Die BEST-Studie sagt nichts über die Ursachen der Erwärmung
Kurz vor dem nächsten „Klima-Gipfel“ in Durban/Südafrika steht die offizielle, d.h. vom „Weltklimarat“ IPCC anerkannte Klimaforschung mit leeren Händen da. Seit dem letzten IPCC-Bericht von Anfang 2007 sind keine methodisch sauberen wissenschaftlichen Arbeiten veröffentlicht worden, die die These von der menschlichen Schuld am Klimawandel stützen könnten. Dennoch wurden die Ende Oktober noch vor dem Peer-Review-Prozess veröffentlichten Ergebnisse des Berkeley Earth Surface Temperature Project (BEST) in Mainstream-Medien als ultimative Widerlegung und Zurechtweisung der so genannten Klima-Skeptiker gefeiert. Einer der Leiter dieser Studie, Richard Muller von der Berkeley Universität in Kalifornien, behauptet von sich, bislang zu den „Skeptikern“ gehört zu haben. Doch die Auswertung von 39.000 Temperatur-Messreihen habe ihn davon überzeugt, dass die globale Erwärmung Realität ist. Das hat allerdings kaum ein „Skeptiker“ je bezweifelt. Umstritten ist hingegen stärker als jemals zuvor die Frage nach den Ursachen der Erwärmung. Doch gerade darüber macht die BEST-Studie überhaupt keine Aussage. Kein Wunder, dass Muller bei etlichen seiner Kolleginnen und Kollegen den Verdacht politisch-medialer Korruption erregt hat.
Die von Richard Muller und seinen Mitarbeitern aus Zigtausenden von Messreihen mit angeblich insgesamt mehr als anderthalb Milliarden Einzelmesswerten herausdestillierte globale Temperaturkurve weist aus, dass die globale Durchschnittstemperatur über den Landmassen der Erde seit den 50er Jahren um fast ein Grad Celsius angestiegen ist. Judith Curry, eine Mitautorin der BEST-Studie, warf Richard Muller auf ihrem viel beachteten Klima-Blog jedoch vor, seine globale Temperaturkurve so manipuliert zu haben, dass die seit über einem Jahrzehnt feststellbare Abkühlung verborgen bleibt. „Es hat in den vergangenen 13 Jahren keine weitere Erwärmung gegeben“, betont Curry. „Das zeigen alle verfügbaren Messreihen. Die Behauptung, die globale Erwärmung sei nicht zu Ende, ist wissenschaftlich unbegründet.“ Eine Studie der britischen Global Warming Policy Foundation (GWPF) gibt ihr recht. Curry weist auch darauf hin, dass die Abflachung der Temperaturkurve in eine Zeit fällt, in der der Kohlenstoffdioxid-Ausstoß schneller als jemals zuvor angestiegen ist. Daraus könne man schließen, dass CO2 sicher nicht direkt für den Temperaturanstieg im 20. Jahrhundert verantwortlich war. Curry vermutet andere Ursachen des Klimawandels eher bei Änderungen der Wolkenbedeckung, in natürlichen ozeanischen Zyklen oder der Sonnenaktivität. Immerhin enthält die BEST-Studie deutliche Hinweise darauf, dass die Temperaturentwicklung der Nordhalbkugel der Erde in den vergangenen hundert Jahren stärker von natürlichen Zyklen wie vor allem der Atlantic Multidecadal Oscillation (AMO) geprägt wurde als von menschlichen Einflüssen.
Andere kritische Beobachter des BEST-Projekts nahmen Anstoß an der Aussage Mullers, die analysierten Messwert-Reihen zeigten keine Verzerrung infolge des von „Skeptikern“ in die Diskussion gebrachten Wärmeinsel-Effekts der Großstädte. Der Mathematiker Douglas J. Keenan, der vom britischen Wirtschaftsmagazin „The Economist“ beauftragt worden war, die BEST-Studie zu begutachten, ist der Meinung, dass Prof. Muller und seine Kollegen aufgrund der statistischen Methoden, mit denen sie die Messwertreihen ausgewertet haben, eine solche Aussage gar nicht hätten treffen können. Keenan wirft den Klimaforschern, die dem „Weltklimarat“ IPCC zuarbeiten, generell vor, ihren Analysen zu einfache statistische Annahmen zugrunde zu legen. Insbesondere warnt er davor, mit geglätteten Zeitreihen zu arbeiten. Dadurch steige die Wahrscheinlichkeit, sich selbst zum Narren zu machen, dramatisch.
