Die Antibiotika-Forschung geht weiter dank KI

Die Antibiotika-Forschung geht weiter dank KI

Edgar L. Gärtner

Am 10. Januar habe ich hier das Ende der Antibiotika angekündigt. Einige Leser zeigten sich dadurch beunruhigt, wenn nicht schockiert. Im Kern ging es in diesem Beitrag lediglich darum aufzuzeigen, dass die kostspielige Entwicklung marktreifer Antibiotika in den letzten Jahrzehnten wegen rasch aufkommender Resistenzen immer riskanter geworden ist und sich deshalb immer mehr Global Players aus diesem Geschäft zurückgezogen haben. Das bedeutet nicht, dass auch die Suche nach neuen Antibiotika-Wirkstoffen im gleichen Maße eingeschränkt wurde. Vielmehr eröffnet die Verbindung der neuen Disziplin synthetische Biologie mit lernfähiger Computer-Software (Künstliche Intelligenz, KI) ganz neue Wege, um interessante chemische Verbindungen aufzuspüren.

Nun ist es einem Team am berühmten Massachusetts Institut of Technology (MIT) unter Leitung von James J. Collins erstmals gelungen, mithilfe von KI ein hoch wirksames neuartiges Antibiotikum namens Halicin zu entwickeln. Weiterlesen

Energiewende: Planwirtschaft ohne Plan

Deutsche Energiewende: Planwirtschaft ohne Plan?

Bei der deutschen Energiewende scheint alles nach Plan zu laufen. Jährlich vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) vorgelegte Monitoring-Berichte informieren auf der Basis des im Jahre 2017 novellierten Energiestatistikgesetzes über die Umsetzung der Zielarchitektur der Bundesregierung. Alle drei Jahre veröffentlicht die Bundesregierung anstelle des jährlichen Monitoring-Berichts einen ausführlicheren Fortschrittsbericht. Der zweite (auf der Basis des Berichtsjahres 2017) wurde im Juni 2019 veröffentlicht. Darin erscheint der Integrierte Nationale Energie- und Klimaplan (NECP) als integraler Teil eines europaweit koordinierten Projekts. Alles auf dem besten Weg also?

Zu den Zielen des im vergangenen Jahr von der Bundesregierung beschlossenen „Klimapakets“ zählt auch die „Reduktion des Bruttostromverbrauchs“ um zunächst 10 Prozent. Dabei rechnen die Betreiber örtlicher Stromverteilernetze schon jetzt damit, dass der Strombedarf für das Laden der Li-Ion-Batterien der e-Autos schon bald zu einer Überlastung der Ortsnetze im ländlichen Raum führen wird, so dass der Ladestrom schon ab 2021 rationiert werden muss. Die Regierungskampagnen für das Stromsparen und für den Ersatz von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor durch Elektro-Fahrzeuge passen offenbar schlecht zusammen. Weiterlesen

Das Ende der Antibiotika

Das Ende der Antibiotika

Im Jahre 1944 begann mit der Zulassung des vom schottischen Mediziner Alexander Fleming entdeckten Antibiotikums Penicillin, wie es schien, eine neue Ära, an deren Höhepunkt der endgültige Sieg des Menschen über die Infektionskrankheiten stehen würde. Heute wissen wir, dass das, wie so viele mit dem wissenschaftlichen Fortschritt verbundene Hoffnungen, eine gefährliche Illusion war. Diese Feststellung soll freilich nicht die Nützlichkeit der wissenschaftlichen Forschung in Frage stellen, sondern nur darauf hinweisen, dass jede Problemlösung neue Probleme aufwirft. Christen sehen darin eine Nachwirkung der Ursünde. Aber es steht uns frei, das zu glauben. Hinter dem immer rascheren Auftreten gegen mehrere Antibiotika resistenter Krankheitskeime braucht jedenfalls kein Fluch zu stehen. Es genügt der Hinweis auf den jahrelangen unbesorgten Einsatz von Antibiotika in der Massentierhaltung. Allein im Jahre 2011 bezogen deutsche Viehzüchter über Tierärzte sage und schreibe 1.734 Tonnen Antibiotika. Eine schätzungsweise fast ebenso große Menge Antibiotika schluckten die Menschen.

