Öko-Nihilismus-Debatte

Über zwei Jahre sind nun seit dem Erscheinen meines grundlegenden Buches „Öko-Nihilismus. Eine Kritik der Politischen Ökologie“ vergangen. Von den politisch korrekten Massenmedien weitgehend totgeschwiegen, hat es in Fachmedien und im Internet lebhafte Debatten provoziert. Die Aussagen dieses Buches, von manchen als zu radikal oder als zu pessimistisch eingestuft, sind durch aktuelle Entwicklungen voll bestätigt worden.

Edgar Gärtner: Öko-Nihilismus. Eine Kritik der Politischen Ökologie. CFACT Europe, Thuss & van Riesen Medienverlag, Jena 2007. ISBN 978-3-00-020598-9. Preis Euro 24,50

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factum-magazin: Gegen die Vergötzung der Natur

Das in der Schweiz erscheinende christliche Familienmagazin factum bringt in seiner Ausgabe 5/08 unter dem Titel „Die überhitzte Prognose“ eine kritische Auseinandersetzung des Journalisten Thomas Lachenmaier mit dem nihilistischen Menschenbild der „Klimapolitik“ und stellt eine Reihe bekannter „Skeptiker“ vor. So den Mainzer Medienforscher Prof. Mathias Kepplinger, den tschechischen Staatspräsidenten Václav Klaus und meine Wenigkeit.

Hier das Interview, das ich Thomas Lachenmaier gab:

factum: In ihrem Buch kritisieren sie die politische Ökologie als eine

nihilistische Weltanschauung, die das Gute postuliert und am Ende doch

nur Verhängnis bringt. Wie lautet ihr Vorwurf?

Gärtner: So genannte Gutmenschen vergessen, dass alles im Leben seinen Preis hat.

Etwas Gutes muss oft mit üblen Nebenwirkungen erkauft werden. Die Menschen müssen sich dann nicht nur zwischen einer guten Tat und einer Sünde entscheiden, sondern zwischen zwei Übeln. Solche Entscheidungen in Form einer bewussten rationalen Abwägung treffen zu wollen, bringt die Menschen schnell ins Schwitzen. Zum Glück für unser seelisches Wohlbefinden erfolgen solche Entscheidungen meist unbewusst. Dabei spielen Glaubensinhalte und tief verwurzelte Überzeugungen eine wichtige Rolle. Die Abkehr von den christlichen Wurzeln des Humanismus und das dadurch entstandene Defizit unhinterfragter Glaubensinhalte macht meines Erachtens viele Europäer unfähig, in verschiedenen Entscheidungssituationen das kleinere Übel auszumachen.

factum: Haben Sie dafür ein Beispiel?

Gärtner: Das beste Beispiel dafür ist zurzeit die so genannte Klimapolitik. Damit die Durchschnittstemperatur der Erde nicht um mehr als zwei Grad Celsius von einem als normal erklärten globalen Mittelwert abweicht, setzt sie über die gewollte Verteuerung von Energieträgern und Nahrungsmitteln nicht nur unsere Freiheit und unseren wirtschaftlichen Wohlstand aufs Spiel, sondern ist letzten Endes sogar bereit, dem Ziel des Temperaturmittelwertschutzes (ich sage bewusst nicht Klimaschutz) größere Teile der Menschheit zu opfern. Bekanntlich haben Vordenker der Ökologiebewegung wie Paul Ehrlich in den USA oder Herbert Gruhl in Deutschland in den 70er Jahren offen die Schrumpfung der Weltbevölkerung auf anderthalb Milliarden Menschen gepredigt. Das zeigt, dass sie den christlichen Gott, der keine Menschenopfer fordert, weil Jesus Christus das mit seinem Opfergang ein für allemal aus der Welt geschafft hat, durch einen Götzen ersetzt haben.

factum: Die meisten Wissenschaftler gehen davon aus, dass der

CO2-Ausstoss die Ursache für die Klimaerwärmung ist. Aber es gibt auch

renommierte Wissenschafter, die anderer Meinung sind und Studien, die

andere Rückschüsse zulassen. Sie verfolgen als Wissenschaftsjournalist

die Debatte intensiv. Was ist ihr Eindruck von der wissenschaftlichen

Auseinandersetzung?

Gärtner: Eine wissenschaftliche Auseinandersetzung, die diesen Namen verdient, gibt es über die Frage nach den Ursachen des Klimawandels schon seit Jahren nicht mehr. Ein internationales Netzwerk von Top-Bürokraten und Versicherungsmanagern hat es mithilfe sogenannter Nichtregierungsorganisationen geschafft, den „Weltklimarat“ IPCC mit dem klaren Auftrag zu versehen, den Menschen, genauer: ihren industriellen Errungenschaften die Schuld am Klimawandel zuzuschieben. Sie können das nachlesen in dem vor einigen Jahren erschienenen Buch „The Carbon War“, in dem der Ex-Greenpeace-Mann Jeremy Leggett erstaunlich offen schildert, wie es dazu kam, dass der industrielle Ausstoß von Kohlenstoffdioxid (CO2) zur einzig relevanten Ursache des Klimawandels erklärt wurde. Die wissenschaftliche Debatte, die eigentlich nie stattgefunden hat, gilt damit als abgeschlossen. Der Mainzer Medienforscher Mattias Kepplinger hat zusammen mit seiner Mitarbeiterin Senja Post durch die direkte Befragung aller in Deutschland mit Klimaforschung befassten Wissenschaftler herausgefunden, dass in Wirklichkeit nur eine Minderheit von ihnen von der offiziellen Erklärung überzeugt ist. Die andern müssen schweigen, um ihre Karriere nicht zu gefährden.

factum: Wie beurteilen Sie die Folgen des weltweiten Handelns gegen den

Klimawandel?

Gärtner: Zunächst einmal grundsätzlich: Wir Menschen können meines Erachtens gegen den Klimawandel nichts unternehmen. Denn hier sind Kräfte am Werk, die unsere Einflussmöglichkeiten weit übersteigen. Als Humanist wehre ich mich einerseits dagegen, die Menschen klein zu machen, zu erniedrigen. Andererseits sollten wir es aber auch vermeiden, in Größenwahn zu verfallen. Das Christentum schützte uns bislang in gewissem Maße gegen diese Versuchung. Die Säkularisierung hat solche Hemmschwellen zum Teil wieder beseitigt.

Dass die Menschen das Klima lediglich lokal und regional beeinflussen können, und zwar vor allem durch die Umwandlung von Wald in Acker- oder Weideland und durch den Bau großer Städte, aber keinen nennenswerten Einfluss auf die globale Entwicklung ausüben, zeigt meines Erachtens die Entwicklung der bodennahen Durchschnittstemperatur in den vergangenen zehn Jahren: Obwohl der CO2-Ausstoß – vor allem infolge des Wirtschaftsbooms in Asien – kräftig anstieg, ist die Mitteltemperatur der Erde konstant geblieben, wenn nicht sogar gesunken.

Aber es wurde für den vorgeblichen Klimaschutz schon sehr viel Geld ausgegeben, das natürlich an anderer Stelle fehlt. Es gäbe auf der Welt, wie der dänische Statistikprofessor Björn Lomborg zu wiederholen nicht müde wird, sicher viel dringendere Probleme wie zum Beispiel die Versorgung der Armen mit sauberem Trinkwasser und sanitären Einrichtungen. Diese wäre für einen Bruchteil der Summen zu haben, die der „Klimaschutz“ heute schon kostet. Ich sehe hier nicht nur ein wirtschaftliches, sondern auch ein moralisches Problem und wundere mich, wie leicht es den angeblichen Klimaschützern gelingen konnte, in unseren Massenmedien die moralische Oberhoheit zu erlangen.

factum: An den Empfehlungen des Weltklimarates (IPCC) orientieren sich

Regierungen in der ganzen Welt. Es gibt weltweit wohl kein zweites

beratendes Gremium, dessen Aussagen so weitreichende poltische Folgen

hat. Wie beurteilen Sie den Einfluss dieses Gremiums?

Gärtner: Das Gremium besteht nur zu einem kleinen Teil aus Forschern, sondern überwiegend aus Funktionären, die von ihren jeweiligen Regierungen entsandt werden und ist insofern Ausdruck der Tatsache, dass die Politik selbst in die Hände von Bürokraten gelangt ist, dass es wirkliche Politiker vom Schlage eines Winston Churchill heute gar nicht mehr gibt. Es ist immer problematisch, wenn sich die Politik auf Wissenschaft beruft. Wohin das führt, kann man am Beispiel der Eugenik studieren. Diese wurde ja nicht nur von den Nazis, sondern von Linksparteien in allen Teilen der Welt vertreten und praktisch umgesetzt. Grundlage der großen Politik sollten der gesunde Menschenverstand und eine klare Feindbildbestimmung sein. Ich habe den Eindruck, das Feindbild der Bürokraten, die sich heute Politiker nennen, ist das Leben selbst.

factum: Wie konnte es dazu kommen, dass sich die Politik nicht mehr vom „gesunden Menschenverstand“ leiten lässt?

