Energiepolitik: Frankreich in der Falle des Sowohl-als-auch

Edgar L. Gärtner

Kernkraftwerk Cattenom – Wikipedia

Kernkraftwerk Cattenom an der Mosel (Wikipedia)

Der französische Staatspräsident Emmanuel Macron und seine Ministerpräsidentin Elisabeth Borne sind dabei, die Franzosen auf einen harten Winter vorzubereiten. Das staatliche TV-Programm „France 2“ stimmt sein Publikum tagtäglich auf rotierende Stromsperren („Brown Outs“) von jeweils zwei Stunden ein, mit deren Hilfe der monopolistische Netzbetreiber RTE den im Januar schon bei einer mittelschweren Kältewelle drohenden flächendeckenden „Blackout“ verhindern will. Etwa 60 Prozent der Franzosen werden davon betroffen sein. Relativ sicher können sich nur die Bewohner der Pariser Kernstadt fühlen, weil die dort angesiedelten Ministerien, Kommandanturen, Geheimdienstzentralen, Generaldirektionen usw. als unabkömmlich für die Aufrechterhaltung der Staatsmacht gelten. Die Franzosen mussten mit Erschrecken zur Kenntnis nehmen, dass bei planmäßigen Stromabschaltungen selbst die Notruf-Systeme außer Betrieb sein werden. Wer dann verunglückt, hat einfach Pech gehabt. Der Grund der ganzen Aufregung: Kurz vor dem meteorologischen Winteranfang stehen dem Land, in dem überwiegend elektrisch geheizt wird, nur etwa 30 Gigawatt, das heißt weniger als die Hälfte seiner Kernkraft-Kapazität von insgesamt 61,4 GW zur Verfügung. Weiterlesen

EU-Ideologen steuern uns mit Farm2Fork in die Hungerkatastrophe

Edgar L. Gärtner

EU-Ideologen steuern uns mit Farm2Fork in die Hungerkatastrophe
Bereits im letzten November, also Monate vor dem Ausbruch des Ukraine-Krieges, habe ich an dieser Stelle auf drohende Hungersnöte wegen einer sprunghaften Erhöhung der Gas-, Stickstoffdünger- und Getreidepreise hingewiesen. Nach den Statistiken der Welternährungsorganisation FAO sind deshalb die Lebensmittelpreise im vergangenen Jahr weltweit schon um etwa 20 Prozent gestiegen. Eine Lebensmittel-Verteuerung in dieser Größenordnung hat im Jahre 2010 schon ausgereicht, um in nordafrikanischen Ländern die Revolte des „arabischen Frühling“ auszulösen. Schon in der ersten Woche nach dem Einmarsch der russischen Armee in die Ukraine ist der Futures-Preis für Weizen um 40 Prozent gestiegen und ist danach noch weiter gestiegen, bevor der Markt sich wieder etwas beruhigte. Weiterlesen

Die Ukraine-Krise droht zum Offenbarungseid der EU-Energiepolitik zu werden

Grundsätzlich könnte die Energie eine Friedensbrücke sein

Edgar L. Gärtner
Da es ein europäisches Staatsvolk nicht gibt, ist die Europäische Union ein Gebilde, das nur durch zwischenstaatliche Verträge (und mehr und mehr durch finanzielle Erpressung) zusammengehalten wird. Leider werden die Grundlagen-Verträge der europäischen Einigung immer seltener eingehalten, was die regierende EU-Kommission zu einem anomischen Dingsbums macht, das die augustinische Bezeichnung „Räuberbande“ tendenziell zum Euphemismus werden lässt. Die abnehmende Treue der Westeuropäer gegenüber feierlich eingegangenen vertraglichen Verpflichtungen führt jetzt im Streit um russisches Erdgas und die Souveränität der Ukraine an den Rand eines heißen Krieges.
Nach der Implosion des Sowjetreiches im Jahre 1991 schien die Marschrichtung zunächst klar. Kaum war der Kalte Krieg zu Ende, setzten sich Technokraten und Diplomaten aus West und Ost an den Verhandlungstisch, um den Energie-Charta-Vertrag (ECT) auszuhandeln. Dieser wurde im Jahre 1994 in Lissabon unterzeichnet und trat 1998 in Kraft. (Ich habe hier darüber berichtet.) Dieses weitreichende Vertragswerk mit einem permanenten Sekretariat in Brüssel sollte es erleichtern, die Energiewirtschaft der Ex-Sowjetrepubliken und der osteuropäischen Staaten in die europäischen und globalen Märkte zu integrieren. Um Investoren in Länder mit noch unsicherer Rechtslage zu locken, gewährt der Vertrag Auslandsinvestitionen in Kraftwerke und anderen Energie-Infrastrukturen einen besonderen Schutz. Bis 20 Jahre nach seinem eventuellen Austritt aus dem Vertrag kann ein Staat von privaten Energieproduzenten mithilfe nicht öffentlich tagender Schiedsgerichte noch zu hohen Schadensersatzzahlungen verpflichtet werden.
Doch der Europäische Gerichtshof (EuGH) erklärte am 2. September 2021 die Energiecharta für unwirksam. Weiterlesen

