Grüner Selbstbetrug

Das Weltbild der Grünen scheint unerschütterlich, zumal es inzwischen von den meisten Deutschen geteilt wird. Zwar erinnern sich die Grünen, seit sie in der Berliner Regierung Bundeswehreinsätze auf dem Balkan und am Hindukusch mitverantworten müssen, nur noch ungern öko-pazifistischer Parolen aus ihren Gründungstagen wie „Frieden schaffen ohne Waffen!“ Doch noch immer eint sie die Vorstellung, nicht durch die Förderung der Glaubensfreiheit und des Freihandels komme man dem Weltfrieden näher, sondern durch den ökologischen Umbau der Wirtschaft in eine „nachhaltige“ Hauswirtschaft.

Grüner Selbstbetrug in der Energiepolitik

Von Edgar Gärtner

Das Weltbild der Grünen scheint unerschütterlich, zumal es inzwischen von den meisten Deutschen geteilt wird. Zwar erinnern sich die Grünen, seit sie in der Berliner Regierung Bundeswehreinsätze auf dem Balkan und am Hindukusch mitverantworten müssen, nur noch ungern öko-pazifistischer Parolen aus ihren Gründungstagen wie „Frieden schaffen ohne Waffen!“ Doch noch immer eint sie die Vorstellung, nicht durch die Förderung der Glaubensfreiheit und des Freihandels komme man dem Weltfrieden näher, sondern durch den ökologischen Umbau der Wirtschaft in eine „nachhaltige“ Hauswirtschaft. Nach dem Motto „Am deutschen Wesen soll die Welt genesen“ empfehlen sie das inzwischen ergrünte Modell des deutschen Korporatismus der ganzen Welt zur Nachahmung.

Unser Globus sei ein geschlossenes System natürlicher Stoffkreisläufe, in das sich die Menschen durch die Drosselung des Einsatzes, wenn nicht durch den völligen Verzicht auf den Verbrauch nicht erneuerbarer fossiler Energieträger und mineralischer Rohstoffe bei Strafe ihres Untergangs im „Klimakollaps“ einfügen müssten, predigen die zeitgenössischen Jünger Kassandras nun seit über 30 Jahren. Das sei auch der einzige Weg zum Weltfrieden, denn Kriege würden hauptsächlich wegen des Streits um knapper werdende Naturgaben wie Wasser und Energie geführt, glauben viele. Dabei ließ bereits der tumultartige Karlsruher Gründungsparteitag der Grünen vor nunmehr 25 Jahren erahnen, dass das ökologistische Weltbild nicht unbedingt den Frieden fördert.

Aber in einem zutiefst verunsicherten, von Ängsten und Selbstzweifeln geplagten Volk finden die wahrlich hausbackenen Vorstellungen von einem statischen Universum immer noch Anklang. Was zählt da schon der Einwand, dass die reale Welt in jeder Hinsicht offen ist und zu (mitunter unangenehmen) Überraschungen neigt, weil sie aus dem Kosmos nicht nur energiereiche Strahlung, sondern auch tonnenweise Materie empfängt und weil ihr flüssiger bis breiiger heißer Kern von einer Kruste umschlossen wird, die nur scheinbar festgefügt ist? Was zählt der Hinweis, die nach oben offene Erdatmosphäre könne sich schwerlich wie ein Treibhaus aufheizen?

Freilich sind die Grünen inzwischen auf etlichen Gebieten der Politik in der Realität angekommen. Sie haben gelernt, nicht mehr alles sofort und auf einmal zu fordern. Viele von ihnen haben mit der einst verteufelten Chlorchemie, mit PVC-Kunststoff und mit der Müllverbrennung ihren Frieden gemacht. Doch in der Energie- und Klimapolitik ziehen es die meisten vor, an den Mythen ihrer Gründertage festzuhalten. Dazu gehört der Glaube, durch eine Drosselung des globalen Kohlenstoffkreislaufs mithilfe des verstärkten Einsatzes kohlenstofffreier Energiequellen wie Wasserturbinen und Windrädern die globale Erwärmung aufhalten zu können. Der „Klimaschutz“ (es geht dabei eigentlich um den aberwitzigen Versuch, ein statistisches Konstrukt, die Durchschnittstemperatur über den Landmassen der Erde, zu stabilisieren) gilt als das absolut Gute, bei dem sich eine nüchterne Kosten-Nutzen-Abwägung verbietet.

