Zum Weltwassertag: Verkehrte Welt oder falsche Ökologie

Auf der Prioritätenliste der UN steht Wasser weit hinten

Heute am 22. März begeht die UN unter dem Motto „Sauberes Wasser für eine gesunde Welt“ zum 18. Mal den Internationalen Tag des Wassers. UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon ließ es sich nicht nehmen, aus diesem Anlass darauf hinzuweisen, dass sauberes Wasser auf dem „Wasserplaneten“ Erde zu einem knappen Gut geworden ist und infolge des Klimawandels immer knapper wird. In der Tat gehen nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) in den armen Ländern 80 Prozent der Infektionskrankheiten auf verschmutztes Trinkwasser zurück. Jedes Jahr sollen anderthalb Millionen Kinder wegen der Verwendung von kontaminiertem Wasser sterben. Nähme die UN ihren (angeblichen) Auftrag ernst, sich auf die Lösung der dringendsten globalen Probleme zu konzentrieren, dann müsste die Trinkwasserversorgung zweifelsohne auf der Prioritätenliste ganz weit oben stehen.
Doch macht bereits Ban Ki-Moons Hinweis auf den Klimawandel als Ursache der Trinkwasserknappheit hellhörig. Bislang dachte ich immer, die heute meist von Theo- und Kleptokratien erzeugte Armut sei die Hauptursache der buchstäblich zum Himmel stinkenden sanitären Verhältnisse in einem Teil der Welt und habe mit längerfristigen klimatischen Trends und akuten Witterungsunbilden nur in zweiter Linie zu tun. Ich hatte mir deshalb Hoffnungen gemacht, als die Rio+10-Konferenz von Johannesburg Anfang September 2002 die Gewichte verschob: Auf dem ersten Platz der Problemhierarchie stand nun nicht mehr das Thema „Kohlendioxid und Klima“, sondern das Wasser, genauer: die Versorgung der Ärmsten der Welt mit sauberem Trinkwasser und sanitären Mindeststandards. Damit folgte die Konferenz (uneingestanden) den Argumenten von Ökonomen, die gezeigt hatten, dass das dringende Problem, 1,2 Milliarden Menschen Zugang zu sauberem Trinkwasser zu verschaffen, höchstwahrscheinlich mit einem Bruchteil der Summen, die die Umsetzung des Kioto-Protokolls über die CO2-Reduktion kosten würde, zu bewältigen sein würde.
In seinem vor dem Johannesburg-Gipfel erschienen Buch „The Sceptical Environmentalist“ hatte Bjørn Lomborg vorgerechnet, dass die Umsetzung des Kioto-Protokolls bis zu 350 Milliarden Dollar im Jahr kosten wird (siebenmal mehr als die gesamte in offiziellen Statistiken ausgewiesene „Entwicklungshilfe“, was immer auch darunter zu verstehen sein mag), ohne dadurch in den nächsten 50 bis 100 Jahren zu messbaren Ergebnissen gelangen zu können. „Was Kioto in einem einzigen Jahr kostet, würde bequem ausreichen, um das größte Problem aller armen Länder zu lösen: die Versorgung mit sauberem Trinkwasser und sanitären Anlagen“, forderte Lomborg stattdessen.
Doch in den folgenden Jahren folgte die UN leider nicht dem von Lomborg initiierten „Copenhagen Consensus“. Aus durchsichtigen Gründen kümmerten sich Staatsoberhäupter und Diplomaten weit intensiver um das Scheinproblem einer Überhitzung der Erde in den nächsten hundert Jahren als um die akuten Probleme der Trinkwasserhygiene. Dienstbare Forscher halfen ihnen dabei, die Kioto-Nachfolgekonferenz in Kopenhagen zum Ereignis von welthistorischer Tragweite hoch zu stilisieren. Während im Dezember 2009 nicht weniger als 112 Staatschefs samt Tross zum „Klima-Gipfel“ nach Kopenhagen reisten, ließ sich drei Monate zuvor auf einem (allerdings „nur“ regionalen) „Wassergipfel“ in Ankara kein Staatsoberhaupt blicken.
Die Politik bewegt sich heute also buchstäblich in einer „verkehrten Welt“ oder, so der Geochemiker und früheren französische Forschungs- und Erziehungsminister Claude Allègre in seinem neuesten Buch, in einer „falschen Ökologie.“ Nicht von ungefähr warnt Allègre in seinem zum Bestseller gewordenen Buch eindringlich vor der totalitären Logik der falschen Ökologie und ihrer finanzkapitalistischen Profiteure. Denn wer dergestalt mit Fakten umgeht wie die Mitarbeiter des UN Umweltprogramms UNEP und des zwischenstaatlichen Klima-Schiedsgerichts IPCC, dürfte nicht zögern, im Namen des Götzen „natürliches Gleichgewicht“ auch Menschen zu vergewaltigen, wenn nicht Hunger und Seuchen preiszugeben. Wie recht Allègre damit hat, zeigt die programmatische Rede, der deutsche UNEP-Generaldirektor Achim Steiner vor knapp einem Monat auf der Versammlung des UNEP Governing Council in Bali hielt. Völlig ungerührt vom Fiasko des „Klima-Gipfels“ in Kopenhagen, stellte Steiner dort den Weg in die Grüne Welt-Diktatur vor. Man kann allerdings hoffen, dass er dabei die Rechnung ohne den Wirt macht. Denn der Ausgang des Kopenhagen-Gipfels zeigt ja gerade, dass die aufstrebenden „Schwellenländer“ Asiens und Lateinamerikas das Spiel der „Klimaretter“ durchschaut haben. (22. März 2010)

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