Nach Ansicht der meisten Fachleute geht das Auftreten multiresistenter Stämme des normalerweise auf der Haut lebenden Bakteriums Staphylococcus aureus (MRSA) und ESBL-Enzym-tragender Stämme des Darmbakteriums Klebsiella größtenteils auf die unsachgemäße Antibiotika-Anwendung beim Menschen zurück wie zum Beispiel durch mangelhafte Krankenhaus-Hygiene, durch vorzeitiges Absetzen verordneter Medikamente oder die Einnahme von Antibiotika bei Erkältungskrankheiten. Weiterlesen

Der mühsame Weg zum Quantencomputer

Der mühsame Weg zum Quantencomputer

Auf der Mikro-Ebene der Quanten geht es seltsam zu. Es geschehen Dinge, die in unserer mit den fünf Sinnen wahrnehmbaren Raumzeit undenkbar sind. Selbst Albert Einstein hielt bekanntlich die Verschränkung von Elementarteilchen und die Teleportation von Information mit Über-Lichtgeschwindigkeit für einen „Spuk“. Noch heute gibt es Vertreter der newtonsche Physik, die Teile der Quantenphysik am liebsten ins Reich der Esoterik verbannen würden. Währenddessen haben deren praktische Anwendungen längst unseren Alltag erobert. Man denke nur an Laser in DVD-Spielern, Glasfaserkabel als Telefonleitungen, MRT-Aufnahmen in Kliniken. Von daher lag die Idee nahe, Quanteneffekte auch für den Bau von Super-Computern und abhörsicheren Nachrichtennetzen zu nutzen. Die Perspektive des Rechnens mit Über-Lichtgeschwindigkeit übt schon seit den 1980er Jahre eine große Faszination aus. Die Vision: Mit einer im Vergleich zu den derzeit größten Computern um Zehnerpotenzen gesteigerten Rechenleistung wäre es möglich, digitale Verschlüsselungen zu knacken, maßgeschneiderte Medikamente zu entwickeln oder mithilfe Künstlicher Intelligenz das Auftreten von Krankheiten oder von Wetterextremen längerfristig vorherzusagen. Noch allerdings ist es noch längst nicht so weit. Weiterlesen

Die Bibel und die Quantenphysik. Das Jenseits existiert

Von Edgar L. Gärtner
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Ohne die Quantenphysik, die uns an die Grenze des Erkennbaren geführt hat, wären im heutigen Leben allgegenwärtige technische Hilfsmittel wie Smartphones, Computer, Laser usw. nicht erfunden worden. Dennoch erscheint die Quantenphysik auch heute noch vielen als „unheimlich“. Es gibt leider die Tendenz, alle mit der Quantenphysik zusammenhängenden philosophischen und theologischen Fragen in den Bereich der Esoterik abzuschieben. Doch lässt sich zeigen, dass die großen Physiker ihre Entdeckungen gerade der Tatsache verdanken, dass sie sich solche Fragen gestellt haben. Die Behauptung, die Segnungen des wissenschaftlich-technischen Fortschritts seit der Renaissance gingen auf die Entscheidung führender Köpfe zurück, sich vornehmlich mit irdischen Dingen zu beschäftigen und diese naturalistisch zu erklären, gehört zu den Legenden, die von hochmütigen Vertretern der europäischen Aufklärung in die Welt gesetzt wurden. Bei einer weniger oberflächlichen Betrachtung der abendländischen Wissenschaftsgeschichte ergibt sich ein ganz anderes Bild: Fast alle großen Physiker und Mathematiker, die unser modernes Weltbild prägten, angefangen mit Galileo Galilei, Blaise Pascal und Isaac Newton, waren bekennende Christen. Das könnte man freilich damit zu erklären versuchen, dass die Genannten zur damaligen Zeit, in der die Kirche noch über viel Macht und Einfluss verfügte, kaum eine andere Wahl hatten.
Doch es war gerade Max Planck (1858-1947), der im gottlosen 20. Jahrhundert wirkende Begründer der Quantenphysik, der klar erkannte, warum die moderne Naturwissenschaft nur im christlichen Abendland aufkommen konnte: Gott gibt sich in der Bibel als Vernunftwesen zu erkennen. Er hat „diese Welt vernünftig und durch die Vernunft erkennbar geschaffen.“ Plancks feste Überzeugung: Wissenschaft und Glauben bedingen und ergänzen einander. Daran knüpft Wolfgang Leisenberg (geb. 1942) in seinem vor kurzem erschienen Buch „Die verbo(r)gene Wirklichkeit“ an. Weiterlesen

Öko-Infantilismus

Wie alle geistigen Irrwege der Postmoderne geht auch der Greta-Kult auf eine klassische christliche Häresie zurück.

