Politologe Claus Leggewie heizt Klima-Streik an

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von Edgar L. Gärtner

Die heidnische Angst vor dem Einsturz des Himmels

Der Gießener Politologe Professor Claus Leggewie ist im Jahre 2011 als federführender Mitautor des von Angela Merkel beim „Wissenschaftlichen Beirat Globale Umweltveränderungen“ (WBGU) bestellten Gutachtens über einen „Gesellschaftsvertrag für eine Große Transformation“ in der breiten Öffentlichkeit bekannt geworden. Dort forderte Leggewie, das Parlament einem Expertengremium zu unterstellen. Nun hat er sich anlässlich des freitäglichen Schulschwänzens für mehr „Klimaschutz“ in den Regionalzeitungen „Gießener Allgemeine“ und „Wetterauer Zeitung“ zu Wort gemeldet: „Ohne unentschuldigtes Fernbleiben vom Unterricht hätte Fridays for Future nicht gezündet. So viel ziviler Ungehorsam muss sein, damit der Protest gegen eine lahme Klimapolitik Wirkung zeigt.“ Und weiter: Wenn der Druck dieser Demonstrationen nachlasse, „vergeben wir die Chance, eine Protestbewegung in praktische Arbeit für den Klimaschutz umzumünzen.“ – „Es wäre also schade, wenn die aufgeweckte Schülerschaft einfach auf die Schulbänke zurückkehrte und alles weiterginge wie bisher.“ Leggewie fordert eine Umgestaltung des Schulunterrichts in Richtung auf das „Lernen von Sozialtechniken für die Welt von morgen“.
Als Naturwissenschaftler kommen mir dabei folgende Fragen: Wo hat Prof. Leggewie (den ich etwas von früher kenne) Klimatologie studiert? Glaubt er wirklich, es gebe auf unserer Erde ein physisches System namens „Klima“, das man mit Hilfe politischer Beschlüsse schützen oder gar gezielt steuern kann? Wäre es nicht doch besser, wenn unsere altklug auftretenden Teenager erst einmal lernten, wovon sie überhaupt reden, bevor sie sich an den von Leggewie angeregten Runden Tisch setzen, um über die Gestaltung der Zukunft zu diskutieren?

Vielleicht muss man sie an einige naturwissenschaftliche Elementarzusammenhänge erinnern, die heutigen Oberschülern offenbar nicht mehr geläufig sind: Real greif- beziehungsweise beobachtbar sind auf unserer Erde nur die Ozeane, die Landmassen und die Atmosphäre. In Bewegung gehalten werden alle drei irdischen Systeme vom Kernfusions-Dynamo Sonne. Auch der Mond spielt, wie schon der ständige Wechsel zwischen Ebbe und Flut zeigt, eine nicht vernachlässigbare Rolle. Zwischen diesen vier oder fünf physischen Systemen gibt es komplexe, kaum überschaubare Wechselwirkungen, deren Resultat das mehr oder weniger häufig wechselnde Wetter ist. Dieses ist so chaotisch, dass es meistens kaum länger als zwei Tage einigermaßen zuverlässig vorhersagbar ist. Die 30-jährige Statistik des Wetters einer Region nennt man „Klima“. Dieses ist im Wesentlichen charakterisiert durch den mittleren Jahresgang von Temperatur und Niederschlag. (So lautet die Definition der Weltorganisation für Meteorologie.) Reden wir von Klima, reden wir also im Prinzip immer von der Vergangenheit und können daran logischerweise gar nichts ändern. Freilich können die Menschen in begrenztem Maße das Wetter beeinflussen (etwa indem sie Großstadtstraßen aufheizen und von der Luftzirkulation abschneiden, Winde durch den Bau zahlreicher Windräder abbremsen und dadurch Landschaften erwärmen, Wälder roden oder neu anpflanzen, Seen anlegen oder trockenlegen, Flüsse umleiten, und so weiter). Sie können dann nach 30 Jahren an Hand geeigneter Indikatoren prüfen, ob das einen spürbaren Einfluss auf das regionale Klima hatte.

