 170 Regierungsdelegationen angenommenen Erklärungen und Aktionsprogramme einen Prozess der Neubestimmung des Verhältnisses von Politik und Wissenschaft, deren Wurzeln bis zum Ende der 60er Jahre des vergangenen Jahrhunderts, das heißt bis in die Zeit des Kalten Krieges zwischen dem individualistisch-marktwirtschaftlich orientierten Westen und dem kollektivistischen Ostblock zurückreichen. Die damals im Rahmen des atlantischen Militärbündnisses NATO beschlossene „Nutzbarmachung wissenschaftlicher Erkenntnisse bei der politischen Entscheidungsbildung“, bei der die Bundesrepublik Deutschland die Rolle des „Musterlandes“ spielte, bestätigt die alte Erkenntnis, dass verfeindete Lager einander ähnlicher werden, wenn sie ihre Kräfte messen.
Anfang April 1969 hob der damalige US-Präsident Richard Nixon anlässlich des 20. Jahrestages der Unterzeichnung des Nordatlantikvertrages die sogenannte „Dritte Dimension“ der NATO aus der Taufe, und zwar mit der Begründung, dass „das westliche Bündnis“ (neben der militärischen und politischen) „eine soziale Dimension benötigt, um sich mit unseren Besorgnissen über die Qualität des menschlichen Lebens im letzten Drittel dieses Jahrhunderts zu befassen.“ Nixon verstand die „Dritte Dimension“ der NATO als Antwort auf die Infragestellung des westlichen Nachkriegs-Wirtschaftswunder-Konsenses durch die Studentenbewegung von 1968 und die wachsende Opposition gegen den Vietnam-Krieg und dessen soziale Folgen. Diese Protestbewegung erscheint im Rückblick als eine Art Betriebsunfall des Kalten Krieges.
Noch im Dezember 1969 trat das NATO Committee on Challenges of Modern Society (CCMS) zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen. 1971 veröffentlichte das NATO-Hauptquartier in Brüssel die programmatische Schrift „Das Atlantische Bündnis und die Umweltkrise“. Dort wurde der seit 1958 auf dem erloschenen Vulkan Mauna Loa auf Hawai gemessene kontinuierliche Anstieg des CO2-Gehaltes der Atmosphäre erstmals zum vordringlichen Umweltproblem erklärt – und zwar zu einer Zeit, als die Geowissenschaftler noch nahezu einhellig den nahenden Beginn einer neuen Eiszeit fürchteten. Es heißt dort: „Die Atemluft des Menschen wird durch etwa 12 Milliarden Tonnen Kohlendioxyd verseucht, die jedes Jahr von unserer Industriegesellschaft freigesetzt werden. Etwa die Hälfte dieser Menge bleibt permanent in der Luft. Es ist damit zu rechnen, dass der Kohlendioxydgehalt der Luft sich bis zum Jahre 2000 um 25 Prozent erhöht haben wird. (…) Die genauen Auswirkungen sind noch ungewiss, jedoch erscheint eine Verschiebung der durchschnittlichen Temperatur der Erde um mehrere Grad durchaus vorstellbar.“
Offenbar bezieht sich die Broschüre dabei auf den Bonner Geophysiker Hermann Flohn, der als Mitglied des NATO-Wissenschaftsausschusses eine 1896 vom schwedischen Chemiker Svante Arrhenius als Erklärung für die Entstehung der Eiszeiten aufgestellte Hypothese neu in die Diskussion gebracht hatte. Arrhenius vermutete, die Durchschnittstemperatur der Erde hänge in erster Linie von der CO2-Konzentration einer „Strahlungsschicht“ in sechs Kilometern Höhe ab, die durch „Gegenstrahlung“ reflektierter Sonnenenergie dafür sorge, dass die mittlere Temperatur der Erdoberfläche nicht der eines „schwarzen Strahlers“ (nach Stefan-Boltzmann) von minus 18 Grad entspricht, sondern plus 15 Grad Celsius beträgt. Verdoppele sich die CO2-Konzentration, steige der durchschnittliche Temperatur um 4 bis 6 °C. Sinke hingegen die CO2-Konzentration, komme es zur Abkühlung der Erdoberfläche und letztlich zu einer Eiszeit. Mit dieser Hypothese konnte Arrhenius um die vorletzte Jahrhundertwende niemanden überzeugen, weil sie nicht erklären konnte, wie eine einmal eingetretene Eiszeit zu einem Ende kommen konnte. Den Nobelpreis für Chemie bekam er 1903 für ganz andere Leistungen. Gegen Ende der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts grub dann der englische Ingenieur Gay Stewart Callendar die zwischenzeitlich völlig in Vergessenheit geratene Hypothese wieder aus und versuchte mit einigem Erfolg, ihr mit dem Hinweis auf Arrhenius’ Nobelpreis Autorität zu verleihen. Über Callendar gelangte die Treibhaus-Hypothese noch in den 40er Jahren an Hermann Flohn.