Ohnehin erscheint es in einem Land, in dem, von vielen bejubelt, der Begriff „Humankapital“ zum Unwort des Jahres erklärt wurde, als unanständig, nach der wirtschaftlichen Machbarkeit von etwas gut Gemeintem zu fragen. So konnte die rot-grüne Regierung den Deutschen auch ungestraft verschweigen, warum die USA das Kioto-Protokoll über die Reduktion des Ausstoßes von Kohlendioxid und anderer „Treibhausgase“ nicht ratifizieren wollen, obwohl auch deren Politiker mehrheitlich an die dem Abkommen zugrunde liegende Treibhaus-Hypothese glauben: In dieser Hinsicht völlig unverdächtige linksliberale Ökonomen vom MIT in Boston (William D. Nordhaus und Charles Boyer) hatten überzeugend vorgerechnet, dass die Kosten einer Umsetzung des Kioto-Abkommens mindestens doppelt so hoch wären wie ihr absehbarer Nutzen.

Wer den Schweige-Konsens durchbricht, hat in Deutschland keinen leichten Stand. Das musste der Vorgänger von Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD), der parteilose Werner Müller, erfahren, als er im Jahre 2001 die Kosten der nicht nur von den Grünen geforderten Absenkung der Kohlendioxid-Emissionen um 40 Prozent bis zum Jahre 2020 abschätzen ließ. Herausgekommen waren nicht weniger als 256 Milliarden Euro. Mit diesem Betrag werde in Deutschland eine Emissionsminderung von 400 Millionen Tonnen CO2 erzielt. „Das reicht nicht einmal aus, um den globalen Anstieg der CO2-Emissionen eines einzigen Jahres zu kompensieren“, heißt es in Müllers Energiebericht (S.69) lapidar. Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Die Grünen) setzte viel daran, die Publikation dieses Berichtes zu verhindern. Zumindest erreichte er, dass die Kostenschätzung von 256 Milliarden Euro im Innern des Berichts versteckt und nicht in der zusammenfassenden Übersicht hervorgehoben wurde. Müller warf das Handtuch und kehrte in die Privatwirtschaft zurück. In der zweiten rot-grünen Regierung hat Bundeskanzler Gerhard Schröder dann auf Betreiben der Grünen dem Wirtschaftsministerium gleich die Zuständigkeit für die Umsetzung des im Jahre 2000 verabschiedeten Gesetzes für den Vorrang Erneuerbarer Energien (EEG) entzogen und sie in die Hand des Umweltministeriums gelegt. Somit scheint gewährleistet, dass Wirtschaftlichkeitsüberlegungen auf diesem Gebiet gar nicht erst angestellt werden.

Hauptinhalt des EEG ist die marktwidrige Verpflichtung der Stromnetzbetreiber, Strom aus Wasser-, Wind-, Sonnen- und Biomassekraftwerken unabhängig vom tatsächlichen Bedarf jederzeit gegen eine garantierte kostendeckende „Einspeisevergütung“ abzunehmen. Diese müssen die Stromkunden bezahlen, auch wenn sie solch teuren Strom gar nicht bestellt haben. Die Folgen ließen nicht auf sich warten. Angelockt durch den Garantiepreis von 9,1 Cent je Kilowattstunde Windstrom, stellten „grüne“ Investmentfonds mit dem Geld von Zahnärzten und anderen Besserverdienenden binnen weniger Jahre etwa 16.500 Propeller-Ungetüme in die norddeutsche Tiefebene und in Mittelgebirgslandschaften. Dieser Boom hat inzwischen einen Dämpfer erhalten. Einige Windkraft-Aktien sind abgestürzt. Etliche Windkraftfonds sind notleidend, weil sich die von der Politik auf den Plan gerufene Wachstumsbranche wegen langer Windflauten und zahlreicher technischer Pannen doch nicht als so lukrativ erwies wie zunächst angenommen. Nicht zuletzt macht sich der Widerstand genervter Landbewohner gegen die „Verspargelung“ der Landschaft durch brummende und blinkende Stahlmonster immer deutlicher bemerkbar.