Gärtner: Die jüdische Philosophin Hannah Arendt hat in ihrer 1000 Seiten starken Untersuchung über Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft nachgezeichnet, dass die Politik der großen europäischen Mächte in dem Maße den Bezug zum gesunden Menschenverstand der kleinen Leute verloren hat, wie sie imperialistisch wurde. Die ausgebeuteten und geknechteten Menschen in den Kolonien hatten, im Unterschied zum Proletariat in den „Mutterländern“, keine Möglichkeit, sich über Wahlen oder außerparlamentarische Protestaktionen Gehör in den Parlamenten zu verschaffen. Infolgedessen koppelte sich die politische Klasse in den Metropolen immer mehr vom Denken und Fühlen normaler Menschen ab.

factum: Untersuchungen zeigen, dass viele Menschen bereit sind, aus

Gründen des Klimaschutzes persönliche Opfer auf sich zu nehmen. Wie

beurteilen sie das?

Gärtner: Gute Marktstudien zeigen vor allem, dass es mit der Opferbereitschaft der kleinen Leute bislang, Gott sei Dank, nicht weit her ist. Eine Mehrheit findet Öko-Steuern und Klimaschutz-Zuschläge zwar sympathisch, aber kaum jemand möchte sie gerne bezahlen. Ich möchte da auf eine Studie verweisen, die im letzten Herbst im Auftrag der ARAG-Rechtschutzversicherung durchgeführt wurde.

factum: Sie sind in einem christlichen Elternhaus aufgewachsen. Wie

beurteilen Sie vor diesem Hintergrund die Produktion von Treibstoff aus

Getreide?

Gärtner: Ich habe in der Tat gelernt, das tägliche Brot nicht als selbstverständliche „Commodity“ zu betrachten, sondern darum zu beten, dafür zu danken und es nicht zu verschwenden. Getreide nur anzubauen, um es zu verfeuern, halte ich für einen Frevel. Ich weiß nicht, was in den Köpfen derer vor sicht geht, sie so etwas anordnen. Bei uns in Deutschland ist es leider gelungen, die katholische Bischofskonferenz wie den Rat der Evangelischen Kirchen EKD und mit ihnen viele Gläubige für solcher Art „Klimaschutz“ zu mobilisieren. Als Begründung musste die biblische Forderung, die Schöpfung zu bewahren, herhalten. Aber gehören das CO2, ohne das kein pflanzliches Leben auf der Erde möglich ist, und die Menschen, die es umso mehr emittieren, je intensiver sie leben, etwa nicht zur Schöpfung?

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Interview von Regina Károlyi (Media-Mania.de)

Media-Mania.de: Gleich zu Beginn eine Frage zum Titel Ihres Buchs: Sind Menschen, die sich für Umwelt- und Klimaschutz einsetzen, in Ihren Augen Nihilisten? Diese Menschen haben doch ein konkretes Ziel vor Augen.

Edgar L. Gärtner: Der Begriff „Nihilismus“ war früher bekannter. Heute gibt es viele Leute, die sich darunter nichts vorstellen können. Ich werde stets danach gefragt. Wenn ich irgendwo auftrete, fange ich immer damit an, zu erklären, was Nihilismus überhaupt ist.

Bei Wikipedia findet man eine Definition des Nihilismus, die nahelegt, Nihilisten würden an gar nichts glauben. Das ist natürlich nicht der Fall. Die Nihilisten glauben durchaus an etwas, und zwar an etwas Gutes, an das absolut Gute. Dabei vergessen sie aber, abzuwägen. Im normalen Leben, das weiß jeder, muss man täglich „Nebenwirkungen“ in Kauf nehmen. Wenn man morgens aus dem Haus und zur Arbeit geht, muss man bereits abwägen, denn man könnte ja unterwegs umkommen. Das ganze Leben ist eine Abwägung. Diese Sichtweise ist den Nihilisten relativ fremd, sie sehen nicht, dass alles einen Preis hat. Im Extremfall geht das so weit, dass Klimaschützer den größten Teil der Menschheit opfern würden, um die globale Durchschnittstemperatur konstant zu halten. Es gibt Aktivisten, die sagen, wir müssen auf null CO2-Ausstoß kommen. Aber solange es Menschen gibt, werden diese immer CO2 produzieren. Wenn man null Emissionen haben will, muss man also auf Milliarden von Menschen verzichten. Zitate belegen, dass manche Leute bereit sind, so weit zu gehen. Das ist zwar nicht die Mehrheit, aber diese Einstellung existiert.

Media-Mania.de: Wie kamen Sie als ausgebildeter Ökologe dazu, sich dem Öko-„Mainstream“ zu widersetzen?

Edgar L. Gärtner: Man macht einen Lernprozess durch. Ich bin zur Ökologie gekommen, als diese noch etwas Ungewöhnliches war. In der ersten Phase meines Studiums habe ich sehr viel Biochemie gemacht, das war damals „in“. Die Biochemiker haben die Struktur der Enzyme enträtselt. Heute erledigen das Computer. Aber damals musste man es mühsam Schritt für Schritt herausbekommen. Und dann gewann an unseren Universitäten ganz langsam die Ökologie an Bedeutung.

Als ich studierte, wurde an der Frankfurter Universität die erste Professur für Ökologie eingerichtet. Jemand, der sich für Ökologie interessierte, war also damals, zu Beginn der 70er, alles andere als „Mainstream“. Man war Pionier, man musste sich durchsetzen und hatte dabei nicht das Gefühl, dass man daraus eine Religion machte. Man ging ziemlich pragmatisch ‚ran. Ich war ja damals in Frankfurt, und zu dieser Zeit war der Main tot – na gut, nicht tot, tot ist ein Gewässer nie. Ich habe den Main selbst analysiert, es gab darin jede Menge Pilze und Bakterien, aber kein höheres Leben. Niemand wäre damals auf die Idee gekommen, da hineinzuspringen, das war eine ganz eklige Brühe.

Damals haben wir uns engagiert, wir hatten auch Bürgerinitiativen, wir kämpften für Kläranlagen. Ich weiß noch, nach einigem Hin und Her hat dann Hoechst angefangen, Kläranlagen zu bauen. Die existierten noch gar nicht, als ich mit dem Studium anfing. Insofern war das schon eine andere Situation als heute. Ab den 70ern wurden nach und nach Investitionen getätigt, und irgendwann gab es im Main wieder Fische. Seit etwa fünfzehn oder zwanzig Jahren gibt es am Main sogar wieder Berufsfischer, was viele Leute gar nicht wissen. Der Main ist also wiederhergestellt und möglicherweise sogar in besserem Zustand, als er vorher war.

Die Menschen haben aber immer noch den Eindruck, dass die Umwelt extrem gefährdet sei, und schimpfen auf die Industrie. Sie sehen darin nicht Hersteller von Produkten, die unser Leben angenehmer machen; sie sehen in der Industrie etwas Böses, das die Umwelt kaputt macht. Und dieser Eindruck hat überhaupt nichts mehr mit der Realität zu tun. Die Realität ist, dass der Main heute wieder weitgehend sauber ist. Eigenartigerweise nimmt das kaum jemand wahr.

Media-Mania.de: Sie kritisieren sowohl die Nachhaltigkeitspolitik als auch das Vorsorgeprinzip. Müssen wir denn nicht, auch im Sinne unserer Kinder, nachhaltig mit den natürlichen Ressourcen umgehen? Und, was die Vorsorge angeht: sicherlich haben Sie auch eine Haftpflicht-, Berufsunfähigkeits- oder ähnliche Versicherung? Wenn der Einzelne sich schon gegen Unwägbarkeiten absichert, sollten das dann nicht erst recht Regierungen tun, die für sehr viele Menschen verantwortlich sind?

Edgar L. Gärtner: Das Versicherungsprinzip und der Gedanke der Vorsorge sind ja etwas Wichtiges. Ich treibe persönlich selbstverständlich auch Vorsorge, als Freiberufler Altersvorsorge, natürlich auch eine Lebensversicherung, Unfallversicherung, Berufsunfähigkeitsversicherung, Haftpflicht und Berufshaftpflicht.

Das kostet einen natürlich Geld. Nun sind wir schon beim Thema Geld: Es gibt durchaus einen Punkt, wo die Prämien so teuer werden, dass einem nichts mehr zum Leben bleibt. Und das ist das Problem beim Vorsorgeprinzip, das man von der Vorsorge abgrenzen sollte. Das Vorsorgeprinzip wurde 1992 auf der Rio-Konferenz definiert. Diese Definition ist unscharf und interpretationsbedürftig. Der Begriff „Kosten“ taucht zwar darin auf, es wird aber nicht explizit gesagt, dass man das Prinzip der Verhältnismäßigkeit respektieren muss. Das heißt, die Kosten müssen in einem vernünftigen Verhältnis zum Nutzen stehen. Ich habe eine ganze Zitatesammlung, die zeigt, dass manche nur noch an Vorsorge gedacht haben und nicht mehr an die Kosten. So zum Beispiel der damals in der EU federführende österreichische Umweltminister Josef Pröll, der das Vorsorgeprinzip im Jahre 2006 wie folgt auslegte: „Wenn Du Dir nicht sicher bist, welche Auswirkungen etwas hat, lasse die Finger davon.“ Hätten sich die Menschen immer danach gerichtet, hätten sie weder das Feuer gezähmt noch das Rad erfunden!