Die in einer konkreten Region sich einstellende Lufttemperatur ist Funktion des Wetters, das heißt sie hängt vor allem von der Dauer der Sonneneinstrahlung, der Wolkenbedeckung, der Windrichtung und -geschwindigkeit und nicht zuletzt von der Höhe über Normalnull und somit vom Luftdruck ab. In den computerisierten „Klimamodellen“, die von der Politik bestellt wurden, aber von den meisten Medienleuten wie auch von vielen ahnungslosen jungen und älteren Mitbürgern leider für bare Münze genommen werden, macht jedoch umgekehrt die Temperatur das Wetter. Dabei gibt es für den dort behaupteten engen Zusammenhang zwischen dem Kohlenstoffdioxidgehalt der Atmosphäre und ihrer Durchschnittstemperatur (wie das Klima ein abstraktes Konstrukt) nicht den geringsten experimentellen Beleg. Wer angesichts dieser Sachlage behauptet, das Klima der Zukunft berechnen zu können, und die Politik einseitig auf die Bekämpfung einer drohenden Überhitzung der Erde orientiert, ist entweder ein Schwindler oder schlicht dumm.

Ich habe den Verdacht, dass es Leggewie (und vielen aufgeregten Teenagern) gar nicht um das Klima geht, sondern um eine andere Republik. Das war ja das Anliegen des eingangs zitierten Gutachtens über die „Große Transformation“. Das meint Leggewie wohl auch, wenn er gegenüber der „Gießener Allgemeinen“ die „Veränderung von Institutionen“ fordert. So etwas nennt man Diktatur.

Als Christ machte mich aber schon hellhörig, mit welchem Nachdruck Leggewie ein neues „Lernen für die Zukunft“ einfordert. Er versteht darunter „neue, kooperative und projektbezogene Lernformen erproben, die einen Beitrag zum lokalen und globalen Klima- und Umweltschutz leisten“. Das erinnert mich an die „Dienstanweisung für einen Unterteufel“ von C.S. Lewis (1942). Der höllische Unterstaatssekretär Screwtape erklärt dort seinem noch unerfahrenen Neffen Wormwood, wie er die Menschen verführen muss: „Die Dankbarkeit schaut in die Vergangenheit und die Liebe auf die Gegenwart; Furcht, Habsucht, Lust und Streberei blicken auf die Zukunft“. „Wir erstreben ein ganzes Geschlecht auf der Jagd nach dem Regenbogen, nie ehrlich, gütig, glücklich in der Gegenwart, das jede Gabe, die ihm jetzt angeboten wird, nur dazu verwendet, sie als Brennstoff auf dem Altar der Zukunft anzuhäufen.“ Überflüssig, darauf hinzuweisen, dass Prof. Leggewie sich wie ein gelehriger Schüler Screwtapes verhält.

Seit die deutschen Bischöfe die Hölle aus dem sonntäglichen Glaubensbekenntnis gelöscht haben und Wellness-Theologen sich über den Teufel lustig machen, haben viele Menschen ihre (durchaus vernünftige) Angst vor der Hölle eingetauscht gegen die heidnische Angst vor einem Einsturz des Himmels (Klimakatastrophe). Ich werfe den PR-Strategen, die hinter der Fridays-for-Future-Kampagne stehen, also nicht vor, Angst und Panik zu erzeugen, sondern die an sich überlebenswichtige Angst in die falsche Richtung zu lenken. Wer nicht mehr an Gott glaubt, so meine ich, soll wenigstens an die Existenz des Teufels glauben, denn dieser steckt, wie man so schön sagt, immer im Detail. So rät Screwtape seinem Neffen, die Menschen immer von der Frage abzulenken, ob etwas möglich und klug ist, und stattdessen hinzulenken auf die Frage, ob etwas fortschrittlich oder reaktionär sei. Bei der von Leggewie und Konsorten propagierten deutschen „Energiewende“ sieht man, wohin das führt.

(Zuerst veröffentlicht bei EIKE und auf ef.magazin.de)