Joachim Müller-Jung und die „Verpöbelung des Diskurses“

Von Edgar L. Gärtner
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Wo bleibt momentan der gesunde Menschenverstand?

Joachim Müller-Jung, zuständig für das Ressort „Natur und Wissenschaft“ bei der FAZ, beklagt in der Ausgabe vom 17. August die „gezielte Verunsicherung der Menschen durch Wissenschaftssimulanten“ bei den Themen „Klima“ und „Corona“. Über die sozialen Netzwerke sei die „schlechte Imitation von Fachwissen“ leider wieder gesellschaftsfähig geworden. Als Paradebeispiele für „Pseudoexperten, die pausenlos Unsinn verzapfen“ führt Müller-Jung ausgerechnet den pensionierten Mikrobiologen Prof. Sucharit Bhakdi und den jüdischen Chemie-Nobelpreisträger Michael Levitt an.
Prof. Bhakdi ist in Deutschland bekannt geworden durch das Büchlein „Corona Fehlalarm?“, das er zusammen mit seiner Ehefrau, der Biochemikerin Prof. Karina Reiss, veröffentlicht hat. Dieses gemeinverständlich abgefasste Büchlein hält sich nun schon seit etlichen Wochen auf dem ersten Platz der Sachbuch-Bestseller-Liste des SPIEGEL. Doch geht Müller-Jung mit keinem Wort auf die dort mit eindrucksvollen Kurven belegten Argumente ein. Vielmehr entrüstet er sich darüber, dass Prof. Bhakdi kürzlich in einem inzwischen von YouTube gelöschten Video die nun mancherorts eingeführte Maskenpflicht für Schulkinder als „Kindesmisshandlung“ brandmarkt und darauf hinweist, dass es in Deutschland seit Wochen keine neuen Fälle von Covid-19-Erkrankung mehr gibt. Doch Prof. Bhakdi belegte diese Aussage mit den laufenden Berichten über Lungen-Infektionen, die die die Sentinel-Arztpraxen an das regierungsamtliche Robert-Koch-Institut (RKI) senden. Darin finden sich keine Hinweise auf SARS-CoV-2 mehr, dafür aber immer mehr Hinweise auf Rhinoviren, die offenbar von der Maskenpflicht begünstigt werden. Weiterlesen

Dumme Modellgläubigkeit begründet den Lockdown gegen Covid-19

Wider die Illusion von der Wissensgesellschaft

La Querelle Raoult (Série) : le Covid-19 et l’illusion d’une société de la connaissance 

Von Edgar L. Gärtner
Der bekannte TV-Moderator und Wissenschaftsjournalist Ranga Yogeshwar beklagte sich Anfang Mai 2020 in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ)  mit folgenden Worten über die abnehmende Folgsamkeit der Bevölkerung gegenüber der ihnen vom Staat wegen der Covid-19-Epidemie verordneten Ausgangs- und Kontaktsperre (Lockdown): „Zuerst waren Bürger, Politik und Wissenschaft in der Corona-Krise im Gleichklang. Das ändert sich rapide, und das ist gefährlich.“ Yogeshwar wollte damit wohl sagen, dass die Menschen, von wochenlanger Einschränkung ihrer Freiheitsrechte frustriert und ermüdet, es nun wieder vorzogen, sicheres wissenschaftliches Wissen zu verdrängen, um zum gewohnten Trott ihres Alltagslebens zurückkehren zu können und sich dabei wieder von ihrem eigenen Hausverstand leiten zu lassen. Wie Massendemonstrationen gegen die „Hygiene-Diktatur“ in etlichen deutschen Großstädten zeigen, entwickelte sich bei einem Teil der Bevölkerung Widerstandsgeist. Der Wissenschaftsjournalist sieht seine Aufgabe offenbar darin, das lesende und fernsehende Publikum wieder zum rechten Glauben an die Leistungsfähigkeit der wissenschaftlichen Methode zurückzuführen.

Anmaßung von Wissen
Hinter dieser Einschätzung versteckt sich meines Erachtens aber ein grundsätzlicher Irrtum, der auf der Verwechslung von wissenschaftlichem Wissen und szientistischer Ideologie beruht. Zwar glaubt heute kaum noch jemand, die wissenschaftliche Forschung könne durch zähe Anstrengung irgendwann zum gottgleichen Allwissen beziehungsweise ganzheitlichen Verständnis natürlicher und/oder gesellschaftlicher Prozesse gelangen. Doch vermuten wohl immer noch viel zu viele, man könne sich der Wahrheit zumindest bis auf 90 Prozent annähern. Oft fehlen uns für das umfassende Verständnis komplexer Sachverhalte aber über 90 Prozent der nötigen Informationen. Weiterlesen