Sobald die Kosten den Nutzen überschreiten, wird es völlig irrational. Niemand würde eine Versicherung bezahlen, die ihn so viel kostet, dass ihm nichts mehr zum Leben bleibt.

In Amerika ist es schon so weit, dass sich viele Leute bewusst gegen eine Versicherung entscheiden. Die Deutschen sind ja nach Auskunft der Versicherungsfachleute meistens eher überversichert. Das ist unsere Mentalität. Es gibt andere Länder, wo man das etwas anders sieht. Man wägt immer ab: Erst kommt das Leben, dann die Vorsorge, und kein vernünftiger Mensch würde am Leben sparen um der Vorsorge willen.

Die aktuelle Wellnessbewegung ist in dieser Hinsicht auch interessant. Da machen viele Menschen ständig Diät, Gymnastik und so weiter, um ihre Gesundheit zu erhalten, aber leben überhaupt nicht mehr richtig, freuen sich nicht mehr, trinken nicht mal mehr einen und heben sich ihre Gesundheit sozusagen fürs Alter auf. Neulich hat ein bekannter Psychiater gesagt: „Auch wer gesund stirbt, ist definitiv tot.“ Das ist das Problem.

Media-Mania.de: Umwelt- und Klimaschützer möchten Einfluss auf die Politik nehmen. Die „Klimaskeptiker“, auch Sie, werfen diesen um das Wohl des Planeten besorgten, engagierten Menschen vor, eine Art neuer Religion gegründet zu haben. Wie ist das zu verstehen?

Edgar L. Gärtner: Ich habe ja selbst diese Entwicklung mitgemacht; ich habe einige Jahre für den WWF gearbeitet, der sich für den Artenschutz engagiert hat. Dann kam diese, nennen wir’s mal Mode, mit dem Klimaschutz. Nach harten verbandsinternen Diskussionen hat der Verband dann umgeschaltet, und es haben sich die Leute durchgesetzt, die sagten: „Wenn wir keinen Klimaschutz machen, wird uns Greenpeace beim Spendenaufkommen endgültig abhängen.“ Opportunismus also.

Es gab eine Zeit zu Anfang der 70er-Jahre, ich habe das ja von Anfang an mitverfolgt, da war das Klima eine ganz vage Geschichte. Damals waren die meisten davon überzeugt, dass wir uns auf die nächste Eiszeit vorbereiten sollten. Dann, in der zweiten Hälfte der 70er, hat sich Schritt für Schritt die Überzeugung durchgesetzt, dass die Erwärmung die größere Gefahr sei. Aber damals wurde immer noch diskutiert, da hat man auch mal Daten verglichen – so viele gab es noch nicht, die Satellitenbeobachtung begann ja erst in den späten 60ern. Es war also alles noch offen. Irgendwann gab es einen eindeutig feststellbaren Umschlag, wo Fakten eigentlich nicht mehr zählten.

Die Datenlage ist, objektiv betrachtet, so unsicher, dass man eigentlich nichts ausschließen kann. Es kann in den nächsten zwanzig Jahren kühler werden, es kann aber auch weiter wärmer werden, kein Mensch weiß das so genau. Irgendwann hat sich diese Diskussion verselbstständigt: Auf einmal hat die Politik offiziell nur noch auf Erwärmung gesetzt, und hier nun wird es religiös, wird es zur Staatsreligion. Man nimmt also Einwände nicht mehr zur Kenntnis, etwa die Tatsache, dass es seit fast zehn Jahren nicht mehr wärmer wird. Das ist eindeutig, das haben Satelliten gemessen, auch die Bodenmessungen haben das festgestellt.

Media-Mania.de: Wobei Stefan Rahmstorf [vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung, Anm. Media-Mania.de] ja sagt, die Satellitenmessungen seien unzuverlässig …

Edgar L. Gärtner: Das stimmt nun gerade nicht, unzuverlässig sind die Bodenstationen. Das ist mittlerweile bekannt, weil sie oft in Gegenden stehen, wo in der Nachkriegszeit Veränderungen vorgenommen wurden. So gibt es Stationen, die einmal auf dem freien Feld standen, und mittlerweile befinden sie sich in dicht bebauten Gebieten. Die Temperatur auf einem Parkplatz mit Asphalt kann nicht die gleiche sein wie über einem freien Feld. Die Bedingungen für die Bodenstationen haben sich also über die Jahre geändert. Man kann die Daten, die dort gemessen wurden, gar nicht mehr vergleichen.

Die Satelliten sind Hightech. Sie haben sensible, sehr präzise Messinstrumente, die nur richtig geeicht werden müssen, das ist richtig. Dahingehend muss man investieren. Diesbezüglich hat man auch Korrekturen vorgenommen. Beispielsweise hat man zunächst nicht zur Kenntnis genommen, dass die Satelliten nicht stationär auf derselben Umlaufbahn bleiben, während sie um die Erde kreisen, sondern die ärgerliche Tendenz haben, etwas abzusinken. Also hat man inzwischen die nötigen Korrekturfaktoren eingeführt. Trotzdem zeigen die Messungen in den letzten zehn Jahren keinen Anstieg.

Ich beobachte, dass es Leute gibt, die davon keine Notiz nehmen, weil sie offenbar ein fest gefügtes Weltbild haben. Das ist aber die Charakteristik von Ideologie im Vergleich zur Wissenschaft. Wissenschaft ist ja immer etwas Vorläufiges. Wir Menschen haben zwar Vernunft, ich sage aber immer: Das Licht der Vernunft ist eigentlich nur eine Funzel. Man darf die Vernunft nicht überschätzen, wir sind nicht wirklich in der Lage, mit unserem Gehirn die Welt zu durchschauen. Sie ist so kompliziert, dass wir immer nur einen kleinen Ausschnitt erkennen können.

Wenn Sie z. B. als Chemiker/-in etwas im Labor machen, dann bekommen Sie das ganz gut in den Griff, weil Sie ja alle Randbedingungen konstant halten können. Und wenn es keine Einflüsse gibt, die Sie übersehen haben, können Sie mit Ihrem Experiment wirklich eine Aussage machen. In der freien Natur ist das so nicht möglich, sie ist einfach zu komplex, und man muss sich immer bewusst machen, dass wir nur beschränkte Möglichkeiten haben, diese komplexe Welt wirklich zu erkennen.

Wichtig ist, was man messen kann, und sobald Menschen Computermodellen mehr glauben als Messungen, bin ich alarmiert, weil ich weiß, dass ein Computermodell, selbst wenn es mit größtmöglicher Sorgfalt gemacht ist, nur den jeweils aktuellen Erkenntnisstand abbilden kann: einen winzigen Ausschnitt aus der unendlichen Komplexität. Nicht nur die Luft-, sondern auch die Meerestemperatur ist übrigens in den letzten zehn Jahren nicht gestiegen, sondern eher leicht gesunken.

Media-Mania.de: Von meiner subjektiven Wahrnehmung her waren die Sommer ab 2003 allerdings extrem warm.

Edgar L. Gärtner: Es ist da schon was dran. Ich kann mich erinnern, dass es in den 60ern und 70ern Sommer gab, in denen man froh war, wenn man mal zwei Tage ins Schwimmbad konnte; manche Sommer waren absolut verregnet. Und ich habe bemerkt, dass es in den 90ern, gerade in der zweiten Hälfte der 90er, eine Reihe von sehr schönen Sommern gab. Ich mache mir darüber gar keine Sorgen, sondern freue mich darüber, wenn es wärmer ist, und ich wäre auch froh, wenn es so bliebe. Der letzte Sommer war allerdings daneben.

Media-Mania.de: Sie wohnen ja nicht auf einem Atoll …

Edgar L. Gärtner: Sie meinen den Meeresspiegelanstieg. Man beobachtet einen seit hundert Jahren ziemlich konstanten Meeresspiegelanstieg. Das ist auch bekannt, es gibt in den Häfen offizielle Pegel, die man per Anruf abfragen kann, und in letzter Zeit wird dort sogar eine Verlangsamung des Anstiegs beobachtet. Für den von Al Gore in seinem Film postulierten Anstieg des Meeres um sechs Meter gibt es heute keinerlei Anhaltspunkte.

Media-Mania.de: Durch den Ökologismus – die ins Pseudoreligiöse abgleitende Spielart der Wissenschaft Ökologie – und die daraus resultierende Politik sehen Sie die Freiheit in Gefahr. Bedeuten Einschränkungen beim Konsum, vielleicht auch bezüglich der Mobilität denn wirklich Freiheitsverlust? Müsste man, gerade wenn es um den Weg hin zu erneuerbaren Energien geht, nicht das Wohl der Menschheit in ihrer Gesamtheit über solch luxuriöse kleine Freiheiten stellen?