Nun sorgt die im letzten Sommer vom Parlamentarischen Beirat des Bundesverbandes Erneuerbare Energien (BEE) nach Art eines „Ganovenstücks“ (so die FDP-Bundestagsabgeordnete Angelika Brunkhorst) durch Bundestag und Vermittlungsausschuss getrickste Novelle des EEG für einen neuen künstlichen Boom an der Börse. Jetzt ist es vor allem der vom EEG garantierte Abnahmepreis von bis zu 57,4 Cent je Kilowattstunde Solarstrom, der die Phantasie betuchter Anleger beflügelt. Aktien von Anbietern von Photovoltaik-Anlagen wie der Bonner SolarWorld AG des Grünen Frank Asbeck legten in den letzten Monaten um 500 Prozent und mehr zu. Die Unternehmensvereinigung Solarwirtschaft (UVS) brüstet sich, im vergangen Jahr ihren Umsatz um 60 Prozent auf über zwei Milliarden Euro und die Zahl der Arbeitsplätze um 5.000 auf insgesamt 30.000 gesteigert zu haben. Im Jahre 2004 seien in Deutschland nicht weniger als 100.000 neue Photovoltaikanlagen installiert worden. Diese brächten eine Spitzenleistung von 300 Megawatt. Deutschland habe damit im Wettlauf um die Nutzbarmachung der Sonnenenergie Japan vom ersten Platz verdrängt. Man fühlt sich fast wie in Kalifornien, wenn man das liest. Doch gilt die Leistungsangabe nur für die wenigen Tage, an denen die Sonne in unseren Breiten scheint. Deshalb beeilte sich UVS-Geschäftsführer Carsten Körnig, hinzuzufügen: „Unsere im Inlandsgeschäft erworbene Vorreiterrolle ist ein ideales Sprungbrett für die Erschließung weltweiter Exportmärkte.“ Dort winke ein Potenzial von über 100 Milliarden Euro.

Die Grünen sahen deshalb allen Grund, das 25-jährige Jubiläum ihrer Parteigründung vor dem Hintergrund hoher Treibstoffpreise zu nutzen, um an ihre „Agenda 2020“ zu erinnern. Die lautet: „Weg vom Öl.“ Griffig formulierte das die Grüne Bundestagsfraktion kürzlich auf ihrer Tagung in Wörlitz in Form des Konzeptes „4 mal 25“: 25 Prozent nachwachsende Rohstoffe, 25 Prozent Strom und 25 Prozent Wärme aus „erneuerbaren“ Energiequellen und 25 Prozent Bio-Kraftstoffe für den Verkehr. Weiter gehende Grüne Projektionen sehen schon für 2050 die völlige Umstellung der Wirtschaft auf „erneuerbare“ Energien und Rohstoffe vor.

