Ein Naturkenner aus dem Osten legt sich mit den Neodarwinisten an.
Edgar L. Gärtner
Das Leben kann kein ständiger Kampf um die Vorherrschaft des oder der Stärkeren sein. Schon eine oberflächliche Betrachtung des Pflanzen- oder Tierreiches legt eine andere Sicht der Dinge nahe. Es gibt neben der Konkurrenz um knappe Ressourcen zahllose Beispiele von Kooperation und von symbiotischen Beziehungen zwischen nicht verwandten Organismen zum gegenseitigen Vorteil. Seit die römisch-katholische Kirche im Zweiten Vatikanischen Konzil vom „Syllabus errorum“ des Papstes Pius IX. (1864) abgerückt ist, gibt es kaum noch jemanden, der die universelle Gültigkeit der Lehre vom „Kampf ums Dasein“ ernsthaft in Zweifel zieht. Der Neodarwinismus und der methodische Atheismus sind zu einer Art Einheitsreligion geworden. Wer davon abweicht, riskiert zumindest das Ende seiner akademischen Karriere, wenn nicht noch Schlimmeres. Nur ein durch Stasi-Machenschaften zum Außenseiter abgestempelter ostdeutscher Naturfreund konnte es wagen, in einem kenntnisreichen Werk die Lehre von Charles Darwin grundlegend zu hinterfragen.
Hier das Buch, von dem ich heute sprechen möchte: Es handelt sich um das dickleibige Werk „Umweltresonanz. Grundzüge einer organismischen Biologie“ von Michael Beleites. Das großformatige Buch von fast 700 Seiten wurde ursprünglich zwar schon im Jahre 2014 in einem kaum bekannten Verlag veröffentlicht, aber im Jahre 2020 von der „Manuscriptum“ Verlagsbuchhandlung neu herausgegeben. Schon vorher hatte die Veröffentlichung dieses Werkes dem Autor massiven Ärger eingebracht, obwohl er heikle religiöse Fragen gar nicht angeschnitten hat. Der Inhalt des dicken Buches lässt sich folgendermaßen resümieren: Nicht Kampf und Konkurrenz bestimmen die Entwicklung der Arten, wie der im Westen zum Dogma gewordene Neodarwinismus lehrt, sondern der Zugang der Arten zu Umweltinformationen verschiedener Natur. Michael Beleites stellt der etablierten reduktionistischen Biologie eine organismische Biologie gegenüber, die die Funktionen der Organismen auf Systemeigenschaften der Arten und Ökosysteme zurückführt, deren Organe sie sind. Den genetisch-ökologischen Zusammenhang erklärt Beleites aus vier von ihm neu beschriebenen biologischen Perspektiven: genetische Kohäsion, dynamische Erblichkeit, organismische Integration und Umweltresonanz. Weiterlesen