Kasten
Auch wenn sie über das abstruse Postulat einer „Strahlungsschicht“ nur den Kopf schütteln können, akzeptieren viele mit Klimafragen befassten Naturwissenschaftler bis heute Arrhenius’ Herleitung des „natürlichen Treibhauseffektes“ von 33 °C, weil sich bis in die jüngste Zeit offenbar niemand die Mühe machte, seine Originalarbeit zu lesen. Das taten aber der Mainzer Meteorologe Wolfgang Thüne sowie der Braunschweiger Physiker Prof. Gerhard Gerlich und stellten dabei fest, dass Arrhenius grobe Rechenfehler unterlaufen sind. Akzeptiere man dessen Prämissen, so Thüne, gelange man nicht zu einer „Strahlungsgleichgewichtstemperatur“ von –18 °C. Thüne bestreitet allerdings, dass man die Erde überhaupt nach Stefan Boltzmann als punktförmigen schwarzen Körper in einer ebenfalls schwarzen Hohlkugel, mit der er im „Strahlungsgleichgewicht“ steht, betrachten kann, denn dann müssten Erde und Sonne die gleiche Temperatur haben.
Die Temperaturunterschiede zwischen der Erde und ihrem Trabanten, dem Mond, sind nach Thüne nicht in erster Linie die Folge des Gehaltes der irdischen Atmosphäre an Wasserdampf und anderen „Treibhausgasen“, sondern des viel rascheren Wechsels von Tag und Nacht (der Mond braucht für eine Umdrehung 772, die Erde hingegen nur 24 Stunden) sowie des Besitzes großer Wassermassen, die 71 Prozent ihrer Oberfläche bedecken. Das Wasser speichert große Mengen der eingestrahlten Sonnenwärme, und die Kürze der Nächte in den polfernen Regionen der Erde verhindert deren Auskühlung über das offene „atmosphärische Fenster“ zwischen 8 und 13,5 Mikrometer Wellenlänge, in der keines der in der Atmosphäre enthaltenen „Treibhausgase“ Infrarotstrahlen absorbiert. Wären auf der Erde die Nächte länger und fehlte Wasser, wäre es hier so kalt oder so warm wie auf dem Mond, vermutet Thüne. eg
Literatur: Wolfgang Thüne: Freispruch für CO2. Wie ein Molekül die Phantasien von Experten gleichschaltet. edition steinherz, Wiesbaden 2002, ISBN 3-9807378-1-0
Der transatlantischen Zusammenarbeit im Rahmen der „Dritten Dimension“ der NATO ist es im wesentlichen zuzuschreiben, dass zu Beginn der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts in allen westlichen Industrieländern gleichzeitig in größter Eile Umweltschutz-Programme nach dem Muster des am 1. Januar 1970 von der Nixon-Regierung verkündeten „National Environment Policy Act“ verabschiedet wurden.
Es ging dabei im Grunde darum, das systemkritische Potential der Studentenrevolte dadurch zu entschärfen, dass man es auf die Schiene umwelt- bzw. soziotechnischer Verbesserungen der „Lebensqualität“ in den Industrieländern lenkte. Aus diesem Grunde wurde Umweltpolitik überall nicht parteipolitisch, sondern überparteilich „systemanalytisch“ begründet. Diesen Zweck erfüllte am besten die vom Club of Rome 1972 veröffentlichte Computersimulationsstudie „Die Grenzen des Wachstums“. Gleichzeitig hofften die NATO-Strategen, den Kalten Krieg durch die Politik des „Brückenschlages“ zum Ostblock auf ein für den Westen günstigeres Terrain verlagern zu können. Das heutige Verständnis von globaler Ökologie ist somit ein Kind des Kalten Krieges.
