Vorschlag: Nach dem Ausgang der COP28 sollten wir die Adjektive „fossil“ und „erneuerbar“ aus unserem Wortschatz tilgen.

Edgar L. Gärtner
Vorschlag: Nach dem Ausgang der COP28 sollten wir die Adjektive „fossil“ und „erneuerbar“ aus unserem Wortschatz tilgen.
Trotz aller Wortakrobatik in dem mit Verspätung verabschiedeten Abschlussdokument des 28. „Weltklimagipfels“ im ölreichen Wüstenstaat Dubai können wir davon ausgehen, dass die Verteufelung „fossiler“ Energierohstoffe durch den Meinungsterror einer Grünen Selbstmordsekte nun bald ein Ende finden wird. Das vom Abschlussplenum der Mammut-Konferenz mühsam ausgehandelte zentrale Dokument fordert, der Abschied von „fossilen Energieträgern in den Energiesystemen“ solle in „gerechter, geordneter Weise“ geschehen. Das lässt viel Spielraum für Interpretationen. Von einem „Phase out“ der „fossilen“ Energieträger ist nicht mehr die Rede. Ohnehin können sich die Länder, die hauptsächlich vom Export „fossiler“ Rohstoffe leben, über mangelnde oder abnehmende Nachfrage nicht beklagen.

Noch immer bekommen beim Schlagwort „erneuerbar“ die meisten Deutschen leuchtende Augen. Glaubt man Meinungsumfragen, so hätte eine Mehrheit der Deutschen gerne so rasch wie möglich eine Energieversorgung, die zu hundert Prozent auf „Erneuerbaren“ beruht. Ein wachsender Teil der Befragten akzeptiert unter diesem Oberbegriff allerdings inzwischen auch die Kernenergie. Da hilft es wenig darauf hinzuweisen, dass es nach den Gesetzen der Physik in der irdischen Welt überhaupt keine erneuerbare Energie geben kann, weil jede Form hochwertiger, zur Arbeitsleistung tauglicher Energie sich nach getaner Arbeit in nutzlose, das heißt diffuse Abwärme verwandelt. Aber die Unterscheidung zwischen erneuerbaren und nicht erneuerbaren Ressourcen hat sich inzwischen so fest im allgemeinen Sprachgebrauch eingebürgert, dass man meinen könnte, sie gehe auf den Schöpfer selbst zurück.

Doch bei genauerem Hinsehen erweist sich diese Unterscheidung in der Praxis schlicht als unsinnig. (Ich beziehe mich dabei auf einen Beitrag, den ich schon im Jahre 2011 auf meinem leider nicht sehr eifrig besuchten Zweit-Blog veröffentlichte.) Noch keine einzige für erschöpfbar erklärte Ressource wie Öl, Erdgas, Uran, Gold, Silber und selbst das tatsächlich knappe Phosphat ist uns bislang ausgegangen. Im Gegenteil: Gerade bei Erdgas haben sich die sicheren Reserven in letzter Zeit mindestens versechsfacht. Dafür gibt es etliche Beispiele so genannter erneuerbarer Ressourcen (vor allem Tier- und Pflanzenarten wie zum Beispiel Speisefische wie der Zackenbarsch und der Kabeljau oder auch Nutzhölzer und Heilpflanzen), die von Menschen nahezu vollständig aufgebraucht beziehungsweise endgültig ausgerottet wurden. Verbindet man gar die Begriffe „erneuerbar“ und „Natur“ miteinander, wird die Konfusion komplett: Holzkohle ist im Prinzip ein erneuerbarer Energieträger. In der Praxis wurden durch die Holzkohleherstellung aber ganze Gebirge entwaldet und Urwälder unwiderruflich zerstört. Naturdünger wie Guano oder Kuhmist sind im Prinzip erneuerbar. Dennoch kam es im 19. Jahrhundert weltweit zu einem Stickstoffmangel in den Ackerböden, weil die Naturdünger-Vorräte nicht mit der Industrialisierung und der Bevölkerungsentwicklung Schritt halten konnten. Die heutigen Stickstoff-„Kunstdünger“ jedoch sind im besten Sinne erneuerbar, denn Stickstoff kann mithilfe der Ammoniaksynthese nach dem Haber-Bosch-Verfahren unbegrenzt aus der Luft gewonnen werden. Und denitrifizierende Bakterien führen ihn bei der Verrottung von Pflanzenmaterial wieder von den Böden zurück in die Atmosphäre.