Was hält eine Gesellschaft zusammen?

Wir wissen es nicht genau, aber klima-wissenschaftliche Vorgaben sind es sicher nicht.

Quellbild anzeigen

Marc Chagall: Die Erschaffung des Menschen

Edgar L. Gärtner
„Wir brauchen keine 2000 Jahre alten Texte mehr zu lesen, weil wir direkt wissen, was der Planet braucht.“ Diesen Satz legt der Unternehmer und Autor Thomas Eisinger in seinem Roman-Erstling „Hinter der Zukunft“ der Klima-Vizekanzlerin Milena Grosse-Strümpel in den Mund. Es handelt sich dabei durchaus nicht um eine böswillige Unterstellung. Vielmehr entspricht diese Aussage ziemlich genau dem Geist des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 24. März 2021. Darin hat das BVerfG der Klage einiger prominenter Einzelpersonen wie des Schauspielers Hannes Jaenicke und der Fridays-for-Future Aktivistin Luisa Neubauer sowie von grünen Lobby-Vereinen wie Germanwatch, Deutsche Umwelthilfe (DUH), des Solarenergie-Fördervereins Deutschland (SFV), Greenpeace und BUND stattgegeben und das noch junge deutsche Klimaschutz-Gesetz von Ende 2019 für verfassungswidrig erklärt. Deshalb musste der Bundestag die ohnehin schon unrealistisch strengen CO2-Reduktionsziele dieses Gesetzes im Juni 2021 noch weiter ins Utopische verschieben.
Ausgehend von der höchst wackeligen Hypothese eines linearen Zusammenhangs zwischen dem Kohlensäuregehalt und der Durchschnittstemperatur der Erdatmosphäre haben sich die Staaten der Erde im Pariser Klima-Abkommen von 2015 formell darauf geeinigt, den Anstieg der Durchschnittstemperatur seit dem Stichjahr 1990 durch eine Drosselung der anthropogenen CO2-Emissionen auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Der deutsche Rat von Sachverständigen für Umweltfragen (SRU) geht davon aus, dass dem 1,5-Grad-Ziel ein Gesamtbudget von 800 Gigatonnen CO2 entspricht. Entsprechend seiner Einwohnerzahl dürfe Deutschland davon nur noch 6,7 Gigatonnen nutzen. Zu recht fragen Fritz Vahrenholt und Sebastian Lüning in ihrem unter dem Titel „Unanfechtbar?“ veröffentlichten Faktencheck zum BVerfG-Urteil, warum das globale CO2-Budget (vorausgesetzt, dieses erwiese sich als sinnvoll) nicht stattdessen auf Deutschlands Anteil am Welt-Bruttosozialprodukt heruntergebrochen wurde. Dann stünden Deutschland immerhin 32 Gigatonnen CO2 zu. Am 7. Oktober 2021 stellte die Deutsche Energie-Agentur (dena) die von ihr in Auftrag gegebene Studie „Aufbruch Klimaneutralität“ vor. Daraus wird ersichtlich, wie utopisch die sektorbezogenen CO2-Reduktionsziele des neuen Klimaschutzgesetzes sind. Nach Berechnungen der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) wird die Umsetzung dieses Gesetzes bis 2045 nicht weniger als fünf Billionen Euro verschlingen.
Es ist aber durchaus nicht allein die Höhe der Kosten, die das verschärfte Klima-Gesetz utopisch macht. Es sind auch nicht allein die inneren Widersprüche und Inkohärenzen grüner Wirtschaftsumbau-Programme, die uns in eine Sackgasse führen. Vielmehr ist es der Versuch, die Klima-Wissenschaft und die daraus abgeleitete Klima-Politik, was immer auch darunter zu verstehen sein mag, zur Klammer für auseinanderbrechende, weil von ihren religiösen bzw. kulturellen Wurzeln abgeschnittene Gesellschaften zu machen. Deutschland mit seinem Klimaschutzgesetz und die EU mit ihrem Wirtschaftslenkungsprogramm namens „Green Deal“ knüpfen damit an der Tradition des „wissenschaftlichen Sozialismus“ bzw. der pseudowissenschaftlichen Rassenlehre an. (Svante Arrhenius, der Erfinder des „Treibhauseffekts“, saß übrigens im Vorstand der schwedischen Gesellschaft für Rassenhygiene.) Selbst wenn sich die CO2-Globaltemperatur-Hypothese verifizieren ließe, sollte sie m.E. nicht zur Vorgabe für die Politik werden, weil sich zeigen lässt, dass ihre praktische Umsetzung statt zur Einigung zu einer Vertiefung der gesellschaftlichen Spaltung führen muss. Weiterlesen