Edgar L. Gärtner: Ich würde erst einmal gar nicht von Freiheiten reden, sondern von der Freiheit, denn für mich gibt es Freiheit nur im Singular. Wenn man von „Freiheiten“ spricht, könnte man ja auch von „Gleichheiten“ reden. Da würde jeder sofort merken, dass das Unsinn ist. In der französischen Revolution ging es ja nicht umsonst um Freiheit und Gleichheit. Außer um Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit ging es übrigens auch um Eigentum, was heute manche vergessen – und alles steht in der Einzahl.

Freiheit kann man nur negativ formulieren. Frei sein heißt, kein Sklave sein, nicht abhängig sein von den Launen eines anderen, der über einem steht. Gehorchen soll man nur dem Gesetz und auf dessen Grundlage selbst entscheiden können, was man tut.

Wir wissen, wie gesagt, nicht, wie das Wetter in zehn, zwanzig Jahren sein wird. Insofern finde ich es sehr wichtig, dass jeder selbst entscheiden kann, was er tun möchte. Wer heute ein Haus baut, muss eigentlich alle Möglichkeiten in Betracht ziehen. Wer solide baut, macht keinen Fehler. Da kommt die Kosten-Nutzen-Abwägung ins Spiel. Mancher baut „für die Kinder“, aber wer weiß, ob diese nicht einen ganz anderen Geschmack haben? Schon da fängt es an, da muss man abwägen: Soll man ein Haus für die Ewigkeit bauen oder so, wie man es sich leisten kann, dass es eben über die eigene Lebensspanne hält – und mit wieder verwendbaren Materialien? Das wäre ein durchaus interessanter Aspekt.

Ich sehe das so, dass man nach dem gesunden Menschenverstand selbst entscheiden sollte. Derzeit schreibt man den Leuten bestimmte Maßnahmen vor, beim Hausbau zum Beispiel diese Isolierungen, deren Wirkung zum Teil gar nicht wissenschaftlich erforscht ist, wie mir Ingenieure und Bauwissenschaftler aus dem Bekanntenkreis bestätigt haben. Diese sagen, vieles, was in den Normen steht, sei schlicht und einfach Unsinn.

Zum Beispiel ist der K-Wert für den Wärmedurchgang durch eine Wand ein rein theoretischer Wert. Entscheidend ist die Höhe des effektiven Energieverbrauchs in einem Gebäude. Da erlebt man Überraschungen. Ich kenne einen Architekten in der Schweiz, der herausgefunden hat, dass in mehrstöckigen Gebäuden aus der Vorkriegszeit am wenigsten Energie verbraucht wird. Sehr schlecht sind Betonbauten aus der Nachkriegszeit, sehr gut hingegen Backsteinbauten. Der Staat schreibt den Leuten nun vor, sie müssen einige Dezimeter Schaumstoff auf die Außenwand auftragen; das nützt gar nichts.

Sinnvoll sind Fenster mit Doppel- oder Dreifachverglasung. Mit der Isolierung der Außenwand wäre ich sehr vorsichtig. Man weiß, dass eine nach Süden ausgerichtete Backsteinmauer, gerade wenn sie unverputzt ist, im Winter sehr viel Sonnenwärme von außen aufnehmen und nach innen abgeben kann und auch eine sehr gute Feuchtigkeitsregulierung bewirkt. Jetzt kommt der Staat, schreibt den Leuten einige Dezimeter Kunststoff außen vor, sie machen alles dicht – und 50% der Besitzer von Häusern mit Wärmedämmung haben Probleme mit Schimmelbildung. Es gibt zwar auch 50 %, die keine Probleme haben, aber es ist doch ein großes Risiko.

Media-Mania.de: Die Erdöl- und Gaspreise steigen massiv, abgesehen davon, dass die Ressourcen angesichts des zunehmenden Verbrauchs über kurz oder lang, wenn auch deutlich später als vom „Club of Rome“ vorausgesagt, erschöpft sein werden. Sollte eine Rückbesinnung auf die Kernenergie stattfinden, so wird sich auch das Uran irgendwann verknappen und maßlos verteuern. Wenn wir also mittelfristig doch auf erneuerbare Energien angewiesen sind, warum sollten wir nicht möglichst rasch reagieren und von den auf dem Markt umkämpften Rohstoffen unabhängig werden?

Edgar L. Gärtner: Von einer absoluten Verknappung von Erdöl und auch Kohle kann aktuell nicht die Rede sein. Es gibt jede Menge Erdöl, allerdings ist eine Zeit lang nicht viel in die Exploration neuer Vorkommen investiert worden. Das Kartell der Förderländer wird nie offen eine Angabe zur Höhe der Vorräte machen, denn das wirkt sich auf den Preis aus, der natürlich hoch bleiben soll. Ein bisschen passen sie freilich auf, denn sie wollen die Verbraucherländer nicht erdrosseln, wodurch ja der Verbrauch sinken würde. Also versucht man, nicht über die Schmerzgrenze hinauszugehen, aber der heutige Preis ist eindeutig manipuliert – und zwar in mehrfacher Hinsicht. Viele Menschen wissen gar nicht, dass sogar der größte Erdölkonzern, Exxon, kaum über eigene Quellen verfügt und daher sehr wenig Einfluss hat. Der Ölmarkt ist nun einmal kein freier Markt. Viel besser sind die Verhältnisse bei der Kohle, von der zurzeit kaum jemand behauptet, dass sie knapp wird. Niemand weiß genau, wie viel Erdöl es gibt. Manche Geologen sagen, es sei viel mehr da, als offiziell angegeben wird. Man muss auch erwähnen, dass Erdöl selbst eine erneuerbare Energie ist.

Media-Mania.de: Ich habe darüber in Ihrem Buch gelesen, aber das sollten Sie erläutern, denn ich habe davon vorher noch nie gehört.

Edgar L. Gärtner: Mit der Analytik befasste Chemiker müssen öfters bestimmen, ob Fette oder Öle aus Erdöl oder von Pflanzen oder Tieren stammen. Die üblichen Analysenmethoden gehen davon aus, dass Erdöl abiotisch, nicht biologisch, entstanden ist. Offiziell gilt es aber immer noch als biologischen Ursprungs, das stimmt aber höchstwahrscheinlich nicht. Es entsteht in der Erdkruste spontan unter bestimmten Bedingungen, die man in Versuchen nachstellen kann. Alle Zutaten zur Entstehung komplexer Kohlenwasserstoffe sind ja in der Erdkruste vorhanden, Kohlenstoff sowieso reichlich; es muss nur ein ausreichender Druck vorhanden sein, und es bildet sich spontan Erdöl. Das ist natürlich nicht immer erreichbar für uns, sondern oft viel zu tief, und häufig braucht es Erdkrustenbewegungen, um in unsere Reichweite zu gelangen. Ich würde aber davon ausgehen, dass Erdöl im Prinzip eine erneuerbare Ressource ist.

Media-Mania.de: Es kommt dann natürlich auf das Verhältnis Neubildung zu Verbrauch an, gerade, weil China und Indien nun dazukommen …

Edgar L. Gärtner: Da gibt es noch viel zu erforschen. Es gibt auch bekannte Vorkommen wie die Teersande, deren Erschließung einen großen Aufwand erfordert. Länder wie Kanada mit großen Vorkommen an Ölsanden freuen sich natürlich, wenn der Ölpreis über 100 Dollar bleibt, weil sich dann die Nutzbarmachung lohnt. Der Aufwand, ans Öl zu kommen, wird natürlich immer größer werden, aber das heißt nicht, dass kein Öl mehr da ist. Es wird dadurch selbstverständlich auch teurer, weil man immer tiefer bohren und auf Öle zurückgreifen muss, die nicht die optimale Zusammensetzung haben, zum Beispiel Ölsande oder schwere Öle, die ziemlich großen Raffinerie-Aufwand erfordern. Meiner Meinung nach gibt es aber keinen wirklichen Engpass, und man sollte in diesem Bereich die Probleme ein Stück weit auf sich zukommen lassen. Nun kommt wieder die Vorsorge ins Spiel und die Grenze, ab der sie irrational wird und die Kosten den Nutzen überwiegen. Man sorgt sich um ungelegte Eier und investiert in Technik, die man vielleicht überhaupt nicht braucht. Erdöl wird sicher nie ganz knapp werden, aber wohl irgendwann so teuer, dass man es sich nicht mehr leisten kann; bis dahin wird man sicher Alternativen haben. Vor Jahren sagte der damalige saudi-arabische Ölminister, Scheich Yamani, das Ölzeitalter werde nicht wegen einer echten Ölknappheit zu Ende gehen, ebenso, wie die Steinzeit nicht aufgrund einer Knappheit an Steinen endete.

Media-Mania.de: Im Folgenden nenne ich mehrere Einwände, die den „Klimaskeptikern“ häufig entgegengebracht werden. Bitte nehmen Sie dazu Stellung.

Erstens: Die „Klimaskeptiker“ werden von Lobbys aus der Erdöl-, Braunkohle- und Atomindustrie gesponsert und sind deshalb alles andere als unparteiisch.

