Glaubwürdigkeitskrise der „Qualitätsmedien“

Die GroKo fürchtet eine Querfront gegen die Lügenpresse

Edgar Gärtner

Bild (1)Fast alle überregional bedeutenden deutschen Tageszeitungen und Wochenmagazine, die mit dem Eigenlob „Qualitätsjournalismus“ hausieren gehen, haben in der letzten Zeit Jahr für Jahr Leser im zweistelligen Prozentbereich verloren und mussten Personal abbauen. Die verkaufte Auflage der führenden Tageszeitung Bild sank im IV. Quartal 2015 erstmals unter zwei Millionen.  Unter den angestellten Redakteuren macht sich Unruhe, wenn nicht Panik breit. Als besonders beunruhigend empfinden politische Beobachter die Tatsache, dass zur gleichen Zeit neue Medien wie Online-Magazine und Internet-TV sowie Print-Magazine, die sich bewusst vom politisch-korrekten Mainstream distanzieren, mit verhältnismäßig geringem Aufwand auf eine Reichweite kamen, die der etablierter Medien gleichkamen.
Auch die Verkaufserfolge von Büchern wie „Gekaufte Journalisten“ (2014), „ARD & Co. Wie Medien manipulieren“ (2015), „Die große Volksverarsche“ (2015) oder „Ansichten eines Putinverstehers oder wie uns die Medien manipulieren“ (2016) legen die Vermutung nahe, dass das Misstrauen gegenüber etablierten Medien wie vor allem die über Zwangsbeiträge finanzierten öffentlich-rechtlichen Fernseh-Anstalten die Mitte der Gesellschaft erreicht hat. Das Fass zum Überlaufen brachte in den Augen vieler offenbar das Versagen von ARD und ZDF angesichts der schrecklichen Vorfälle vor dem Kölner Hauptbahnhof in der Silvesternacht 2015/16. Auf einmal wurde vielen klar, dass Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel mit der Öffnung der Staatsgrenze für islamische Invasoren das ganze deutsche Volk ungefragt zum Gegenstand eines gefährlichen Menschenexperiments macht.
Aber schon nach dem Abschuss der malaysischen Boeing MH17 über der Ostukraine im August 2014 schieden sich die Geister. Noch bevor die Trümmer der Maschine aufgesammelt und untersucht worden waren, stand für so gut alle westlichen Nachrichten-Medien fest, dass Wladimir Putin dahintersteckte. In Deutschland titelte Der Spiegel: „Stoppt Putin jetzt!“ Doch in sozialen Netzwerken wie vor allem Facebook überwogen die Zweifel an dieser Schuldzuschreibung. Nicht wenige sahen darin kaum verhohlene Kriegstreiberei. Putin erschien vielen auf einmal als glaubwürdiger als die offenbar gleichgeschalteten westlichen Medien. Dabei blieb offen, ob die verantwortlichen Redakteure von der NATO „gebrieft“ worden waren oder sich in vorauseilendem gehorsam selbst gleichgeschaltet hatten.
Doch die Münchner Medienwissenschaftler Carsten Reinemann und Nayla Fawzi bestreiten, dass es sich bei dieser Vertrauenskrise um etwas Neues handelt. Langzeit-Datenreihen der European-Values-Studie und des Allensbach-Instituts wiesen aus, dass die Medienskeptiker in Deutschland schon seit Jahren leicht in der Überzahl sind. Die „Medienverdrossenheit“ sei also nichts Neues. Allerdings hätten die sozialen Netzwerke im Internet der Medienschelte neue Ausdrucksmöglichkeiten eröffnet. Die Journalisten, wegen der Ausdünnung der Redaktionen ohnehin schon oft überfordert, müssen diesem Druck Rechnung tragen, indem sie nach anfänglichem Zögern am Ende doch, wenn auch oft nur tröpfchenweise der Wahrheit Raum geben. Das zeigte sich besonders deutlich nach den Ereignissen in der Silvesternacht.
Nicht nur in den Redaktionssälen, sondern auch in Bundes- und Länderministerien geht die Angst um, die in Berlin regierende Große Koalition (GroKo) könne wegen des Fehlens einer echten parlamentarischen Opposition selbst zum Geburtshelfer einer „Querfront“, d.h. einer neuen Fundamentalopposition jenseits des traditionellen Gegensatzes zwischen „links“ und „rechts“ werden. Deshalb verfolgen der GroKo nahestehende Publizisten aufmerksam oppositionelle Internet-Plattformen wie die vom alten Sozialdemokraten Albrecht Müller gestalteten „Nachdenkseiten“, das von Ken Jebsen (Moustafa Kashefi) gegründete Internet-TV KenFM, das von Jürgen Elsässer geleitete Magazin Compact oder auch die Publikationen des Kopp-Verlages, um Anhaltspunkte für die Herausbildung einer solchen „Querfront“ auszumachen.
Eine besondere Rolle spielte dabei ein im August 2014 auf der Internet-Plattform der gewerkschaftsnahen Otto-Brenner-Stiftung veröffentlichtes „Arbeitspapier“ des ehemaligen Chefredakteurs der linken Frankfurter Rundschau Dr. Wolfgang Storz. Darin empfiehlt Storz den regierungsnahen Medien, abweichenden Meinungen mehr Raum zu geben, um ein völliges Auseinanderbrechen zwischen dem „offiziellen“ Diskurs und der „Gegenöffentlichkeit“ zu vermeiden. Er vermutet, angesehene bürgerliche Kritiker des Euro-Experiments wie die Professoren Hankel, Schachtschneider und Starbatty seien nur deshalb beim Kopp-Verlag gelandet, weil sie von etablierten Medien abgewiesen worden waren. Ansonsten begnügt sich Storz aber damit zu denunzieren, wer mit welcher von der GroKo für anrüchig erklärten Persönlichkeit zusammenarbeitet.

(zuerst veröffentlicht in: KOPPexklusiv Nr. 13/16)