Dabei spielte die Angst vor einer drohenden Überhitzung unseres Planeten infolge eines menschengemachten „zusätzlichen Treibhauseffektes“ zunächst nur eine untergeordnete Rolle. Zwar schienen Dürren und Ernteausfälle in den USA die Warnungen vor einer Überhitzung der Erde zu bestätigen. Bis weit in die 70er Jahre des 20. Jahrhunderts blieb jedoch unter den Gelehrten die Furcht vor einer neuen Eiszeit vorherrschend, obwohl sich einzelne Forscher wie etwa der US-Klimahistoriker Stephen Schneider zum „Treibhaus“-Glauben bekehrten.
Das änderte sich erst in der zweiten Hälfte der 80er Jahre. Ende Januar 1986 stellte der Arbeitskreis Energie (AKE) der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) der Presse in Bonn ein Papier mit dem Titel „Warnung vor einer drohenden Klimakatastrophe“ vor. Darin malt die von den Physikprofessoren Fricke (Würzburg) und Heinloth (Bonn) angeführte Gruppe in düstersten Farben die Überschwemmung dicht besiedelter Küstenregionen infolge des Abschmelzens polaren Eises durch eine erwartete Temperaturerhöhung von bis zu 8°C aus. (Das Wochenmagazin der „Der Spiegel“ berichtete darüber unter dem Titel „Tod im Treibhaus“.) Mit dieser für einen wissenschaftlichen Verein ungewöhnlichen Dramatisierung dachten die Physiker der Atomindustrie einen Gefallen zu tun. So ging die „skeptische Phase“ des politischen Klima-Diskurses zu Ende, die der Bielefelder Wissenschaftssoziologe Prof. Peter Weingart zwischen 1975 und 1985 ansetzt.
Es folgte die Phase des „Katastrophismus“, die bis zum „Erd-Gipfel“ von Rio reichte. Massenmedien, allen voran „Der Spiegel“ vom 11. August 1986 mit dem halb in den Nordseefluten versunkenen Kölner Dom auf dem Cover, griffen die Warnungen der Physiker auf und machten daraus eingängige Stories, die bewusst an der verbreiteten Urangst vor der Sintflut als Strafe Gottes anknüpften. Im Herbst 1987 setzte der deutsche Bundestag die Enquête-Kommission „Vorsorge zum Schutz der Erdatmosphäre“ ein. Diese hielt eine Reduktion der CO2-Emissionen um 30 Prozent für machbar. Im Jahre 1990 gab dann die deutsche Bundesregierung unter Helmut Kohl ihre vielzitierte einseitige Selbstverpflichtung zu einer 25-prozentigen CO2-Reduktion bis 2005 bekannt. Zu dieser Zeit sprachen alle im Bundestag vertretenen Parteien nur noch von der nahenden „Klimakatastrophe“. Der im angelsächsischen Sprachraum etablierte Terminus „climate change“ erschien ihnen als Verharmlosung.
Auch in den USA kam es zu einer gewissen Dramatisierung des Klima-Diskurses, als James Hansen, Direktor des NASA Goddard Institute for Space Studies, vor einem Ausschuss des Senats erklärte, es sei zu 99 Prozent sicher, „dass der Treibhauseffekt nachgewiesen und unser Klima bereits verändert ist.“ Hansens Aussage gab mit den Ausschlag für die Gründung des internationalen Klima-Schiedsgerichts IPCC durch die World Meteorological Organization (WMO) und das UN Umweltprogramm (UNEP).
So schien es dem US-Senator und Präsidentschaftsanwärter Al Gore naheliegend, in seinem pünktlich zum Rio-Gipfel erschienen Bestseller „Earth in Balance“ zu fordern, die drohende Klimakatastrophe nach dem Zusammenbruch des Ostblocks zum Ersatz-Feindbild des Westens zu machen. Die Rhetorik von der „einen Welt“, deren Ressourcen (einschließlich des Konstrukts „Weltklima“) rationell verwaltet werden sollten, beherrschte denn auch den „Erd-Gipfel“. Niemand fragte, ob es – angesichts der Geburt der Global-Ökologie aus dem Kalten Krieg – überhaupt noch angebracht war, die Einheit der Welt zu beschwören, sobald deren Zweiteilung in Ost und West überwunden war. Das taten erst ein Jahrzehnt danach die Berater des neuen US-Präsidenten George W. Bush.