Edgar L. Gärtner: Das ist sehr leicht zu beantworten. Heute hat man es bei der offiziellen Klimatheorie längst mit einer Art Staatsreligion zu tun, es gibt zurzeit weltweit keinen einzigen Konzern, der bereit wäre, auch nur einen Euro locker zu machen für die Position der Klimaskeptiker. Vor einem Monat war ich in New York auf einer großen Konferenz von „Skeptikern“, die von einem reichen Privatmann finanziert wurde, der zwar sicher sein Geld irgendwo in der Wirtschaft gemacht hat, aber es steckte keine Firma, kein Konzern dahinter. Es war eine Ausnahme, fast ein Zufall, dass sich jemand fand, der das finanziert hat. Keine Firma macht das heute mehr, nicht mal Exxon, die immer im Verdacht standen, so was zu machen. Aber das ist nun schon länger her.

Media-Mania.de: Und die Atomindustrie auch nicht?

Edgar L. Gärtner: Bei der Atomindustrie ist es etwas komplizierter. In der Vergangenheit hat sicher mancher von ihr profitiert. In der deutschen Atomindustrie gab es Leute, die fleißig mitgeholfen haben, die Klimahysterie zu schüren, weil sie dachten, auf diesem Umweg die Atomenergie praktisch wieder geschäftsfähig zu machen. Dieses Kalkül ist bislang nicht aufgegangen, aber da ist sicher einiges gelaufen.

Media-Mania.de: In letzter Zeit hat die Anzahl „klimaskeptischer“ Veröffentlichungen etwas zugenommen, sodass der Eindruck entstehen könnte, es fände tatsächlich eine Auseinandersetzung über das Thema „Klimaschutz und –wandel“ statt. In Wirklichkeit legen aber nur ein paar vereinzelte Personen ihre provokativen Thesen dar, denen Tausende renommierter Wissenschaftler gegenüberstehen.

Edgar L. Gärtner: Klar, auf dem deutschen Buchmarkt gibt es zurzeit mehr „skeptische“ Bücher, glaube ich, als „fromme“, möglicherweise sogar bezüglich der Verkaufszahlen, aber die aktuellen Zahlen kenne ich nicht. Die Diskussion ist nicht abgeschlossen. Gerade wird im Europaparlament eine Resolution diskutiert, in der gleich zu Anfang steht, dass die Klimafrage wissenschaftlich abgeschlossen sei. Also besteht kein weiterer Forschungsbedarf mehr, alles ist klar, das ist die offizielle Version. Die findet man natürlich nicht so häufig in Büchern, denn ein Wissenschaftsjournalist, der seine Aufgabe ernst nimmt, kann so etwas gar nicht schreiben: Eine Wissenschaft ist nie abgeschlossen. Wissenschaften und ihre Aussagen sind immer vorläufig, es kommt immer jemand, der etwas besser weiß, und selbst bewährte Theorien werden irgendwann relativiert, wie zum Beispiel Newton durch Einstein. Natürlich wirft man Newton nicht zum alten Eisen, weil Einstein gekommen ist, aber er wurde eben relativiert. Und so ist es immer in der Wissenschaft – jemanden, der behauptet, es bestünde kein Forschungsbedarf, den kann man nicht ernst nehmen.

Es gibt auch immer mehr Forschungsergebnisse, die nicht in das bisherige Bild passen. Um ein Beispiel zu nennen: Die Klimamodelle gehen ja davon aus, dass der Erwärmungseffekt nicht allein vom CO2 ausgeht – 0, 038 % Anteil in der Atmosphäre können das nicht bewirken -, sondern dass es ein positives Feedback gibt zwischen CO2 und Wasserdampf, denn es ist viel mehr Wasserdampf da, und er ist viel wichtiger für die Temperaturentwicklung in der Atmosphäre.

Nun gibt es Satellitenmessungen – keine Modelle, Messungen! -, die nach Ansicht von Roy Spencer von der University of Alabama zeigen, dass Wasserdampf hauptsächlich ein negatives Feedback erzeugt, das heißt, wenn die Luft wärmer wird, wird sie auch feuchter; das tritt vor allem in den Tropen auf. Dort kann man die Satelliten auch sehr einfach auf einer stationären Umlaufbahn halten. Wenn es wärmer wird, gibt es mehr Wasserdampf in der Atmosphäre, mehr Wolken und mehr Niederschläge. Es existiert ein enger Zusammenhang zwischen Temperatur und Niederschlägen, und man kann sagen, dass diese Gase mehr wie ein Thermostat als wie ein Treibhaus wirken, das sich immer mehr aufheizt. Ich nenne sie gar nicht mehr Treibhausgase, sondern bezeichne das als messbaren „Thermostateffekt“.

Man kennt die Klimahistorie inzwischen ganz gut und weiß, dass Afrika immer von wärmeren Phasen der Klimageschichte profitiert hat. Nach der letzten Eiszeit gab es ja eine Warmzeit, ein so genanntes Klimaoptimum, da war die Sahara extrem zusammengeschrumpft und regelrecht grün geworden. Die Ausdehnung des Tschadsees ist aufgrund von Ablagerungen bekannt – dazu braucht man keine Computer, das kann man mit bloßem Auge sehen. Der Tschadsee hatte seine größte Ausdehnung, wenn es auf der Erde wärmer war, und ist geschrumpft, wenn es kühler wurde. Insofern ist die Erwärmung für Afrika eine gute Nachricht, und wenn sich die Erde in den kommenden Jahrzehnten wieder abkühlen sollte, wie manche befürchten, würde sich das auf ganz Afrika negativ auswirken. Eine Erwärmung wäre also durchaus wünschenswert, und man müsste und sollte keine Milliarden investieren, um sie zu bekämpfen. Heute [04.04.08, Anm. Media-Mania.de] konnte man in der FAZ nachlesen, dass in der Zeitschrift „Nature“ führende Leute des IPCC wie Tom Wigley und Roger Pielke jr. darauf hingewiesen haben, dass alles, was man jetzt für den Klimaschutz tut, nichts nützen wird. Die ziehen allerdings daraus den Schluss, Nullemission zu fordern. Ich hingegen würde daraus schließen: Wenn das, was man jetzt tun will, nichts nützt, verzichtet man darauf und lässt den Dingen ihren Lauf. Wir würden ja auch gerne Erdbeben verhindern, können es aber einfach nicht.

Media-Mania.de: Die „Klimaskeptiker“ werfen den Mitgliedern des IPCC oft eine unwissenschaftliche Vorgehensweise vor. Doch bei diesen handelt es sich um qualifizierte Wissenschaftler. Sonst wären sie sicher auch gar nicht in dieses Gremium gelangt.

Edgar L. Gärtner: Das IPCC ist ein Gremium aus zweieinhalbtausend Leuten, und von diesen zweieinhalbtausend sind, glaube ich, nur etwas über hundert wirklich aktive Forscher. Die meisten Mitglieder würde ich als Klimafunktionäre bezeichnen; sie werden von ihren jeweiligen Regierungen entsandt. Die meisten der knapp zweihundert UNO-Mitgliedsstaaten haben Funktionäre in dieses Gremium entsandt, aber viele dieser Staaten, darunter kleine Inselstaaten, betreiben keine eigene Klimaforschung, die haben kein einziges Institut.

Die aktiven Forscher sind also in der Minderheit, und auch sie werden entsandt und kommen nicht über ein Qualifizierungsverfahren in das Gremium. Zudem weiß man, dass einige sehr gute Forscher nicht im IPCC sind, und es gibt auch einige, die das Gremium auf eigenen Wunsch in den letzten Jahren wieder verlassen haben, weil das Verfahren ihnen zu undurchsichtig erschien, und sie falsch zitiert wurden.

Man muss auch erwähnen, dass die IPCC-Reports von zwei Handvoll Leuten geschrieben werden. Wie gesagt, es handelt sich um Klimafunktionäre oder Klimadiplomaten, aus Deutschland etwa werden Leute aus den zuständigen Ministerien entsandt. Obwohl sie ein Studium und eine Qualifikation vorweisen können, sind sie keine Forscher, sondern Diplomaten. Und die diskutieren dann das Summary for Policy Makers, den einzigen Teil der Reports, der eventuell noch gelesen wird. Da wird jedes Wort von dem ganzen Gremium diskutiert, man einigt sich auf den kleinsten gemeinsamen Nenner und kommt dann oft zu nichts sagenden Aussagen, weil eben im Endeffekt alle zustimmen müssen. Ich will damit nichts gegen die UNO sagen, das ist ein anderes Problem.

Auch Leute wie Tom Wigley, die wirklich unmittelbar involviert sind, haben offen gesagt: „Wir waren nicht ehrlich.“ So wie jetzt in „Nature“, wo er meint, die Aussagen über die Gegenmaßnahmen seien nicht gedeckt vom Forschungsstand, und die Gegenmaßnahmen nützten nichts. Wenn das stimmt, wenn die Modelle, auf die sich das IPCC stützt und die ja übrigens eine große Spannbreite haben (interessanterweise sagt keines dieser Modelle eine Abkühlung voraus, was ja statistisch zu erwarten wäre), dann ist die neueste Erkenntnis die, dass die Erwärmung unvermeidlich ist, und dann hat es auch keinen Sinn, Milliarden für ihre Bekämpfung auszugeben.