Wer sich „ganzheitliches“ Wissen anmaßt, hat logischerweise ein Problem mit der Freiheit

 

Interview mit Florian Müller im Magazin „Krautzone“, Heft 22

Heftwerbung22.png

Sie waren auf einem katholischen Internat und wurden dort mit der sogenannten Orthogenese vertraut gemacht. Können Sie unseren Lesern in einfachen Worten erklären worum es sich bei der Orthogenese handelt und von welchen Prämissen sie ausgeht.
Oh, das ist lange her. Ich kann deshalb nur holzschnittartig antworten. Die Theorie der Orthogenese wurde vom weltbekannten französischen Jesuiten und Paläontologen Pierre Teilhard de Chardin formuliert. Es handelt sich um den spekulativen Versuch einer Synthese zwischen der christlichen Schöpfungs- und Heilslehre und der Darwinschen Evolutionstheorie. Die Entwicklung von Geist und Materie streben nach Teilhard dem Punkt Omega zu, an dem sich die Materie im Menschen ihrer selbst bewusst werde. Ich lernte die Theorie Teilhards in Form der Ansprachen kennen, die der damalige Direktor des Bischöflichen Knabenkonvikts zu Fulda während der Mahlzeiten im Refektorium hielt. Diese Ansprachen fielen in die Zeit zwischen dem Abschluss des Zweiten Vatikanischen Konzils und dem Ausbruch der Studentenrevolte. Die Ideen Teilhards hatten über den französischen Kardinal Henri de Lubac und den mit ihm befreundeten katholischen Philosophen Jacques Maritain auch einen gewissen Einfluss auf die progressive Kardinals-Fraktion des Konzils. Ich muss gestehen, dass mich diese schwärmerischen Ideen zunächst faszinierten – gerade auch, weil sie im Widerspruch zur offiziellen Lehre der Kirche standen. Insbesondere Teilhards (kommunistische) Idee der Verwandlung der Biosphäre in die Noosphäre hatte es mir angetan. Junge Menschen, insbesondere wenn sie sich mitten in der Pubertät befinden, springen ja gerne auf die neueste Mode. Wir machten da keine Ausnahme. Heute distanziere ich mich sowohl von Darwin als auch von Teilhard. Ich glaube nicht, dass der Mensch durch das Wechselspiel von Mutation und Selektion, das heißt durch Zufall aus affenähnlichen Vorfahren entstanden ist. Vermutlich wird man das „missing link“ zwischen beiden auch in Zukunft nicht finden. Teilhard de Chardin spielte übrigens eine unrühmliche Rolle bei der Interpretation des Schädel-Fundes von Piltdown, der das lang gesuchte „missing link“ darstellen sollte. Dieser stellte sich später als aus Affenknochen zusammengebastelte Fälschung heraus. Weiterlesen

Warum geistig gesunde Menschen ein Feindbild brauchen und warum globales Denken an sich schon totalitär ist

Nachschlag zum Thema Feindbildbestimmung: Was heißt heute Gnostizismus?

