Abschied von der Aufklärung

Standbild des Marquis de Lafayette (Autor der Allgemeinen Menschenrechtserklärung) im zentralfranzösischen Le-Puy-en-Velay


Wissensanmaßung oder Gnostizismus in den Prognosemodellen

Edgar L. Gärtner
Wie sinnvoll ist es, die Verrücktheiten der Grünen aller Parteien mit dem Hinweis auf die europäische Aufklärung zurückzuweisen? Können sich die Grünen doch, wie es scheint, ebenso auf die Tradition der Aufklärung berufen wie ihre Kritiker. Besonders klar bekennen sich die Grünen zur Aufklärung, wenn sie sich als Musterschüler der US-Neocons gerieren. Deren Anliegen ist global governance, die Beherrschung der Welt durch die analytische Ausschaltung des gesunden Menschenverstandes.


Warum war im Paradies das Naschen vom Baum der Erkenntnis (von Gut und Böse) verboten? Die Mehrzahl derer, die sich heute auf die Aufklärung berufen, stellen sich diese Frage wohl gar nicht. Es geht hier selbstredend nicht darum, dem menschlichen Erkenntnisdrang grundsätzliche Grenzen zu setzen, sondern die Menschen davor zu warnen, selbst Gott zu spielen. Es geht gleichzeitig darum, die Menschen vor dem „Verlust der Mitte“ und dem Ende der Kontemplation durch die Anhäufung zusammenhangslosen Wissens zu bewahren. Nach Auffassung der historischen und aktuellen Aufklärer kann und sollte es prinzipielle Grenzen der menschlichen Erkenntnisfähigkeit gar nicht geben. Die Begründung dafür lieferte das streng deterministische Weltbild des mechanischen Materialismus, das sich auf die Gravitationstheorie des englischen Mathematikers und Münzmeisters Sir Isaac Newton (1643 – 1727) stützte. Newton fand für die vom deutschen Astronomen Johannes Kepler (1571 – 1630) entdeckten elliptischen Umlaufbahnen der Planeten um die Sonne die heute noch gültige mathematische und physikalische Erklärung. Was Gravitation ist und wie sie zustande kommt, wissen wir bis heute nicht. Es gibt darüber nur mehr oder weniger gewagte Vermutungen.


Die viel zitierte newtonsche Formel für die exakte Berechnung der Gravitationskraft gilt allerdings nur für die Anziehung zwischen zwei Himmelskörpern. Schon die Wechselwirkung zwischen drei Körpern ist mit dem newtonschen Instrumentarium der Differential- und Integralrechnung, wie es sich später zeigte, nicht mehr analysierbar. Newtons Formel galt und gilt noch heute nur für ein stark vereinfachtes Modell mit nur zwei Himmelskörpern, nicht jedoch für die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Sonne, Planeten und Trabanten im realen Sonnensystem. Weiterlesen

Was ist Wahrheit?

Von Edgar L. Gärtner
Bekanntlich bin ich beileibe nicht der erste, der diese Frage stellt. Der ebenso feige wie pragmatische Bürokrat Pontius Pilatus, von 26 bis 36 nach Christi Geburt Präfekt des römischen Kaisers Tiberius in Judäa, das damals noch zur Provinz Syria gehörte, stellte die Frage “Quid est veritas?“ mit einem abwertenden Unterton, während er beteuerte, an Jesus keine Schuld gefunden zu haben, ihn aber schließlich doch zum schmählichen Tod am Kreuz verurteilte, um den aufgebrachten jüdischen Honoratioren nachzugeben (Joh.18.38). Im Matthäus-Evangelium (Mt. 27.19) wird erwähnt, dass die Frau des Präfekten versucht hatte, ihren Mann von Jesu Unschuld zu überzeugen, indem sie auf einen schrecklichen Traum hinwies, der sie aus dem Schlaf gerissen hatte. Claudia Procula, deren Namen Matthäus verschweigt, wird in den Ostkirchen noch heute als Heilige verehrt. In einem Bibelkurs lernte ich, dass Pilatus nicht lange danach strafversetzt und seines Lebens nicht mehr froh wurde.