Ich persönlich halte mich meistens den ganzen Sommer über am Mittelmeer auf und könnte mit einer mäßigen Erwärmung gut leben; es gibt auch Studien, die besagen, dass eine solche Erwärmung den Menschen zuträglich wäre: Man hätte weniger Erkältungskrankheiten – es gibt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen kalten Wintern und Erkältungshäufigkeit, in kalten Wintern sterben auch viel mehr Leute. Nicht zufällig ist die Lebenserwartung in Südfrankreich um einige Jahre höher als in Nordfrankreich. Der Wirtschaft ginge es insgesamt besser, der Landwirtschaft sowieso. Das wäre günstig für die Ernährungssituation, denn man könnte die Landwirtschaft bis ins nördlichere Sibirien ausdehnen. Wie schon erwähnt, wäre für Afrika die Erwärmung ein Segen, weil es dort in wärmeren Zeiten mehr regnet. Daraus ergäbe sich also wohl kein Problem.

Es gibt eine enge Korrelation zwischen Temperatur und Sonnenaktivität. Ich bin zwar kein Spezialist dafür, aber die Korrelation ist eindeutig …

Media-Mania.de: So viel ich weiß, stimmt sie für die letzten Jahre aber nicht mehr.

Edgar L. Gärtner: Doch, in der Diskussion waren einige Leute wie Prof. Rahmstorf vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK) etwas voreilig, denn der Sonnenzyklus hat sich zwar schon eine Weile abgeschwächt, richtig, das läuft auseinander, aber man muss annehmen, dass es da eine Zeitverzögerung gibt. Das ist auch einsichtig, denn die Erde absorbiert den größten Teil der Sonnenenergie über die Meere, also über warmes Wasser. Der Löwenanteil der Sonnenstrahlen besteht ja aus Infrarotstrahlen, es sind also schon Wärmestrahlen, die ankommen. Und diese heizen die riesigen Ozeane auf. Wasser hat eine große thermische Trägheit, von der wir auch profitieren. Sonst würde es im Winter ja viel kälter. Manche Leute rechnen daher mit einer Verzögerung von zehn Jahren. Und dann wäre das stimmig, denn, wie schon erwähnt, haben sich die Ozeane in den letzten Jahren nicht mehr erwärmt.

Media-Mania.de: Ich komme kurz auf die Forscher zurück. Sie sagen, es gebe im IPCC sehr wenige Forscher – muss man denn dort nicht vor allem Leute haben, die weniger an vorderster Front forschen, sondern eher Forschungsergebnisse kompetent zusammenführen und interpretieren?

Edgar L. Gärtner: Als Wissenschaftsjournalist habe ich mich natürlich mit der Aggregierung von Wissen befasst, denn die meisten Forscher sind ja, wie man abwertend sagt, Fachidioten, weil man Hochleistungsforschung natürlich nur auf einem sehr engen Gebiet machen kann. Ein Generalist kann keine wirkliche Forschung betreiben. Wer an vorderster Front forscht, ist also stark spezialisiert und hat nicht mehr die Übersicht. Man muss irgendwelche Mechanismen finden, die diese Aggregierung leisten, das ist richtig, und das gilt auch nicht nur für die Wissenschaft. Es gibt ein Buch von James Surowiecki, „Die Weisheit der Vielen“, und das bezieht sich zum Beispiel auch auf die Wirtschaft. Der Autor leitet darin viele sauber aufgelistete Erkenntnisse ab, und er sagt sinngemäß: „Wenn man erreichen will, dass ein Kollektiv schlauer ist als ein Einzelner, muss gewährleistet sein, dass die Einzelnen, die ihre Meinungen kundtun, voneinander unabhängig sind.“ Das ist ja auch der Grund, weshalb man in Wahlkabinen und nicht öffentlich wählen lässt.

Eine andere Bedingung ist, dass es in der Aggregierung eine Art Marktmechanismus gibt, eine Art Wissensmarkt, ein Wechselspiel von Angebot und Nachfrage mit einer gewissen Auslese. Wenn man das IPCC sieht, beobachtet man, dass diese Voraussetzungen nicht gegeben sind, denn die Mitglieder des IPCC sind nicht voneinander unabhängig. Deren Karriere hängt extrem davon ab, was andere über sie denken, weshalb sie sich oft gar nicht leisten können, ihre Gedanken offen auszusprechen. Was eben auch dazu führt, dass eine Reihe von bekannten „Skeptikern“ alte Leute sind, denn die konnten ihren Mund erst aufmachen, als sie pensioniert wurden. Ein aktuelles Beispiel ist ein führender französischer Physiker, der vor kurzem pensioniert wurde und nun unter dem Pseudonym Jean Martin den Blog „Pensée unique“ betreibt. Er möchte seine Identität nicht preisgeben, um die Mitarbeiter des Instituts, das er geleitet hat, nicht in Schwierigkeiten zu bringen.

Die Gegenseite sagt: „Das sind alte Knacker, die haben nicht mehr die Kurve gekriegt, sind verkalkt“ und so weiter. Ich sehe das eher positiv, weil diese Menschen unabhängig sind, keine Karriereperspektiven mehr haben und deshalb sagen können, was sie wirklich denken und aufgrund ihrer reichen Erfahrungen einiges besser einschätzen können als junge Leute, die neu in der Materie sind.

Man muss ja auch erwähnen, dass Klimaforscher nicht unbedingt Spezialisten sind, viele von ihnen kennen sich besser mit Computern aus als mit dem realen Wetter. In meinem Studium habe ich selbst Bioklimatologie betrieben: Wir haben anhand von Zeigerpflanzen Klimazonen festgelegt; anhand des Jahresgangs der Temperatur und der Niederschläge kann man eigentlich alles einteilen, und dann nimmt man Pflanzen, vorzugsweise Bäume, und kann damit Klimazonen auf den Kilometer, teils Meter, festlegen. Da habe ich also aktiv mitgearbeitet. Viele von den Leuten, die Modelle bauen, kennen das gar nicht. Die haben Mathematik oder Physik studiert und waren wahrscheinlich auch ganz gute Studenten, wissen aber zu wenig über das Klima.

Media-Mania.de: Es müssten also zum Beispiel mehr Meteorologen im IPCC sein.

Edgar L. Gärtner: Ja, es sind erstaunlich wenige Meteorologen dabei. Als Beispiel: Stefan Rahmstorf ist theoretischer Physiker und hatte ein Thema, das in Richtung Einstein ging. Damit hat er sich wohl nur geringe Karrierechancen ausgerechnet und sich noch im Rahmen seines Studiums umorientiert. Aber er hat nicht Meteorologie oder Klimatologie studiert.

Media-Mania.de: Haben Sie ein weiteres Buch in Planung oder in Arbeit, und wenn ja, worum wird es darin gehen?

Edgar L. Gärtner: Ich beschäftige mich sehr stark mit dem Problem des gesunden Menschenverstandes, was schon mit der Frage beginnt, ob es so etwas überhaupt gibt, denn manche streiten das ab. Ich habe im Moment nicht vor, darüber ein Buch zu schreiben, aber später vielleicht schon. Das ist auch ein sehr politisches Thema. Natürlich wird es auch ein paar Aspekte aus der Hirnforschung geben, weil sich da zurzeit viel tut, aber das wäre nicht die Hauptsache. Ich bin da sehr stark beeinflusst von der Philosophin Hannah Arendt. Es gibt nicht viele Philosophen, die über den gesunden Menschenverstand geschrieben haben. Dieses Projekt ist jedoch noch nicht so konkret.

Ich möchte aber gerne vorher ein Büchlein schreiben zum Thema „Achtung! Das funktioniert!“, ausgehend von der Beobachtung, dass heute etwas, das funktioniert, schon fast verdächtig wirkt. Die Leute sehnen sich ständig nach Dingen, die nicht funktionieren können. Ich möchte eine Art Lexikon machen – alphabetisch, nicht so verschachtelt, etwas leichter. Über mein Buch [„Öko-Nihilismus“, Anm. Media-Mania.de] haben viele Leute gesagt, es sei gut, aber nicht so leicht zu lesen, man brauche viel Zeit. Es ist in der Tat etwas dicht geschrieben, aber der Umfang war vom Verlag vorgegeben. Und da möchte ich nun etwas leichtere Kost bieten, ein Lexikon also, sozusagen Kraut und Rüben, Technik, aber auch Politik und Aspekte aus dem normalen Leben bis hin zur Religion, denn dort gibt es ja auch Dinge, die funktionieren.

Media-Mania.de: Ich bedanke mich für das Interview und wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg bei Ihrer Arbeit.

Edgar L. Gärtner: Danke.

(Dieses Interview wurde von Regina Károlyi am 04.04.2008 2008 in Frankfurt/Main geführt.)

