Roberto de Mattei: Verteidigung der Tradition.

Die unüberwindbare Wahrheit Christi. Mit einem Vorwort von Martin Mosebach. Übersetzung aus dem Italienischen: Wolfram Schrems. Sankt Grignion Verlag Altötting 2017. 192 Seiten. € 29,95

50 Jahre nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil erleidet die katholische Kirche eine der schrecklichsten Krisen ihrer Geschichte. Verwirrung und Anarchie greifen nicht erst seit der Amtsübernahme von Papst Franziskus um sich. Der sizilianische Historiker Roberto de Mattei ist in Deutschland bekanntgeworden durch seine 2011 erschienene Geschichte des Zweiten Vatikanum, in der er Anhaltspunkte für eine kommunistische Unterwanderung des Konzils sah. Der vorliegende knappe Abriss der Geschichte des Papsttums mit seinen Höhen und Tiefen versteht sich als Ergänzung zur Geschichte des Zweiten Vatikanum. Er ist im italienischen Original schon 2011, also noch während der Amtszeit Benedikts XVI. erschienen. Damit möchte de Mattei begründen, warum katholische Laien in bestimmten Situationen den Papst durchaus kritisieren dürfen. De Mattei beruft sich in der Hauptsache auf das 1562 anlässlich des Tridentinischen Konzils erschienene Werk „De locis theologicis“ des Dominikaner-Theologen Melchior Cano. Dort und in den Dokumenten dieses Konzils wird gegenüber der protestantischen Häresie ein für alle Mal der logische und chronologische Primat der Tradition vor der Schrift festgehalten, denn die Kirche existierte schon Jahrzehnte vor der Niederschrift des ersten Evangeliums. Unfehlbar ist ein Papst nur im Rahmen der apostolischen Tradition. Er kann nichts Neues verkünden. Denn mit dem Tod des letzten Apostels Christi endete die göttliche Offenbarung. Das stellte das Erste Vatikanum im 19. Jahrhundert klar. Das Zweite Vatikanum schuf ein Jahrhundert später Verwirrung, weil es der Behauptung einer Eigenständigkeit des päpstlichen Lehramtes gegenüber der Tradition nicht klar entgegentrat. Einfache Menschen können nach Thomas von Aquin kraft ihres gesunden Menschenverstandes der übernatürlichen Wahrheit manchmal näherkommen als hochgelehrte Theologen. („Lumen fidei facit videre ea quae credentur.“) Deshalb ist der Glaubenssinn (sensus fidei) einfacher Gläubiger ein wichtiger Träger der Tradition. Wenn das Lehramt irrt, kann und muss der Glaubenssinn der Ordensleute und des Kirchenvolkes die Tradition verteidigen. Das erscheint angesichts des verwirrenden Gebarens von Papst Franziskus nötiger denn je.
Edgar L. Gärtner

 

(erschienen in: eigentümlich frei Nr. 176)