Von heute aus gesehen, erscheint die Geschichte von Pontius Pilatus eher untypisch, da klar überschaubar. Denn die Wahrheit war ihm, wie er selbst bekannte, durchaus bekannt. Er handelte wider besseres Wissen, als er Jesus zum Tode verurteilte. Pilatus vertrat im Grunde die Position des modernen Nihilismus oder Postmodernismus, für den es Wahrheit entweder gar nicht oder nur im Plural gibt. Heute haben wir es öfter mit dem umgekehrten Problem zu tun: Die Wahrheit ist nicht bekannt, aber mächtige Gruppierungen behaupten, sie zu kennen und alleine zu besitzen. Weiterlesen

Ist die Menschwerdung reversibel?

Edgar L. Gärtner

Marc Chagall: „La création de l’homme“ (Musée Marc Chagall, Nizza)

Die Entstehung des Menschen bleibt ein Wunder, von dem bislang nur wenige Einzelschritte wissenschaftlich erklärbar sind. Wunder sind unvorhersehbar. Deshalb sind sie jenen, die um ihre Herrschaft fürchten, nicht unbedingt willkommen. Sie tun deshalb im Rahmen des World Economic Forum von Davos alles Mögliche, um das Wunder der Menschwerdung unter der Flagge des „Transhumanismus“ durch die Schaffung programmierbarer Zombies zu ersetzen. Auch ich glaube, dass Evolution bzw. „Fortschritt“ nicht automatisch zum Besseren führt, sondern eher zu wachsender Entropie, und setze deshalb lieber auf einen Katechon (2 Tess 2,4), der diese aufzuhalten versucht, um die Natur des Menschen und seine Ökologie zu bewahren.

„Was ist der Mensch?“ beziehungsweise „Was ist ein Mensch (im Unterschied zu nichtmenschlichen Kreaturen)?“ Mit diesen Fragen haben sich seit der griechischen Antike unzählige Philosophen, Theologen, Biologen und Anthropologen beschäftigt. Die allermeisten antworten: Der Mensch ist nicht, er wird. Dabei denkt man heute spontan an die Lehre Charles Darwins von der Entstehung neuer Organismenarten durch natürliche Zuchtwahl. Danach sollen die Menschen sich allmählich aus affenähnlichen Vorfahren (Primaten) entwickelt haben. Wie der Prozess der Entstehung von Homo sapiens sapiens im Einzelnen abgelaufen sein könnte, wissen wir nicht. Verschiedene Knochenfunde in Afrika oder Asien, die uns in populärwissenschaftlichen Veröffentlichungen als „missing link“ präsentiert werden, beweisen für sich genommen gar nichts. Immerhin liefern sie Anhaltspunkte für die Vermutung, dass der Prozess nicht durchwegs allmählich und ziellos, sondern mitunter auch sprunghaft und zielstrebig verlief. „Lebende Organismen reagieren auf schwere und anhaltende Belastungen, denen sie durch ihre Umwelt ausgesetzt werden, mit einem kreativen Prozess der Selbstmodifikation ihres Genoms“, erklärt der Freiburger Neurogenetiker Joachim Bauer in seinem Buch „Das kooperative Gen. Abschied vom Darwinismus“.

In der biotischen Evolution gab es, wie wir heute aus der Genforschung wissen, entgegen Darwins Annahme eines strengen Gradualismus, durchaus große Sprünge, und zwar aufgrund der Verdoppelung und/oder Umgruppierung sogenannter Transpositionselemente im Genom. Ein bekanntes Beispiel dafür ist die hirnspezifische Gen-Familie NOTCH2NL, die sich nur bei Menschen findet. Diese Gene bremsen die Ausdifferenzierung kortikaler Stammzellen zu Neuronen und bewirken so indirekt eine Vervielfältigung der Neuronen. Der Bio-Informatiker David Haussler von der University of California in Santa Cruz konnte zusammen mit Frank Jacobs von der Universität Amsterdam und Sofie Salama von der University of California in Santa Cruz im Mai 2018 zeigen, dass die bei Menschenaffen vorhandenen inaktiven und daher der Selektion entzogenen Vorstufen der NOTCH2NL-Gene durch eine mehrfache partielle Verdoppelung des für die Hirnentwicklung zuständigen Gens NOTCH2 aktiv werden. Das geschieht nur bei menschlichen Embryonen. Fossilienfunde weisen darauf hin, dass dieser Sprung vor drei bis vier Millionen Jahren stattfand.
Allmähliche Veränderungen infolge zufälliger genetischer Mutationen und der natürlichen Selektion spielten, soweit wir heute wissen, nur in den relativ ruhigen Phasen zwischen den Sprüngen die Hauptrolle. Die allermeisten zufälligen Mutationen führen zu Krankheiten, wenn nicht zum vorzeitigen Ableben der betroffenen Organismen. Nur wenige Veränderungen erweisen sich als vorteilhaft im „Kampf ums Dasein“. (Ein Ausdruck, der nicht auf Charles Darwin, sondern auf den liberalen Sozialphilosophen Herbert Spencer zurückgeht.) Deshalb dient diese Form der Selektion (Mikroevolution) ausschließlich der Arterhaltung. Sie ist nicht in der Lage, neue Arten mit einem eigenen Bauplan und einer artspezifischen Betriebs-Software hervorzubringen.
Aber wann und wodurch wurden Primaten zu Wesen, denen die Qualität des Menschseins eigen ist? Anhand von Knochenfunden und Genanalysen kann diese Frage nicht beantwortet werden. Weiterlesen