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Besprechungen

Media-Mania, 15. Februar 2008

Wenn ein ausgebildeter und versierter Ökologe die gängige Politik im Namen der Ökologie scharf angreift, so mag das auf den ersten Blick verwundern. Traut man sich, ein Buch zu lesen, das sich massiv gegen den “Mainstream“ der Publikationen zum Thema Klima- und Umweltschutz wendet, dann wundert man sich anschließend eher darüber, dass sich nicht mehr Fachkundige wie Edgar L. Gärtner kritisch bezüglich der aktuellen Politik und Stimmungsmache äußern.

Denn, so vermag der Autor schlüssig und unkompliziert nachzuweisen, die Klimadebatte und die damit verbundenen Restriktionen für den Einzelnen beruhen größtenteils nicht auf Daten, die mittels naturwissenschaftlicher, eindeutiger Methoden gewonnen wurden, sondern auf Computersimulationen, die auch heute noch extrem fehlerbehaftet sind und sich an Größen orientieren, die nach dem aktuellen Wissensstand so nicht stimmen und im Grunde jedes gewünschte Ergebnis liefern können.

Schritt für Schritt analysiert Edgar L. Gärtner die Umweltschutzpolitik der letzten Jahrzehnte. Er zeigt, dass Nachhaltigkeit, von der Idee her durchaus klug, in der von Politikern propagierten Form nur zu Verarmung eines Großteils der Bevölkerung und zu einem wirtschaftlichen Rückschritt führen kann. Vor allem geht es ihm darum, deutlich zu machen, dass die von oben verordnete und logisch nicht nachvollziehbare Klimaschutzpolitik auf einen massiven Verlust des Einzelnen an Freiheit, einem demokratischen Grundrecht, abzielt. Dazu gehören nicht einmal so sehr die Versuche, die Mobilität des Bürgers durch unmäßiges Verteuern und Verleiden des Autofahrens einzuschränken, sondern sondern durch regelrechte Planwirtschaft (beispielsweise Reduktion eines erheblichen Teils der Kohlendioxidemissionen in kürzester Zeit, obwohl mittlerweile vieles gegen das Kohlendioxid als wesentlicher Faktor im Klimageschehen spricht). Politiker versuchen, ein neues, die Bevölkerung in ihrer Angst einigendes Feindbild zu kreieren, das Kohlendioxid, nachdem der alte Feind “Kommunismus“ mit dem Ende des Kalten Kriegs abhanden gekommen ist.

Die Ökologie hat sich dem Autor und seinen Argumenten zufolge zum Ökologismus gewandelt, einer Religion oder einem Religionsersatz zur Erzeugung eines schlechten Gewissens und eines Heilsgedankens; diese Religion hält sich allerdings für die allein verbindliche und stellt somit unser Recht auf Religionsfreiheit infrage.

Gärtner spürt vielen Aspekten des Ökologismus seit seinen Anfängen nach, die etwa bei Rousseau anzusiedeln sind: dem Nachhaltigkeitsgedanken, dem “Vorsorgeprinzip“, das vor lauter Sorge um die Zukunft die Gegenwart brachliegen lässt, und dem eigenartigen Demokratieverständnis der Anhänger des Ökologismus.

Wer sich ausschließlich an den Massenmedien orientiert, ohne den gesunden Menschenverstand einzusetzen, wird diesem Buch wenig abgewinnen können, denn es fordert den berühmt-berüchtigten “Common Sense“ ein und dazu den Willen, sich auf naturwissenschaftliche Zusammenhänge einzulassen und anzuerkennen, dass es keineswegs die viel propagierte Übereinstimmung unter den so genannten Klimaforschern gibt, sondern vor allem eine Jagd nach ziemlich willkürlich verteilten Fördergeldern. Warum sonst würden Klimaforscher, lange Zeit dem “Mainstream“ angehörig, nach ihrer Pensionierung plötzlich gegen diesen angehen?

Der Autor als Naturwissenschaftler kritisiert nicht zu Unrecht, dass in den zum Klimaschutz berufenen Gremien hauptsächlich Computerspezialisten sitzen, nicht jedoch, wie anzunehmen, Naturwissenschaftler, vor allem auch Geologen und Astronomen. Angesichts dieser Tatsachen fällt es Gärtner leicht, Aussagen nicht nur des “Club of Rome“ in den 70er-Jahren des letzten Jahrhunderts, sondern auch aus populärwissenschaftlichen oder Fachartikeln zum Thema ad absurdum zu führen.

Gärtner untersucht die Ursachen des aktuellen Verlustes an Freiheit (Meinungsfreiheit eingeschlossen, denn wer sich kritisch-fundiert zur politisch motivierten Ökologie äußert, muss, wie auch die Rezensentin weiß, ein starkes Rückgrat haben), der von einem nicht geringen Teil der Bevölkerung schweigend mitgetragen wird, und damit einhergehende Phänomene auf ihre Relevanz für die künftige Wirtschaft.

Dass sich im Sinne der Unterbindung der Freiheit abseits der öffentlich zugänglichen Räume einiges tut, ist unbestritten, und der liberale Autor zeigt zudem auf, wie die zunehmende Freiheitsbeschneidung sich gerade auf die abhängig Beschäftigten auswirkt. Denn jeder einzelne Mitarbeiter sollte, meint Gärtner, seinen Grundrechten entsprechend, seine Zukunft und die seiner Kinder und Enkel weitestgehend selbst gestalten dürfen, was schon allein aufgrund der exorbitanten Einkommensbesteuerung zunehmend schlechter möglich ist.

Kaum ein Aspekt zum Thema, den Gärtner sich nicht vornimmt, und die Parteienlandschaft kommt durch die Bank schlecht weg. Ob sich der Leser nun über den wirklich notwendigen Umweltschutz oder den Sinn und Nutzen einer Gelben Tonne informiert, der Autor argumentiert immer logisch. Allerdings setzt er gelegentlich mehr angelesenes oder an der Hochschule erworbenes Sachwissen voraus, als der Leser unter Umständen mitbringt, und sein Stil wirkt streckenweise zu gedrängt. Er zeigt jedoch schonungslos auf, woran etliche Menschen heute auf Kosten der Mehrheit verdienen, und gibt allen anderen die Chance, dies zu unterbinden. Man muss nicht unbedingt in jedem Detail mit Gärtner übereinstimmen, sollte aber im Sinne einer differenzierten Meinungsbildung Bücher wie dieses gelesen haben.

Regina Károlyi, Media-Mania.de

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Eine philosophische Abrechnung mit der Politischen Ökologie

von Dr. Gerhard Voss

Einen nicht ganz einfachen Lesestoff präsentiert der studierte Hydrobiologe und Umweltjournalist Edgar L. Gärtner mit seinem fast 300 Seiten umfassenden Buch über die Hintergründe der weltweiten umwelt- und klimapolitischen Entwicklungen. Als früherer Akteur der „grünen“ Bewegung gehört Gärtner heute zu den selteneren kritischen Geistern in der Umweltdiskussion. Sein Buch ist deshalb auch nicht nur eine distanzierte Würdigung aktueller umweltpolitischer Daten und Fakten, sondern mehr eine engagierte, mit vielen historischen Bezügen und philosophischen Argumenten gespickte Abrechnung mit der politischen Ökologie.

In einer Gesellschaft, die gerade auch in der Umwelt- und Klimapolitik auf political correctness Wert legt, wirkt schon der Titel des Buches provozierend. Um die Studie richtig einordnen zu können, muss man sich unvoreingenommen auf die Suche nach dem Wertegerüst begeben, von dem aus der Autor die politischen Entwicklungen beurteilt. So lässt er gleich zu Beginn in einer persönlichen Vorbemerkung den Leser wissen, dass er sich politisch bei den “Radikal-Liberalen“ oder “Libertären“ und „Konservativen mit mehr oder weniger engen religiösen Bindungen“ verortet. Unmissverständlicher könnte seine Positionsbestimmung auch lauten: Liberal mit religiösen Bindungen. Märkte sind für ihn nicht von sich aus frei, sondern bedürfen „der politischen Gestaltung einer universal-moralisch begründeten Rahmenordnung“ (S. 230). Dabei beruft Gärtner sich auch auf Friedrich August von Hayek, der wiederholt auf Bezüge zwischen Marktwirtschaft und christlicher Religion hingewiesen hat.

Wichtig für den Standpunkt des Autors ist aber auch seine Definition von Nihilismus, die im ersten Kapitel auf Seite 22 erfolgt. Nihilist sein bedeutet nicht, an nichts zu glauben, sondern nicht zu glauben an das, was ist. Der Realitätsverlust so mancher Politiker ist ein Symptom dieser Haltung. Am Schluss des Buches, im Abschnitt „Ein amerikanischer Traum von Europa“, wird Gärtners Weltsicht nochmals komprimiert beschrieben: Das Argumentationsmuster, mit dem Albert Camus seinerzeit totalitäre und nihilistische Entwicklungen im 20. Jahrhundert gegeißelt hat, bildet den anspruchsvollen politischen, philosophischen und letztlich auch religiösen Hintergrund des Buches. Öko-Nihilismus steht bei Gärtner für Verachtung der „unveränderlichen menschlichen Natur“, für „Ersatz individueller Freiheitsrechte durch Wertekataloge, die Gesinnungsterror rechtfertigen“ wollen. In diesen Kontext ist auch der „gesunde Menschenverstand“ einzuordnen, dem der Autor mit Verweis auf das Subsidiaritätsprinzip der katholischen Soziallehre sozusagen die Rolle eines generellen Problemlösers zuweist.

