Der Feind der öffentlichen Ordnung wird nicht benannt
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Edgar L. Gärtner
Die von den Eliten gewünschte völlige Umgestaltung der politischen Landschaft Frankreichs scheint perfekt. Die Regierung Macron/Philippe kann sich, wie erwartet, auf die absolute Mehrheit in der Nationalversammlung stützen. Drei Viertel der Mitglieder des neu gewählten Parlaments sind Neulinge. Nur 142 Mitglieder der alten Nationalversammlung wurden wiedergewählt. Für einen von führenden Meinungsforschungsinstituten vorausgesagten Erdrutschsieg von Macrons Partei La République en Marche in Form einer Zweidrittelmehrheit hat es am Ende allerdings doch nicht gereicht. Ein noch größerer „Schönheitsfehler“ ist freilich die historisch niedrige Wahlbeteiligung von weniger als 44 Prozent. Insgesamt 83,5 Prozent der Wahlberechtigten haben am 18. Juni nicht für die Kandidaten Macrons gestimmt.
In der neuen Nationalversammlung ist das Bündnis zwischen Macrons Partei und den Zentristen (MoDem) mit 351 von 577 Abgeordneten vertreten. Die Fraktion der gemäßigt rechten Republikaner (LR) und Liberalen (UDI) verfügt über 136 Sitze, die Sozialisten, die bislang die Mehrheit im Abgeordnetenhaus stellten, kommen zusammen mit ihren radikalsozialistischen und grünen Bündnispartnern nur noch auf 45 Sitze. Jean-Luc Mélenchons ultralinke Bewegung La France insoumise kommt zusammen mit den Kommunisten auf 27 Sitze. Marine Le Pens Front National erreicht mit acht Sitzen nicht das Quorum für die Bildung einer eigenen Fraktion. (Wäre statt nach dem Mehrheitswahlrecht nach dem Verhältniswahlrecht gewählt worden, hätte sie allerdings zehnmal mehr Abgeordnete.) Erstmals sitzen in der Nationalversammlung 224 Frauen – soviele wie nie zuvor.
Die meisten Franzosen dürften sich aber fragen, ob die vielen neuen Gesichter wirklich einen politischen Neuanfang verheißen. Durch ihre geringe Wahlbeteiligung haben sie bereits angedeutet, wie sie diese Frage beantworten. Weiterlesen