Der an der Universität Gießen lehrende theoretische Physiker Armin Bunde, der einen vom Menschen verursachten Anteil an der globalen Erwärmung grundsätzlich nicht bestreitet, pflichtet ihm da bei. Zu Bundes Arbeitsgebieten zählt die Korrelationsanalyse von Zeitreihen. Es geht dabei darum, durch den Vergleich der Messwerte mit verschiedenen statistischen Verteilungen natürliche Trends von äußeren Einflüssen zu unterscheiden. „Das bislang von den Klimawissenschaftlern überwiegend angenommene einfache AR(1)-Modell, bei dem die Messwerte eines Vergleichszeitraums nur vom vorherigen Messzeitrum abhängen, ist nicht geeignet, langfristige externe Trends auszumachen“, erklärt Bunde. Gemeinsam mit seiner früheren Mitarbeiterin Sabine Lennartz entwickelte er einen anspruchsvolleren Ansatz zur Auswertung von Klimadaten.
Mit diesem Ansatz arbeiten die beim Europäischen Institut für Klima und Energie (EIKE) engagierten Naturwissenschaftler Horst-Joachim Lüdecke, Rainer Link und Friedrich-Karl Ewert. Zufällig zeitgleich mit der umstrittenen Globaltemperaturkurve von BEST im International Journal of Modern Physics einen Aufsatz veröffentlicht, in dem sie mithilfe des von Armin Bunde empfohlenen Vorgehens insgesamt 2249 Temperatur-Messreihen auswerten. Im Unterschied zu den BEST-Autoren, die auch bruchstückhafte und nicht lokalisierbare Temperaturreihen verarbeiteten, haben die drei EIKE-Forscher ausschließlich lokale nicht homogenisierte und durchgehende Temperaturreihen verwendet. Darunter sind 1129 über hundert Jahre durchgehende Reihen von 1906 bis 2005. Die übrigen sind 50-jährige Temperaturreihen der Jahre 1906 bis 1955 und 1956 bis 2005. Lüdecke, Link und Ewert ermittelten für den Zeitraum zwischen 1906 und 2005 eine durchschnittliche Erwärmung von 0,58 Grad Celsius. Ein Viertel der untersuchten Mess-Stationen zeigte dagegen einen Abkühlungstrend. Darunter befinden sich besonders viele Stationen der Südhemisphäre. Werden nur Stationen an Orten mit maximal 1.000 Einwohnern verarbeitet, dann fällt der errechnete durchschnittliche globale Temperaturanstieg geringer aus. Darin sehen die EIKE-Autoren einen eindeutigen Beleg für den städtischen Wärmeinsel-Effekt. Die Erwärmung fällt bei höher gelegenen Stationen durchwegs stärker aus als bei den tiefer gelegenen. Eine Erklärung dafür steht noch aus. Alles in allem ergibt sich nach Ansicht der EIKE-Autoren, dass die globale Erwärmung der letzten hundert Jahre als „überwiegend natürliches Phänomen“ angesehen werden muss.
Auf dem Blog von Judith Curry gab es eine sehr polemische Auseinandersetzung mit dieser Arbeit aus der Feder des nun Dublin lehrenden niederländischen Umweltökonomen Richard Tol. Dieser ist vor allem bekanntgeworden als Mitautor des vom Dänen Björn Lomborg initiierten „Copenhagen Consensus“ und gilt daher als einer der profiliertesten Kritiker der Arbeit des IPCC. Tol hält die Arbeit von Lüdecke, Link und Ewert für völlig überflüssig. Leider scheint er nicht verstanden zu haben, dass Lüdecke, Link und Ewert sich nicht vorgenommen hatten, externe Einflüsse (Forcings) auf die Temperatur-Messreihen zu identifizieren. Es fragt sich aber tatsächlich, ob wir nach allem Aufwand an Statistik wirklich besser durchblicken, zumal auch Armin Bunde bemerkt, die von Lüdecke, Link und Ewert nach seiner Anleitung aus den Daten gezogenen Schlussfolgerungen seien „nicht zwingend.“
Internet:
Studie lehrt Klimaskepktiker die bittere Wahrheit
Berkeley Earth Surface Temperature (BEST) Project
Judith Curry’s Blog
GWPF: Best Confirms Global Temperature Standstill
Antwort eines Mathematikers auf die BEST-Studie
Lennartz/Bunde: Trend evaluation in records with long-term memory: Application to global warming
Horst-Joachim Lüdecke/Rainer Link/Friedrich-Karl Ewert: How Natural is Centenial Global Warming?
Tol’s Critique of the Ludecke et al. PapeR
Ludecke et al. respond Part I, Ludecke et al. respond PART II