Dennoch markiert die Rio-Konferenz das Ende des „Katastrophismus“. Aus der Herkules-Aufgabe „Abwendung der nahenden Apokalypse“ wurde eine Routineaufgabe der politischen Regulierung, die, entsprechend dem „Drei-Säulen-Modell“ der Nachhaltigkeit, mit anderen wirtschaftlichen und sozialen Aufgaben wetteifern musste. Nun wurden notgedrungen sehr viel kleinere Brötchen gebacken. Schon die 2. Konferenz der Unterzeichnerstaaten der Klimarahmenkonvention, die im März 1995 in Berlin stattfand, löste ein deutlich geringeres Medienecho aus.
Der „Katastrophen-Konsens“, zu dem es bei den Naturwissenschaftlern ohnehin nur scheinbar gekommen war, weil ihre Mehrheit schwieg, begann nun auch in den Medien zu bröckeln. Der Führung des IPCC gelang es nur mithilfe von Manipulationen, in das „Summary for Policymakers“ des für die Kyoto-Konferenz Ende 1997 ausschlaggebenden 2. IPCC-Berichts (John T. Houghton et al.: Climate Change 1995, Cambridge University Press 1996) die Aussage zu bringen: “In the light of new evidence and taking into account the remaining uncertainties, most of the observed warming over the last 50 years is likely to have been due to the increase in greenhouse gas concentrations.” Doch im Innern des dicken Berichts steht im Gegenteil, keine der zitierten Studien habe die beobachtete Erwärmung auf den Einfluss von „Treibhausgasen“ zurückführen können. In der Tat häuften sich in den 90er Jahren Arbeiten, die den Einfluss der „Treibhausgase“ erheblich geringer ansetzten als den der Solarzyklen und anderer natürlicher Klimaschwankungen. Außerdem konnten präzisere Satelliten-Messungen den in den letzten Jahrzehnten von etwa 1300 ungleich verteilten terrestrischen Mess-Stationen im Mittel registrierten leichten Temperaturanstieg nicht bestätigen. Kurz vor der Kyoto-Konferenz im Dezember 1997 brachte sogar „Der Spiegel“ einen Artikel mit dem Titel: „Der Weltuntergang fällt aus.“
Hätten sich Diplomaten und Wissenschaftler in Kyoto nicht noch im letzten Moment in einer ermüdenden Nachtsitzung auf einen mageren Kompromiss einer globalen CO2-Reduktion von 5,2 Prozent bis 2010 geeinigt, wäre es um die „Klimapolitik“ wohl endgültig geschehen gewesen. Das zeigt der Ausgang der Kyoto-Folgekonferenzen in Den Haag, Bonn und Marrakesch, in denen das CO2-Reduktionsziel durch die mehr als großzügige Anerkennung hypothetischer „Kohlenstoff-Senken“ noch weiter nach unten korrigiert wurde. Die Beschlüsse von Kyoto und Marrakesch – da sind sich alle Experten einig – werden keinen messbaren Einfluss auf die Temperaturkurve der Erde haben. Trotzdem hatten die „Klimaschützer“ in Politik, Wissenschaft und Wirtschaft allen Grund zum Jubeln. Denn die Beschlüsse von Marrakesch machen den Weg frei für das Milliardengeschäft des Emissionshandels. Verdienen dürfte daran hauptsächlich die Groß-Finanz, während die Industrie und ihre Beschäftigten die Zeche zahlen müssen.
Nach Ansicht des Wissenschaftssoziologen Peter Weingart verdeutlicht die Geschichte der „Klimapolitik“ die Grenzen und Risiken des naiv-rationalistischen Modells wissenschaftlicher Politikberatung. Das größte Risiko ist offenbar das der Verselbständigung scheinbar naturwissenschaftlich begründeter politischer „issues“. In einem Empfehlungspapier zur „Verbesserung der Kommunikation zwischen Wissenschaft, Politik und Medien, insbesondere im Hinblick auf die Wahrnehmung der Klimaforschung“, an dem Weingart maßgeblich mitgearbeitet hat, erklärt der Sachverständigenkreis des deutschen Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) für Globale Umweltaspekte unter Vorsitz des Essener Physikochemikers Prof. Reinhard Zellner, „herkömmliche rationalistische Vorstellungen vom Primat wissenschaftlichen Wissens“ seien überholt. „Die Nachfrage der Politik nach gesichertem Wissen“, schreiben die Sachverständigen, „zwingt die Wissenschaft zu Aussagen, die immer stärker durch Nichtwissen gekennzeichnet sind. Die von der Sicherheit wissenschaftlicher Aussagen erwartete Legitimierung politischer Entscheidungen schlägt in ihr Gegenteil um.“ Dem ist nichts hinzuzufügen.