Man könnte darüber schmunzeln, stünden die Grünen damit alleine. Doch dem ist nicht so. Längst haben sich bedeutende Teile der korporatistischen Deutschland AG solche Visionen zu eigen gemacht. Das erklärt, warum die Novellierung des EEG so prompt zu einem Boom an der Börse führte und warum ausgerechnet die Allianz-Versicherung der mit Abstand größte Spender der Grünen Partei ist. Dazu passt auch, dass im erwähnten Parlamentarier-Kreis des BEE Vertreter aller Bundestagsparteien einmütig zusammen sitzen. Dessen Vorsitzender ist der SPD-Abgeordnete Hermann Scheer, der zugleich Präsident des Interessenverbandes EUROSOLAR ist. Stellvertretende Vorsitzende ist die Grünen-Abgeordnete Michaele Hustedt. Ihr zur Seite stehen Hans-Josef Fell, der gleichzeitig Geschäftsführer der Hammelburger Solarstromgeselllschaft ist, und Reinhard Loske, der gleichzeitig dem Kuratorium der Düsseldorfer Naturstrom AG und dem Umweltrat der Nürnberger Umweltbank angehört. Zu den Vertretern der SPD zählen noch die jungen Abgeordneten Axel Berg und Marco Bülow. Bekanntester Vertreter der CDU ist deren haushaltspolitischer Sprecher Dietrich Austermann, der dem Verwaltungsrat der bundeseigenen KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau angehört und die Privilegierung von Windrädern im Baugesetz durchgesetzt hat. Hinzu kommt neben anderen bekannten Namen Peter Harry Carstensen, der CDU-Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten Schleswig-Holsteins. Die CSU ist unter anderen mit dem Abgeordneten Josef Göppel und Doris Mayer und die FDP mit Hans-Michael Goldmann in dem einflusseichen Kreis vertreten.

Diese Volksvertreter, die zum Teil an der Subventionierung „erneuerbarer“ Energien durch gesetzlich garantierte hohe Stromabnahmepreise mitverdienen, können auf die Ergebnisse von Meinungsumfragen verweisen, wonach eine überwältigende Mehrheit der Deutschen sogar noch einen Ausbau der öffentlichen Förderung von Wind- und Sonnenenergie wünscht. Sie sind fest davon überzeugt, dass ihr guter Zweck, der „Klimaschutz“, beinahe jedes Mittel heiligt. Deshalb stören sie sich auch nicht daran, dass die von der Landbevölkerung gefürchteten Windpark-Projekte in finanziell klammen Gemeinden mit Methoden durchgeboxt werden, die vielerorts staatsanwaltliche Ermittlungen nach sich zogen.

Die Freunde der „Erneuerbaren“ sind dermaßen davon überzeugt, dem absolut Guten zum Durchbruch zu verhelfen, dass sie wirtschaftlichen Einwänden gegenüber völlig taub und blind werden. So hat der Bremer Ökonom Wolfgang Pfaffenberger schon vor zwei Jahren im Auftrag der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung ermittelt, dass der von Bundesumweltminister Jürgen Trittin als „Jobmotor“ gepriesene Ausbau der Windenergie durch die allgemeine Verteuerung des Stroms unterm Strich mittelfristig mehr Arbeitsplätze unrentabel macht als neu schafft. Während ihres angenommenen 20-jährigen Betriebs vernichte eine einzige Windkraftanlage in Deutschland per saldo acht Arbeitsplätze, fand Pfaffenberger.

Mögliche technische Fortschritte bei der Gewinnung von Windstrom dürften daran nicht viel ändern, zumal die Stromerzeugung durch die schon projektierten drei Dutzend Offshore-Windparks in der Nordsee allein schon wegen der Notwendigkeit des Baus neuer Hochspannungstrassen oder der Verlegung gasisolierter Erdkabel und durch aufwändige Sicherheitsvorkehrungen gegen Großtankerunfälle deutlich teurer werden wird als die zur Zeit durch das EEG garantierte Einspeisevergütung von 9,1 Eurocent je Kilowattstunde. Noch weiß niemand, wie man den unregelmäßig anfallenden Strom aus diesen fernab der Verbrauchsorte vorgesehenen riesigen Windmühlen überhaupt im bestehenden Stromnetz unterbringen könnte, ohne Änderungen der Netzfrequenz, Kurzschlüsse und großflächige Blackouts zu riskieren. Um das zu untersuchen, hatte die überwiegend vom Bund und der bundeseigenen KfW Kreditanstalt für Wiederaufbau getragene Deutsche Energieagentur (Dena) unter Federführung des Energiewirtschaftlichen Instituts der Uni Köln (Ewi) eine 800.000 Euro teure Studie erarbeiten lassen, mit deren Hilfe ein Konsens zwischen den Windstrom-Anbietern und den etablierten Stromkonzernen über das technisch und wirtschaftlich Machbare hergestellt werden sollte. Da die Ergebnisse der Studie nicht im Sinne der Windmüller und deren politischen Freunde ausfielen, droht dieser nun das gleiche Schicksal wie dem zitierten Energiebericht Werner Müllers.