Vor dem Hintergrund des beschriebenen Wertegerüstes entwickelt der Autor seine harsche Kritik am Wohlfahrtsstaat und an der politischen Ökologie, wie sie sich in den letzten Jahrzehnten entwickelt haben. Aufgrund seiner intimen Kenntnisse über die Entwicklung der Umweltbewegung in Deutschland werden die verschiedensten polit-ökologischen Strömungen sowie umweltpolitische Aktionsprogramme und Maßnahmen unter die Lupe genommen. Kritik wird vor allem am Vorsorgeprinzip geübt. Wie in der Sozialpolitik des Wohlfahrtsstaates würden auch in der Umweltpolitik mit diesem Prinzip Maßnahmen, Programme, Gesetze und Verordnungen begründet, die dem Einzelnen die Luft zum Atmen rauben würden. Die Wurzeln dieser Entwicklung liegen nach Ansicht des Autors bei dem heute dominierenden „jakobinschen“ Primat der Politik, „bei dem das Recht auf Freiheit hinter das Recht auf Existenz durch staatliche Fürsorge zurücktritt“ (S. 173). Nicht zuletzt auch die Programme und Pläne für eine nachhaltige Entwicklung hätten nichts anderes zum Inhalt, als dass sie die Menschen zu ihrem Glück zwingen wollten. Nachhaltigkeit ist für Edgar Gärtner, so wie es auch die Enquete-Kommission des Bundestages „Schutz des Menschen und der Umwelt“ formuliert hat, kein planbarer, wissenschaftlich begründbarer Zustand, sondern eine „regulative Idee“ im Sinne Kants, „ein offenes erkenntnistheoretisches Konstrukt, das dem menschlichen Verstand bei Such- und Lernprozessen die Richtung weist“ (S.193).

Allerdings ist auch der Autor selbst nicht gefeit vor Polemik und überzogenen Positionen. Das ist beispielsweise bei den an vielen Stellen des Buches fast ideologisch anmutenden Ausführungen zu den klimapolitischen Zusammenhängen der Fall. Die Einordnung von Theorien über eine drohende Klimakatastrophe – so fragwürdig sie auch sein mögen – als „von selbsternannten Hohepriestern frei erfunden“ (S. 243), überschreitet nicht nur das Gebot der political correctness, sondern schneidet auch den Weg ab für eine bessere politische Bewertung von Erkenntnissen der Klimaforschung. Insgesamt fehlt die konstruktive Würdigung der Existenz globaler politischer Gestaltungsaufgaben, gerade auch in der Umwelt- und Klimapolitik. Auch so mancher vernünftige Ansatz in der Wirtschaft und Gesellschaft für den Umwelt- und Klimaschutz sowie die internationale Zusammenarbeit gehen im Kritikhagel des Autors unter. Zudem erscheint die Beschreibung der Umwelt- und Klimapolitik als ein Werkzeug der Kalten Krieger sehr eigenwillig. Auch so manche Problemgewichtung und Kritik ist unverhältnismäßig. Es wird mit Kanonen auf Spatzen geschossen. So wird beispielsweise die Agenda 21 sehr einseitig ausgelegt und in ihrer Bedeutung weit überschätzt. Das gilt auch für den Emissionshandel. Für den im Umwelt- und Klimaschutz engagierten Bürger, Wissenschaftler und Politiker bietet das Buch dann auch für den Alltag nur begrenzte Hilfestellungen. Aber es provoziert und zwingt den Leser zur Überprüfung seiner eigenen Position oder Vorurteile.

Unabhängig von seiner umwelt- und klimapolitischen Einordnung ist das Buch aber ein eindrucksvolles Plädoyer für eine freiheitliche Wirtschaft und Gesellschaft, die nicht einfach dem Laissez-faire frönt, sondern in der die individuelle Freiheit und Verantwortung des Einzelnen in den Vordergrund gestellt wird. Lesenswert ist das Buch vor allem auch deswegen, weil das Plädoyer für die Freiheit mit vielen originellen historischen Bezügen und philosophischen Darstellungen verknüpft wird. Dabei erfolgt auch eine lehrreiche, zum Teil recht eigenwillige Auseinadersetzung mit einschlägigen Philosophen, Soziologen, Historikern und politischen Strömungen.

Dr. Gerhard Voss

Langjähriger Leiter der Forschungsstelle Ökonomie/Ökologie im IW Institut der deutschen Wirtschaft, Köln

(erschienen in: Zeitschrift für Umweltpolitik & Umweltrecht (ZfU), Nr. 4/2008)

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DIE WELT vom 1. September 2007

Buchtipp

Jungks Atomstaat geht, Gabriels Karbonstaat kommt

Von Ulli Kulke 1. September 2007, 13:00 Uhr

Edgar L. Gärtner plädiert dafür, in der Klimadebatte einen kühlen Kopf zu bewahren. Nicht der Islamismus ist für den Autoren der Nachfolger des Kommunismus als Gefahr für den Westen, sondern der ökologische Totalitarismus. Die Naturwissenschaft wird zur Umweltwissenschaft.

Öko-Nihilismus

Im Jahre 1977 veröffentlichte der Sachbuchautor Robert Jungk seinen Klassiker „Der Atomstaat“. Ein düsteres Szenario. Jungk stellte neben die damals um sich greifende Angst vor atomarer Strahlung, vor dem GAU, vor der Jahrtausendlast Atommüll, auch noch die Furcht vor dem totalen Überwachungsstaat. Durch diesen, so lautete die Lesart Jungks, werde die Bundesregierung die nuklearen Risiken der geplanten rund 50 Atomkraftwerke einzudämmen versuchen – mit ungewissem Ausgang, versteht sich.

Jungks Szenario blieb ein Horrorgemälde, der GAU im Lande kam nicht, auch Big Brother war weiterhin Science fiction. Wenn sich heute Totalitäres abzeichnet, so aus einer ganz anderen Richtung, platt gesagt aus der Gegenströmung heraus. Auch wenn es abermals um den Energiebereich im Lande geht, die Grundlage der Volkswirtschaft. Edgar Gärtner warnt in seinem neuen Buch „Öko-Nihilismus“ vor den einschneidenden Konsequenzen, die die aus seiner Sicht mehr als fragwürdig verlaufende, aber dennoch verhängnisvolle Klimadebatte auf unser Leben haben wird.

Gerade auch dieser Tage, lange nach Drucklegung des Buches, wird deutlich, wie einschneidend sich im Zuge des neuen Diskurses die Rolle des Staates in Wirtschaft und Gesellschaft verändern wird. Die mit viel Aplomb und professioneller Medienarbeit im Frühjahr vorgestellten Weltklimaberichte waren da nur der publicityträchtige Überbau, jetzt aber wird es ernst.

Der „Klimacent“ ist in die Debatte geworfen. Auch wenn seine Einführung sogleich dementiert wurde: Die Steuer wird kommen, und sie wird gewaltig ausfallen, schließlich soll die Energie aus dem Markt genommen und in eine staatlich bestallte Branche überführt werden, in dem nicht mehr die 2,5 Cent teure Kilowattstunde aus der Kernkraft dominiert, sondern die viermal so teure aus Wind und Sonne – gespeist aus Steuermitteln. Der Staat wird auch das andere Ende der Stromleitung beherrschen: Niemand soll mehr Strom und Wärme nach Gutdünken ins eigene Haus holen dürfen. Baden-Württemberg macht den Anfang und schreibt vor, welche Aggregate im Keller oder auf dem Dach zu installieren sind. Bundesweit schließlich wird kein Haus mehr privat verkauft werden dürfen, ohne dass es einem staatlichen Klimacheck unterworfen wurde, vom First bis zum Fundament.

Die immer anspruchsvolleren Klimaziele, die sich nicht nur die Bundesregierung, sondern alle Parteien, alle gesellschaftlichen Gruppierungen gesetzt haben, zeigen: Dies ist nur der Anfang. Sehr verhalten nur beginnt es nun den Wirtschaftsverbänden zu dämmern, wohin der mit erneuerbaren Energien getriebene Zug im Lande hinrollt: Werden die Verbände, ja wird die ganze Marktwirtschaft obsolet wie bei der letzten großen Umwälzung der Heizer auf der E-Lok? Wird der unheimliche Lenin wiederauferstehen und seinen alten Spruch „Sozialismus ist Sowjetmacht plus Elektrifizierung“ nun etwas abgewandelt unter die Leute bringen: „Sozialismus ist Grüne Macht plus Solarstrom?“

Kein Zufall ist es jedenfalls: Die Energiewirtschaft, die Schlüsselbranche, scheint nur allzu verlockend zu sein als Hebel für politische Umbrüche, ob gewaltsam oder auf leisen Sohlen. Sie ist gut