Fact Checking: Es gibt keine theoriefreien Fakten

Edgar L. Gärtner
Das in den letzten Jahren in Mode gekommene Fact Checking hat mit Wissenschaft nichts zu tun. Denn spätestens seit Immanuel Kant (1724-1804) sollten wir wissen, dass isolierte Beobachtungsdaten nichts besagen. Aussagekraft bekommen sie erst als Bestandteil eines nachvollziehbaren Erklärungsversuchs. Durch Real- und Gedankenexperimente testen und vergleichen können wir nur unterschiedliche Hypothesen bzw. Modelle über reale Zusammenhänge. Wir haben, außer in der begnadeten Mystik, keinen direkten Zugang zum „Ding an sich“.
In der nüchternen wissenschaftlichen Forschung arbeiten wir stattdessen mit mehr oder weniger übersichtlichen Modellen. Das können schlichte Gedanken-Konstrukte, aber auch mathematische Formeln, Versuchstiere oder Computersimulation sein, die mithilfe von Gedanken- und/oder physischen Experimenten überprüft werden können. Dabei geht es nicht primär um die naive Gegenüberstellung von Modell und Beobachtungsdaten, sondern um den Vergleich verschiedener Erklärungsversuche. Weiterlesen

Dummheit ist unverzeihlich

Edgar L. Gärtner
Die Mehrheit meiner Zeitgenossen scheint Dummheit für ein fundamentales Menschenrecht zu halten. Ich selbst halte Dummheit (wie Neid) für eine schwere Sünde – in der Tendenz sogar für eine Sünde wider den Heiligen Geist. Bekanntlich gibt es für solche Sünden nach der Bibel keine Vergebung. Bei Matthäus 12,31 heißt es: „Sogar, wer den Menschensohn beschimpft, kann Vergebung finden. Wer aber den Heiligen Geist beleidigt, wird niemals Vergebung finden, weder in dieser Welt noch in der kommenden.“ Es fällt überdies auf, das Jesus, der unverschuldet in Not geratenen Menschen jede nur erdenkliche Hilfe zukommen ließ und sogar am Sabbat Kranke heilte, im Gleichnis von den klugen und den törichten Jungfrauen (Matthäus 24,25) kein Wort des Bedauerns oder Mitleids gegenüber den leer ausgegangenen findet. Weiterlesen

Ist die Klimapolitik mit sozialer Marktwirtschaft vereinbar?

Edgar L. Gärtner
Wie die gefährlichen Verkehrsblockaden durch Aktivisten der „Letzten Generation“ und deren moralische wie finanzielle Unterstützung durch das Habeck-Ministerium der von den Grünen dominierte Berliner Ampel-Regierung, die christlichen Kirchen und politisierte Großkonzerne demonstrieren, ist die politische Auseinandersetzung um die finanzielle Förderung von Wind- und Solarstrom und die Verlängerung der Laufzeit der letzten in Deutschland noch betriebenen Kernkraftwerke längst zu einem Glaubenskampf geworden, in dem Sach-Argumente kaum mehr zählen. Es geht in der Auseinandersetzung mit den „grünen Khmer“ um Leben oder Tod. Wie könnte man da eine dauerhafte und letztlich zerstörerische Spaltung der Gesellschaft noch verhindern?