 

Von Edgar L. Gärtner
Es ist kein Gespenst, das zurzeit in der westlichen Welt umgeht, sondern eine Geisteskrankheit, die unter Namen wie „Todestrieb in der Geschichte“, „Klimaschutz durch Dekarbonisierung“ oder „Selbstmord aus Angst vor dem Tod“ beziehungsweise „Operation gelungen, Patient tot“ schon etwas länger bekannt ist. Die neuesten Früchte dieses nihilistischen Alles-oder-Nichts-Denkens sind die von den Milliardären des „World Economic Forum“ (WEF) verfochtene Konzeption des „Great Reset“ und bei uns in Deutschland beziehungsweise Klein-Europa die Manifeste „ZeroCovid“ bzw. „Contain Covid 19“
Ich habe die Berufung auf „ganzheitliche“ Konzepte bzw. den Anspruch, etwas „ganzheitlich“ verstanden zu haben, immer für verlogen gehalten, weil ich weiß, dass naturwissenschaftliche Erkenntnisse immer auf der Untersuchung isolierter Zusammenhänge unter kontrollierten Randbedingungen beruhen. Wir können solche Erkenntnisse nur mit großer Vorsicht und mit erheblichen Vorbehalten zu einem Bild vom großen Ganzen zusammenzusetzen versuchen. Alle wissenschaftliche Erkenntnis ist nach dem Wissenschaftsphilosophen Sir Karl R. Popper mehr oder weniger hypothetisch, das heißt vorläufig. Sie kann und muss durch geeignete Real- oder Gedankenexperimente auf die Probe gestellt werden und wird eines Tages wahrscheinlich widerlegt oder (wie die Newtonsche Gravitationstheorie durch Einstein) zumindest relativiert. Das hat machthungrige Politiker nicht davon abgehalten, den Anspruch zu erheben, die ganze Gesellschaft in Richtung angeblich wissenschaftlich begründeter Ziele wie „Klimaneutralität“ oder „Nachhaltigkeit“ steuern zu wollen.
Tiefere Ursache dieser Anmaßung ist die seit der „Aufklärung“ im 18. Jahrhundert fortschreitende Entchristlichung Europas bzw. des gesamten Westens. Denn in der Scholastik des christlichen Mittelalters stand es außer Frage, dass Gott und nur Gott für das große Ganze zuständig ist, während die Menschen nur wenige Zusammenhänge durchschauen und in ihrem Handeln nur begrenzten Interessen nachgehen können. Das hat der Dominikaner und Kirchenlehrer Thomas von Aquin auf den Punkt gebracht: „Das Gut der ganzen Welt ist nun aber das, was von Gott erfasst wird, der ja der Schöpfer und Lenker der Welt ist. Daher will er alles, was er will, im Blick auf das allen gemeinsame Gute, das sein Gutsein selbst ist; dieses ist nämlich das Gut der ganzen Welt. Die Erfassungsweise des Geschöpfes geht aber seiner Natur gemäß auf ein besonderes Gut – wie es seinem Wesen entspricht.“ (Zit. n: Summa theologiae I-II q. 18-21 „Über sittliches Handeln“, übersetzt, kommentiert und herausgegeben von Rolf Schönberger, Philipp Reclam jun. Stuttgart 2001, S. 135)
Hienieden „ganzheitliche“ Problemlösungen bzw. das absolut Gute anzustreben, galt deshalb als blasphemisch. Wer so handelte, musste mit der Strafe Gottes rechnen, Weiterlesen

Wirksamkeit von Impfstoffen: eine Frage der Präsentation

 

Arzt mit handschuhen, der den patienten impft Kostenlose Fotos

Pfizer gibt 95% und Moderna 94% Impferfolg an. Was heißt das?

Wenn es hieße: Pfizer 0,71% und Moderna 1,1%, würden Sie sich da auch impfen lassen?
Wenn Pfizer angibt, sein Corona-Impfstoff habe eine Wirksamkeit von 95 %, was heißt das genau?
Es handelt sich dabei um die Verminderung des relativen Risikos, an einer schweren Form von Covid-19 zu erkranken.
Dieser Wert ist abhängig:
• Von den Bedingungen des klinischen Tests,
• von den Personen, die daran teilgenommen haben,
• und vom Zeitpunkt, an dem der Test durchgeführt wurde.
Wenn die ausgewählten Personen z. B. älter gewesen wären oder mehr Vorerkrankungen gehabt hätten oder wenn der Test zum Zeitpunkt einer größeren Virenverbreitung durchgeführt worden wäre, wäre die relative Effizienz der Impfung viel kleiner gewesen.
Für die Personen, denen man eine Impfung oder eine Behandlung anbietet, ist das absolute Risiko wichtiger.
Das relative Risiko (auf Englisch abgekürzt RRR) ist eine Zahlenangabe, die Ihnen sagt, wie etwas, das Sie tun oder unterlassen, Ihr Erkrankungsrisiko verändert.
Wenn Sie z.B. nicht rauchen, sinkt Ihr Risiko, an Herz-Kreislauf-Problemen zu erkranken, im Vergleich zu den Rauchern um 30 Prozent. Es geht dabei immer um den Vergleich zwischen zwei Gruppen. Wenn Sie wissen, zu welcher Gruppe Sie gehören, können Sie die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung abschätzen.