Edgar Gärtner
Zeittafel
1971: Die NATO erklärt die drohende Erwärmung der Erdatmosphäre infolge der steigenden CO2-Konzentration zum vordringlichen Umweltproblem.
1975: Die American Association for the Avancement of Science (AAAS) schließt sich auf ihrer Jahreskonferenz erstmals den Warnungen vor einer globalen Erwärmung an.
1986: Der Arbeitskreis Energie (AKE) der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) erringt mit ihrer „Warnung vor einer drohenden Klimakatastrophe“ die Aufmerksamkeit der Massenmedien.
1987: Die Deutsche Meteorologische Gesellschaft (DMG) schließt sich der Warnung des AKE an, ersetzt aber das Schlagwort „Klimakatastrophe“ durch den sachlicheren Terminus „Klimaänderungen“.
1988: James Hansen, der Direktor des New Yorker Goddard Institute for Space Studies der NASA, erklärt vor einem Ausschuss des US-Senats, mit „99-prozentiger Sicherheit“ sei nachgewiesen, dass der „menschengemachte Treibhauseffekt unser Klima bereits verändert.“ Darauf hin gründen die World Meteorological Organization (WMO) und das UN-Umweltprogramm (UNEP) das International Panel on Climate Change (IPCC).
1991: Die dänischen Physiker Friis-Christensen und Lassen weisen in „Science“ auf auffällige Parallelen zwischen dem Sonnefleckenzyklus und der Entwicklung der mittleren Temperatur über den Landmassen der Erde hin.
1992: Die UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung (UNCED) in Rio de Janeiro verabschiedet das „Rahmenübereinkommen der Vereinten Nationen über Klimaänderungen“ (Klimakonvention).
1995: Auf der 2. Vertragsstaatenkonferenz der Klimakonvention in Berlin profiliert sich Deutschland erneut als Vorreiter des „Klimaschutzes“. International bindende Beschlüsse kommen nicht zustande.
1996: Der IPCC veröffentlicht seinen 2. Bericht. In seinen politischen Empfehlungen steht der vielzitierte Satz: „The balance of evidence suggests a discernible human influence on globale climate.“
1997: Die 3. Vertragsstaatenkonferenz der Klimakonvention in Kyoto einigt sch in letzter Minute auf bescheidene völkerrechtlich verbindliche Vorgaben für die Verminderung des Ausstoßes von CO2 und fünf weiterer „Treibhausgase“.
1999: Ein Statusreport führender Klimaforscher, angeführt von den Professoren Tim Barnett und Klaus Hasselmann, kommt zum Schluss, das „anthropogene Signal“ in der Klimaentwicklung sei nicht auszumachen.
2000: James Hansen widerruft seine Aussage von 1988. Eine Gruppe deutscher Geowissenschaftler unter Ulrich Berner und Hansjörg Streif veröffentlicht die Synthese „Klimafakten“, aus der hervorgeht, dass der Einfluss des CO2 auf die mittlere Temperatur der Erde um zwei Größenordnungen geringer ist als der der Sonnenzyklen. Die 6. Klimakonferenz in Den Haag wird im November ohne Ergebnis abgebrochen.
2001: Der neue US-Präsident George W. Bush kündigt in einem Brief vom 13. März an die Senatoren Craig, Hagel, Helms und Roberts den Ausstieg der USA aus dem „Kyoto-Prozess“ an. Durch die Erhöhung seiner Treibhaus-Erwärmungs-Hochrechnung auf bis zu 5,8 °C bis zum Ende des Jahrhunderts versucht der IPCC in seinem 3. Bericht die Kyoto-Beschlüsse zu retten.. Die Klimakonferenz von Den Haag wird im Juli in Bonn fortgesetzt. Zu einer Einigung kommt es schließlich erst im November in Marrakesch. Schon vor dem „Klima-Gipfel“ von Marrakesch schlägt die EU-Kommission ein rationierendes System der „Luftbewirtschaftung“ mithilfe handelbarer „Treibhausgasemissionsberechtigungen“ vor.
(erschienen Ende 2002 in „Chemische Rundschau“, CH-Solothurn)