Nils Goldschmidt und Arnd Küppers sehen hier in einem kürzlich in der Frankfurter Allgemeinen hinter einer Bezahl-Schranke veröffentlichten Aufsatz Parallelen zu den Konflikten, die die Weimarer Republik zerrissen und Hitler an die Macht gebracht haben. Diese Konflikte wurden im Westen erst nach der bedingungslosen Kapitulation Hitler-Deutschlands zeitweilig überwunden – und zwar durch die Idee der „Sozialen Marktwirtschaft“, die der protestantische Ökonom Alfred Müller-Armack erstmals in seinem 1947 erschienenen Buch „Wirtschaftslenkung und Marktwirtschaft“ entwickelte. Müller-Armack war einer der engsten Berater Ludwig Erhards, der 1948 im Zuge der Währungsreform mit seinem mutigen Schritt der Abschaffung von Preiskontrollen und Rationierung den Weg zum westdeutschen „Wirtschaftswunder“ freimachte.

Ökonomie der Versöhnung
Müller-Armack schrieb sein wegweisendes Buch im katholischen Kloster Vreden in der Nähe der niederländischen Grenze. Dorthin war seine Forschungsstelle an der Universität Münster während des Krieges ausgelagert worden. Wie dem ebenfalls protestantischen Ludwig Erhard ging es Müller-Armack nicht vordergründig um eine ökonomische Wachstumsstrategie, sondern um ein gesellschaftliches Reformprojekt, das Aufbrechen der Kartellierung bzw. „Vermachtung“ der Wirtschaft durch die Stärkung des Wettbewerbs auf dem freien Markt. Das „Wirtschaftswunder“ war nicht primäres Ziel, sondern willkommene Nebenwirkung der von ihm angeregten ethischen Neuausrichtung der Wirtschaftspolitik. Durch das Anfügen des Attributs „Sozial“ zur Marktwirtschaft, so Goldschmidt und Küppers, wollte Müller-Armack signalisieren, dass er die Renaissance der Marktwirtschaft als „Ökonomie der Versöhnung“ verstand, das die Grabenkämpfe, die zur Zerstörung der Weimarer Republik geführt hatten, überwinden sollte. Er bezeichnete das Schlagwort „Soziale Marktwirtschaft“ selbst als „irenische Formel“, als Friedensformel zur Überwindung des Ressentiments zwischen „arm“ und „reich“. Ludwig Erhard hingegen wies wiederholt darauf hin, dass die Marktwirtschaft gar nicht des Attributs „sozial“ bedurfte, da sie an und für sich sozial sei. „Der Markt ist der einzig gerechte demokratische Richter, den es überhaupt in der modernen Wirtschaft gibt“, betonte er im Jahre 1950 im deutschen Bundestag. Weiterlesen

Das Ende einer moralischen Wunschwelt

von Edgar L. Gärtner

Ich weiß nicht, ob Wladimir Putin ein Werkzeug der Vorsehung ist oder sich als solches empfindet. Jedenfalls hat er mit seinem nicht völlig überraschenden Angriff gegen das ehemalige russische Bruderland Ukraine gewisse in Wunschträumen gefangene Angehörige des westlichen polit-medialen Komplexes mit einem Schlag zurück in die harte Realität geschleudert. Im Moment, in dem ich diese Zeilen schreibe, ist es völlig offen, wem die vom Westen unter Führung der US-Regierung unter Joe Biden als Antwort gegen die Invasion der Ukraine verhängten wirtschaftlichen Sanktionen am meisten schaden werden. Klar ist hingegen, dass die auf Illusionen beruhende westliche Kultur des Hedonismus bald ein jähes Ende finden wird. Schon ist vom Anbruch eines neuen Zeitalters die Rede. Doch dahinter verbergen sich gleich neue Illusionen. Wie ist es überhaupt zum Realitätsverlust westlicher Eliten gekommen? Sicher gibt es dafür nicht die eine, sondern verschiedene Ursachen. Eine davon – und sicher nicht die unwichtigste – ist die Verdrängung der vorbehaltslosen Wahrheitssuche durch den subjektivistischen Konstruktivismus.
Man muss nicht Immanuel Kant oder Karl R. Popper gelesen haben, um verstehen zu können, dass Konstruktivismus in jedem menschlichen Erkenntnisprozess eine Rolle spielt. Wir sehen die Natur nicht einfach wie sie ist. Vielmehr arbeiten Auge und Hirn beim Sehvorgang eng zusammen. Wer nicht weiß, was er sehen will, dem fällt zunächst wenig bis gar nichts auf. Man findet nur, was man sucht (was Zufallsfunde nicht ausschließt). Unsere Beobachtung ist von Emotionen und Theorien geleitet. Die Konstruktion der Bilder, an denen wir uns orientieren, sind Ergebnis von Denkprozessen, die genaugenommen sogar außerhalb des Körpers stattfinden. Weiterlesen