Diese Angabe ist also relativ und bezieht sich nicht unbedingt auf Ihren persönlichen Fall, sondern auf die Gruppe, der Sie angehören. Die Information über die relative Risikominderung ist sinnvoll für Forscher, die Meta-Analysen durchführen, denn sie erlaubt es, die Ergebnisse verschiedener klinischer Studien zu kombinieren. Auf keinen Fall können Sie daraus ersehen, ob eine Behandlung ihnen persönlich nützt, denn sie berücksichtigt nicht ihr persönliches Erkrankungs-Risiko ohne Behandlung.
Für jeden von uns ist es wichtig zu wissen, was eine Behandlung oder Impfung für eine Einzelperson bewirken kann. Dafür braucht man den Wert der absoluten Risikominderung (auf Englisch abgekürzt ARR). Weiterlesen

Pandemie der Dummheit

Wir sollten theoretische Modelle als Begründung für Eingriffe in Grundrechte verbieten.
Edgar L. Gärtner

Bild

Exosomen (links), behauptetes SARS-CoV-2 (rechts). Quelle: Rubikon

Schon in der 2007 erschienenen ersten Auflage meines Buches „Öko-Nihilismus“ habe ich davor gewarnt, man werde wohl bald nicht mehr zwischen Computersimulationen mathematischer Modelle und der realen Welt unterscheiden können. Inzwischen ist die Konfusion Realität. Seit der im Auftrag des Club of Rome erstellten Computersimulations-Studie „Die Grenzen des Wachstums“ (1972) werden staatliche Eingriffe in Grundrechte wie das Recht auf Privateigentum sowie Meinungs- und Bewegungsfreiheit immer öfter mit dem Verweis auf theoretische Modelle eines angeblich exponentiellen Wachstums von Problemen wie Umweltbelastung, Ressourcenerschöpfung und neuerdings Virusinfektionen gerechtfertigt. Dabei tritt unbegrenztes exponentielles Wachstum sowohl in der Natur als auch in der Gesellschaft nur sehr selten auf. Bei einer Epidemie nur im theoretischen Fall, dass in der Bevölkerung keinerlei Abwehrkräfte vorhanden sind. In der Regel kommt es nur als aufsteigender Ast einer sigmoidalen Sättigungskurve vor. Das hat Angela Merkel nicht davon abgehalten, ein angeblich exponentielles Wachstum der SARS-CoV-2-Infektionen als Begründung für den von ihr unter Umgehung des Bundestages durchgedrückten Oster-Lockdown zu benutzen. Immerhin wurde sie schon am Folgetag, dem 24. März 2021, gezwungen, den drastischsten Teil ihres Beschlusses zumindest dem Anschein nach wieder zurück zu nehmen. In Wirklichkeit hält sie daran fest, im Einsperren der Menschen die einzig wirksame Maßnahme gegen die Verbreitung von Viren zu sehen.

Dabei zeigt der Vergleich zwischen Deutschland und dem US-Ferienparadies Florida, wo es seit dem letzten Sommer keinerlei Corona-bedingte Beschränkungen des täglichen Lebens gibt, dass Lockdowns keinerlei positiven Einfluss auf die Infektionskurven und die Anzahl der Todesopfer haben – negativen dagegen schon. Weiterlesen

Joachim Müller-Jung und die „Verpöbelung des Diskurses“

Von Edgar L. Gärtner
Artikelbild

Bildquelle: Barry Barnes / Shutterstock.com

Wo bleibt momentan der gesunde Menschenverstand?