Jürgen Trittin macht sich dafür stark, auf hoher See Windkraft-Kapazitäten in der Größenordnung von 20.000 Megawatt zu errichten. Peter Ahmels, der Präsident des Bundesverbandes WindEnergie (BWE), sieht zunächst größere Chancen für die Errichtung weiterer Windparks mit größeren Windrädern auf dem deutschen Festland. Hier gebe es noch ein Ausbaupotential von 12.000 Megawatt. Zur Zeit erreichen die auf dem deutschen Festland stehenden Windräder eine Spitzenkapazität von etwa 17.000 Megawatt. Würde diese wegen aufkommenden Sturms mit einem Schlag vom Netz genommen, sänke die Netzfrequenz von 50 auf 49 Hertz. Laien mag das als kleiner Schönheitsfehler an den Sinuskurven der Wechselspannung erscheinen. In Wirklichkeit wäre es schon beinahe eine Katastrophe, weil in Deutschland nur Speicherkapazitäten von 6.000 Megawatt zur Verfügung stehen, um Betriebsstörungen unzähliger lebenswichtiger Motoren entgegenzuwirken. Käme es zusätzlich zum simultanen Ausfall der projektierten Offshore-Kapazitäten, könnte die Netzfrequenz bis auf den Wert von 47,5 Hertz sinken, bei dem alle Generatoren automatisch abschalten. Der Blackout wäre perfekt. Noch ist aber völlig offen, ob die Träume von mehreren Tausend großen Windmühlen auf hoher See jemals wahr werden. Nicht nur die Weigerung der Banken, Offshore-Projekten Kredite zu gewähren, sondern auch Naturschutzanliegen sprechen dagegen.

Deshalb setzen die führenden Windanlagen-Bauer fürs erste auf die Errichtung weiterer Windparks im Binnenland und den Ersatz bereits installierter Windräder durch weitaus größere. „Repowering“ nennen sie das. So forderte der Elektroingenieur Aloys Wobben, Chef der Enercon GmbH in Aurich in Ostfriesland, die den deutschen Windkraftanlagen-Markt mit einem Anteil von über 54 Prozent unangefochten dominiert, kürzlich den Bau von 5.700 großen Windkraftanlagen (WKA) vom Typ Enercon 112 mit einer Nabenhöhe von 124 Metern und einem Rotordurchmesser von 114 Metern. Nur so könnten die 4.000 Arbeitsplätze seiner Firma in Deutschland (von über 6.000 weltweit) gesichert werden. Angesichts hoher Stahlpreise, die Windanlagenbauern derzeit zu schaffen machen, hält sich Wobben zugute, dass die Türme des von seiner Firma angebotenen WKA-Modells in Beton gegossen werden.

Die in Waigandshain im Westerwald angesiedelte Fuhrländer AG bietet neuerdings das WKA-Modell FL-2500 mit einer Nennleistung von bis zu 2.700 Megawatt und einer Rotorspanne von bis zu 96 Metern auf Gittermasten mit einer Nabenhöhe von bis zu 160 Metern speziell für den Einsatz in bewaldeten Mittelgebirgen an. Diese waren bislang wegen der Abbremsung des Windes durch die hohe „Bodenrauhigkeit“ des Waldes als WKA-Standorte wenig attraktiv. Als besonderen Vorteil preist die Firma die Möglichkeit an, diese Ungetüme ohne die Hilfe großer Kräne aufstellen zu können. So bestehen die technischen Voraussetzungen für einen neuen Windkraft-Boom im Binnenland.