Monika Hausammann: Die große Verkehrung

Abbildung von Hausammann | Die große Verkehrung | 1. Auflage | 2022 | beck-shop.deUnter dem zunächst harmlos oder zumindest rätselhaft erscheinenden Titel „Die große Verkehrung“ verbirgt sich Explosives. Denn die in Südwestfrankreich lebende Schweizer Schriftstellerin Monika Hausammann zeigt in ihrem Büchlein, dass der im Westen herrschende humanistische bzw. humanitaristische Zeitgeist die am Berg Sinai verkündeten Zehn Gebote der Bibel schlicht auf den Kopf stellt, indem er den Menschen statt zur wahren Freiheit in die Scheinfreiheit von Stallvieh führt, das heißt in verantwortungslose und triebhafte Konsumfreiheit. Das Büchlein eignet sich nicht zum raschen Verschlingen. Man muss es durcharbeiten, zurückblättern und wichtige Stellen wiederholt lesen, um sie auf sich einwirken zu lassen. Dem kommt entgegen, dass der Essay solide gebunden und auf kräftigem Papier gedruckt ist. Weiterlesen

Was hält eine Gesellschaft zusammen?

Wir wissen es nicht genau, aber klima-wissenschaftliche Vorgaben sind es sicher nicht.

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Marc Chagall: Die Erschaffung des Menschen

Edgar L. Gärtner
„Wir brauchen keine 2000 Jahre alten Texte mehr zu lesen, weil wir direkt wissen, was der Planet braucht.“ Diesen Satz legt der Unternehmer und Autor Thomas Eisinger in seinem Roman-Erstling „Hinter der Zukunft“ der Klima-Vizekanzlerin Milena Grosse-Strümpel in den Mund. Es handelt sich dabei durchaus nicht um eine böswillige Unterstellung. Vielmehr entspricht diese Aussage ziemlich genau dem Geist des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 24. März 2021. Darin hat das BVerfG der Klage einiger prominenter Einzelpersonen wie des Schauspielers Hannes Jaenicke und der Fridays-for-Future Aktivistin Luisa Neubauer sowie von grünen Lobby-Vereinen wie Germanwatch, Deutsche Umwelthilfe (DUH), des Solarenergie-Fördervereins Deutschland (SFV), Greenpeace und BUND stattgegeben und das noch junge deutsche Klimaschutz-Gesetz von Ende 2019 für verfassungswidrig erklärt. Deshalb musste der Bundestag die ohnehin schon unrealistisch strengen CO2-Reduktionsziele dieses Gesetzes im Juni 2021 noch weiter ins Utopische verschieben.
Ausgehend von der höchst wackeligen Hypothese eines linearen Zusammenhangs zwischen dem Kohlensäuregehalt und der Durchschnittstemperatur der Erdatmosphäre haben sich die Staaten der Erde im Pariser Klima-Abkommen von 2015 formell darauf geeinigt, den Anstieg der Durchschnittstemperatur seit dem Stichjahr 1990 durch eine Drosselung der anthropogenen CO2-Emissionen auf 1,5 Grad Celsius zu begrenzen. Der deutsche Rat von Sachverständigen für Umweltfragen (SRU) geht davon aus, dass dem 1,5-Grad-Ziel ein Gesamtbudget von 800 Gigatonnen CO2 entspricht. Entsprechend seiner Einwohnerzahl dürfe Deutschland davon nur noch 6,7 Gigatonnen nutzen. Zu recht fragen Fritz Vahrenholt und Sebastian Lüning in ihrem unter dem Titel „Unanfechtbar?“ veröffentlichten Faktencheck zum BVerfG-Urteil, warum das globale CO2-Budget (vorausgesetzt, dieses erwiese sich als sinnvoll) nicht stattdessen auf Deutschlands Anteil am Welt-Bruttosozialprodukt heruntergebrochen wurde. Dann stünden Deutschland immerhin 32 Gigatonnen CO2 zu. Am 7. Oktober 2021 stellte die Deutsche Energie-Agentur (dena) die von ihr in Auftrag gegebene Studie „Aufbruch Klimaneutralität“ vor. Daraus wird ersichtlich, wie utopisch die sektorbezogenen CO2-Reduktionsziele des neuen Klimaschutzgesetzes sind. Nach Berechnungen der bundeseigenen Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) wird die Umsetzung dieses Gesetzes bis 2045 nicht weniger als fünf Billionen Euro verschlingen.
Es ist aber durchaus nicht allein die Höhe der Kosten, die das verschärfte Klima-Gesetz utopisch macht. Es sind auch nicht allein die inneren Widersprüche und Inkohärenzen grüner Wirtschaftsumbau-Programme, die uns in eine Sackgasse führen. Vielmehr ist es der Versuch, die Klima-Wissenschaft und die daraus abgeleitete Klima-Politik, was immer auch darunter zu verstehen sein mag, zur Klammer für auseinanderbrechende, weil von ihren religiösen bzw. kulturellen Wurzeln abgeschnittene Gesellschaften zu machen. Deutschland mit seinem Klimaschutzgesetz und die EU mit ihrem Wirtschaftslenkungsprogramm namens „Green Deal“ knüpfen damit an der Tradition des „wissenschaftlichen Sozialismus“ bzw. der pseudowissenschaftlichen Rassenlehre an. (Svante Arrhenius, der Erfinder des „Treibhauseffekts“, saß übrigens im Vorstand der schwedischen Gesellschaft für Rassenhygiene.) Selbst wenn sich die CO2-Globaltemperatur-Hypothese verifizieren ließe, sollte sie m.E. nicht zur Vorgabe für die Politik werden, weil sich zeigen lässt, dass ihre praktische Umsetzung statt zur Einigung zu einer Vertiefung der gesellschaftlichen Spaltung führen muss. Weiterlesen