Joachim Müller-Jung, zuständig für das Ressort „Natur und Wissenschaft“ bei der FAZ, beklagt in der Ausgabe vom 17. August die „gezielte Verunsicherung der Menschen durch Wissenschaftssimulanten“ bei den Themen „Klima“ und „Corona“. Über die sozialen Netzwerke sei die „schlechte Imitation von Fachwissen“ leider wieder gesellschaftsfähig geworden. Als Paradebeispiele für „Pseudoexperten, die pausenlos Unsinn verzapfen“ führt Müller-Jung ausgerechnet den pensionierten Mikrobiologen Prof. Sucharit Bhakdi und den jüdischen Chemie-Nobelpreisträger Michael Levitt an.
Prof. Bhakdi ist in Deutschland bekannt geworden durch das Büchlein „Corona Fehlalarm?“, das er zusammen mit seiner Ehefrau, der Biochemikerin Prof. Karina Reiss, veröffentlicht hat. Dieses gemeinverständlich abgefasste Büchlein hält sich nun schon seit etlichen Wochen auf dem ersten Platz der Sachbuch-Bestseller-Liste des SPIEGEL. Doch geht Müller-Jung mit keinem Wort auf die dort mit eindrucksvollen Kurven belegten Argumente ein. Vielmehr entrüstet er sich darüber, dass Prof. Bhakdi kürzlich in einem inzwischen von YouTube gelöschten Video die nun mancherorts eingeführte Maskenpflicht für Schulkinder als „Kindesmisshandlung“ brandmarkt und darauf hinweist, dass es in Deutschland seit Wochen keine neuen Fälle von Covid-19-Erkrankung mehr gibt. Doch Prof. Bhakdi belegte diese Aussage mit den laufenden Berichten über Lungen-Infektionen, die die die Sentinel-Arztpraxen an das regierungsamtliche Robert-Koch-Institut (RKI) senden. Darin finden sich keine Hinweise auf SARS-CoV-2 mehr, dafür aber immer mehr Hinweise auf Rhinoviren, die offenbar von der Maskenpflicht begünstigt werden. Weiterlesen

Dumme Modellgläubigkeit begründet den Lockdown gegen Covid-19

Wider die Illusion von der Wissensgesellschaft

La Querelle Raoult (Série) : le Covid-19 et l’illusion d’une société de la connaissance 

Von Edgar L. Gärtner
Der bekannte TV-Moderator und Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar beklagte sich Anfang Mai 2020 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ)  mit folgenden Worten über die abnehmende Folgsamkeit der Bevölkerung gegenüber der ihnen vom Staat wegen der Covid-19-Epidemie verordneten Ausgangs- und Kontaktsperre (Lockdown): „Zuerst waren Bürger, Politik und Wissenschaft in der Corona-Krise im Gleichklang. Das ändert sich rapide, und das ist gefährlich.“ Yogeshwar wollte damit wohl sagen, dass die Menschen, von wochenlanger Einschränkung ihrer Freiheitsrechte frustriert und ermüdet, es nun wieder vorzogen, sicheres wissenschaftliches Wissen zu verdrängen, um zum gewohnten Trott ihres Alltagslebens zurückkehren zu können und sich dabei wieder von ihrem eigenen Hausverstand leiten zu lassen. Wie Massendemonstrationen gegen die „Hygiene-Diktatur“ in etlichen deutschen Großstädten zeigen, entwickelte sich bei einem Teil der Bevölkerung Widerstandsgeist. Der Wissenschaftsjournalist sieht seine Aufgabe offenbar darin, das lesende und fernsehende Publikum wieder zum rechten Glauben an die Leistungsfähigkeit der wissenschaftlichen Methode zurückzuführen.

Anmaßung von Wissen
Hinter dieser Einschätzung versteckt sich meines Erachtens aber ein grundsätzlicher Irrtum, der auf der Verwechslung von wissenschaftlichem Wissen und szientistischer Ideologie beruht. Zwar glaubt heute kaum noch jemand, die wissenschaftliche Forschung könne durch zähe Anstrengung irgendwann zum gottgleichen Allwissen beziehungsweise ganzheitlichen Verständnis natürlicher und/oder gesellschaftlicher Prozesse gelangen. Doch vermuten wohl immer noch viel zu viele, man könne sich der Wahrheit zumindest bis auf 90 Prozent annähern. Oft fehlen uns für das umfassende Verständnis komplexer Sachverhalte aber über 90 Prozent der nötigen Informationen. Weiterlesen