Auch bei Ressourcen wie Erdöl und Erdgas hilft die gängige Unterscheidung zwischen „erneuerbar“ und „fossil“ nicht weiter. Lange Zeit glaubten die meisten westlichen Geologen, dass fossile Kohlenwasserstoffe nur aus abgestorbener Biomasse entstehen können und daher in wenigen Jahrzehnten erschöpft sein werden. Nach der 1972 veröffentlichten Studie „Grenzen des Wachstums“ im Auftrag des Club of Rome sollte das Erdöl bereits um die Jahrtausendwende vollständig erschöpft sein. Heute kann sich jeder davon überzeugen, dass diese Hochrechnung auf einem Irrtum beruhte. Anton Kolesnikov, Vladimir G. Kutcherov und Alexander F. Goncharov von der Washingtoner Carnegie Institution, der Moskauer Lomonossow Universität und des Königlich schwedischen Technologie Instituts in Stockholm haben schon vor über einem Jahrzehnt durch ein aufwändiges Experiment demonstriert, dass Erdöl unter den Bedingungen, wie sie im oberen Erdmantel herrschen, das heißt unter hohem Druck und einer Temperatur von über 1000 Grad Celsius, auch ohne die Gegenwart fossiler Biomasse aus normalen Bestandteilen der Erdkruste wie Methan und Carbonaten (Kalkgestein) entstehen kann. Sie konnten damit schon damals die zunächst als „gewagt“ geltende Hypothese des als Tausendsassa bekannten österreichisch-amerikanischen Physikers und Erfinders Thomas Gold bestätigen.

Seit der Bestätigung der Kontinentaldrift-Hypothese des deutschen Geografen Alfred Wegener ist ohnehin klar, dass alles, was sich auf der Erdoberfläche befindet, in geologischen Zeiträumen mit Platten der Erdkruste, die sich ruckartig unter benachbarte Platten schieben (Subduktion), irgendwann einmal im oberen Erdmantel landet, wo es eingeschmolzen und später in Form von Ausgasungen und Vulkanausbrüchen wieder an die Oberfläche gelangen kann. Heute gehen vor allem russische Geologen davon aus, dass die Erdölvorkommen sowohl durch biotische als auch durch abiotische Stoffumwandlungen im oberen Erdmantel gespeist werden. Vieles spricht dafür, dass die Erde nicht aus einer glühenden Gaswolke, sondern aus trockener Materie entstanden ist. Dazu gehörten Kohlenwasserstoffe wie Methan, die seitdem langsam zur Erdkruste emporsteigen und dabei unter Wasserstoff-Verlust zunächst Rohöl und danach feste Steinkohle bilden. Nur Braunkohle und Torf stammen gänzlich aus oberirdischer Biomasse. Das bedeutet: Auch die Erdöl- und Erdgasvorkommen sind im Prinzip erneuerbar. Tatsächlich wurde auch wiederholt beobachtet, dass sich wegen Erschöpfung aufgegebene Erdöllagerstätten nach einiger Zeit wieder aufgefüllt haben. In Südhessen gibt es dafür ein Beispiel.

Fazit: Längst nicht alles, was Grüne für „erneuerbar“ erklären, kann tatsächlich nachhaltig genutzt werden. Dafür gibt es auf der andern Seite Ressourcen, die von den Grünen verteufelt werden, aber in Wirklichkeit eine längerfristige Basis der wirtschaftlichen Entwicklung darstellen könnten. Dazu gehört neben Erdöl und Erdgas auch die am ehesten als „erneuerbar“ zu bezeichnende Energieressource, das strahlende und hochgiftige Schwermetall Plutonium. Was als „erneuerbar“ gilt, ist also weitgehend Definitionssache. Die Definitionsmacht liegt allerdings zurzeit (noch) bei den Grünen aller Parteien. Daraus erklärt sich die Verbissenheit, mit der die Grünen gegen den Bau der nuklearen Wiederaufbereitungsanlage Wackersdorf in der Oberpfalz und gegen den schnellen Brüter „Super-Phénix“ bei Creys-Malville an der Rhône kämpften. Dort wagten sie sogar einen Angriff mit ins Land geschmuggelten sowjetischen Raketen.

Im Grunde hätte schon der Ausgang des Experiments „Biosphäre 2“ in Arizona zeigen können, dass das geschlossene Weltbild der Grünen einfach nicht stimmt und die Unterscheidung zwischen „erneuerbaren“ und „fossilen“ Ressourcen unsinnig ist. Ich plädiere also dafür, den Begriff „fossil“ nur noch für echte Fossilien im Sinne der Paläontologie zu verwenden.