Klimawahn und Covid-19 als Vorwand für totalitäre Herrschaft

Papst Benedikt XVI. hatte vor 10 Jahren leider recht

Edgar L. Gärtner

bildDemnächst könnten wir den 10. Jahrestag der denkwürdigen, aber im Politikbetrieb dennoch bald wieder verdrängten ersten Rede eines römisch-katholischen Papstes vor dem Deutschen Bundestag feiern. Am 22. September 2011 gab der damalige Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) Papst Benedikt XVI. (Joseph Ratzinger) während dessen offiziellem Deutschlandbesuch die Gelegenheit, vor dem Deutschen Bundestag zu sprechen. Der Papst hielt dort einen hochgelehrten, aber dennoch gemeinverständlichen Vortrag über ein Thema, das kaum jemand erwartet hatte: die Bedeutung des Naturrechts.

Benedikt XVI. mahnte die Politiker, sich nicht an vordergründigen Erfolgskriterien, sondern am überzeitlichen Maßstab der Gerechtigkeit zu orientieren und die Grundsätze eines Rechtsstaats zu respektieren, indem er aus dem Alterswerk des heiligen Augustinus „De civitate Dei“ zitierte: „Nimm das Recht weg – was ist dann ein Staat noch anderes als eine große Räuberbande.“ Diese Mahnung konnte angesichts wiederholter Rechtsbrüche des Merkel-Regimes beim Versuch der EU-Nomenklatura, ihre Kunstwährung Euro durch direkte und indirekte Enteignung der Sparer zu retten, aktueller nicht sein. Inzwischen ist eine ganze Kette weiterer Rechtsbrüche hinzu gekommen: Von der Weigerung Angela Merkels, die nationalen Grenzen gegen den Ansturm junger männlicher Migranten zu schützen, bis zur Ausrufung einer „pandemischen Lage von nationaler Tragweite“ ohne Faktengrundlage. Der berechenbare Rechtsstaat wurde so durch einen launischen Maßnahmen-Staat ersetzt, in dem Angst und Willkür herrschen: So konnte die Kanzlerin mithilfe ihrer Helfershelfer in den Massenmedien fernmündlich die Wahl eines Ministerpräsidenten rückgängig machen, kraft eines als Ermächtigungsgesetz interpretierten Infektionsschutzgesetzes den größten Teil des Volkes einsperren, die Menschen in erpresserischer Manier zu der durchaus nicht alternativlosen gentechnischen Covid-Impfung drängen und schließlich das Bundesverfassungsgericht mithilfe seiner infantilen Urteilsbegründung zum Klima-Gesetz in den Dienst eines öko-diktatorischen Umsturzversuchs stellen. Da drängt sich der Vergleich mit einer Räuberbande tatsächlich auf. Weiterlesen