Dabei sorgen die immer zahlreicher und immer größer werdenden Windräder an Land auch heute schon im Normalbetrieb mancherorts für Engpässe, die ihrem erklärten Zweck, der Einsparung von CO2-Emissionen, Hohn sprechen. So verweigert der zuständige Stromnetzbetreiber Vattenfall einem Chemiewerk in Brandenburg (BASF Schwarzheide) für den kommenden Sommer die Abnahme von Überschuss-Strom, den das Werk umweltfreundlich mithilfe der Kraft-Wärme-Koppelung (KWK) erzeugt. Der Grund: Das regionale Stromnetz ist bereits durch Windstrom überlastet und kann wegen der üblichen langen Genehmigungszeiten kurzfristig nicht verstärkt werden. Windstrom hat nach dem EEG, trotz seiner Unzuverlässigkeit, absoluten Vorrang vor KWK-Strom, auch wenn dieser viel effizienter erzeugt worden sein sollte.

Als kleineres Übel erscheint da der von der EU-Kommission im „Klimaschutz“ favorisierte Zertifikatehandel, dessen Logik dem deutschen EEG fundamental widerspricht: Warum Windmühlen bauen, die CO2-Emissionen, wenn überhaupt, nur zu Kosten von bis zu 100 Euro je Tonne vermeiden können, wenn an der Leipziger Energiebörse EEX CO2-Zertifikate derzeit für etwa sieben Euro je Tonne erhältlich sind? Warum 100.000 Solaranlagen in einem Land aufstellen, in dem nur selten die Sonne scheint, wenn die vom Freiburger Öko-Institut vorgeschlagenen Tradable Renewable Electricity Ceritificates (TRECs) künftig dafür sorgen könnten, dass sich Solaranlagen eher bei den Mittelmeeranrainern rechnen?

Das scheinbar harmonische Weltbild der Grünen erweist sich also als Selbstbetrug. Die über 16.500 Windräder, mit denen eine hochsubventionierte neue Wirtschaftsbranche unser Land verunstaltet hat, haben wegen der Notwendigkeit des Betriebs von „Schattenkraftwerken“ für windstille Zeiten bislang kein einziges konventionelles Kraftwerk überflüssig gemacht. Nach Schätzungen des Ewi können nur fünf Prozent der Windkraft-Kapazität als „gesicherte Leistung“ verplant werden. Und die im vergangenen Jahr installierten 100.000 Photovoltaik-Anlagen werden den für ihre Herstellung nötigen hohen Energiebedarf frühestens in sieben Jahren beglichen haben – wenn die Sonne lange genug scheint.

Würde der von der rot-grünen Regierung mit der Stromwirtschaft im „Konsens“ beschlossene Atomausstieg wie geplant vollzogen, entstünde in Deutschland ein ernster Energiemangel. Damit droht uns eine wachsende Abhängigkeit von Gas- und Rohöl-Lieferungen der unheimlichen und unberechenbaren Kreml AG Wladimir Putins. Russland ist übrigens, wie man vor kurzem im Ingenieur-Blatt VDI-Nachrichten lesen konnte, bereits dabei, seine Erdgas- und Erdölexporte in die wachstumsstärkeren Regionen Asiens und in die USA umzulenken. Was dabei für die von Gerhard Schröder und Wolfgang Clement gefeierte „langfristige strategische Partnerschaft“ zwischen Russland und Deutschland übrig bleibt, steht in den Sternen.

Das nährt den Verdacht, die Grünen seien in Wirklichkeit nur nützliche Idioten der Atomlobby, die darauf hofft, der absehbare Energiemangel in Deutschland werde am Ende zumindest zu einer Verlängerung der Laufzeit der jetzt noch am Netz hängenden Atomkraftwerke führen. Manche Urheber des EEG scheinen überdies in der Verbreitung der Klimakatastrophen-Theorie und in der Förderung unwirtschaftlicher Windräder von vornherein ein Mittel gesehen zu haben, um der nach Tschernobyl diskreditierten Atomkraft wieder zu einer Renaissance zu verhelfen. Zumindest BEE-Beirat Dietrich Austermann dürfte das nicht dementieren.