Von Edgar L. Gärtner
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Nach der Ankunft der von Älteren für einen durchsichtigen Zweck missbrauchten jungen schwedischen Autistin Greta Thunberg mit einem High-Tech-Segelboot in Manhattan ist der Medien-Rummel um ihre Person und ihr Anliegen zumindest vorläufig abgeflaut. Denn von großem Bahnhof konnte man bei ihrem Empfang in New York durch eine überschaubare Zahl von Anhängern wahrlich nicht sprechen. Doch geben die hinter ihr stehenden Klima-Ablasshändler noch lange nicht auf. Zumal ihnen beamtete Professoren rasch beispringen und neue Argumente liefern.
Am einfachsten scheint da der Versuch, die Kritiker mit ihren eigenen Waffen zu schlagen, den Spieß umzudrehen und ihnen das anzuhängen, was sie am kindischen Greta-Kult kritisieren. Hier das neueste Beispiel dafür: Nicht Greta, sondern ihre Kritiker sind kindisch. Denn wer die Lieblings-Kassandra unseres Medien-Kartells der globalistischen Alternativlosigkeit als infantil und verhaltensgestört tituliert, sehnt sich selbst nach einer heilen Welt. Also sollten sie besser den Mund halten. So kanzelte der bekannte Soziologe Armin Nassehi, in vornehmere Worte gekleidet, kürzlich in der FAZ all jene ab, die sich dem Klima-Schwindel entgegenstellen, und beruft sich dabei auf den einflussreichen niederländischen Kultur-Theoretiker Johan Huizinga (1872-1945), dessen Gesammelte Werke seit 2014 verfügbar sind. Hier ein Auszug: „Die errechneten sechs Atlantikflüge, welche die ganze Sache erzeugt, weisen auf eine kindliche Idee des Paradieses hin. Wundern sich diejenigen, welche die Sache aufdecken, wirklich darüber? Was ist der Erkenntniswert der Investigation? Was für eine Welt authentischer Akteure stellen sie sich vor?“ Weiterlesen

Die Erde wird grüner dank CO2

35. Sitzung des BT-Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Mittwoch den 5. Juni 2019
Öffentliche Anhörung zum Thema „Welternährung und Klimawandel“

Stellungnahme von Edgar L. Gärtner 

1. Was ist Klima?
Bevor ich auf einzelne Fragen eingehe, möchte ich aus fachlicher Sicht einige grundsätzliche Bemerkungen zum Thema Klimawandel vorausschicken. Es gibt auf der Erde kein physisches System namens Klima. Real greif- bzw. beobachtbar sind auf unserer Erde nur die Meere, die Landmassen und die Atmosphäre. In Bewegung gehalten werden diese drei irdischen Systeme von der Sonne, einem Kernfusions-Dynamo. Daneben ist auch der Einfluss des Erd-Trabanten Mond von Bedeutung. Hinzu kommt die kosmische Strahlung, die meistens vom solaren Magnetfeld abgeschirmt wird, in Schwächephasen der Sonne jedoch in stärkerem Maße bis zur Erde durchdringen kann. Das fördert hier die Wolkenbildung. Zwischen diesen vier oder fünf physischen Systemen gibt es komplexe, kaum überschaubare Wechselwirkungen, deren Resultat das mehr oder weniger häufig wechselnde Wetter ist. Dieses ist so chaotisch, dass es meistens kaum länger als zwei, drei Tage einigermaßen zuverlässig vorhersagbar ist. Die 30-jährige Statistik des Wetters einer Region nennt man Klima. Dieses ist im Wesentlichen charakterisiert durch den mittleren Jahresgang von Temperatur und Niederschlag. (So lautet die Definition der Weltorganisation für Meteorologie.) Reden wir von Klima, reden wir also im Prinzip immer von der Vergangenheit und können daran logischerweise gar nichts ändern. Weiterlesen

Wie Claus Leggewie den islamischen Antisemitismus verharmlost

Zum Beitrag über algerische Ursprünge der Judenfeindschaft in Frankreich (FAZ vom 30. April 2019)

Von Edgar L. Gärtner

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Ich bezweifle nicht, dass Claus Leggewie, den ich etwas aus meinem ersten Leben kenne, sich in der Geschichte Algeriens auskennt. Denn er wurde 1979 mit einer Arbeit über das französische Kolonialsystem bei Bassam Tibi in Göttingen promoviert und hat sich 1984 mit einem Buch über die „Kofferträger“, die linken Unterstützer der algerischen „Befreiungsfront“ FLN im Adenauer-Deutschland, einen Namen gemacht. Damit ist aber schon angedeutet, dass Leggewie die Geschichte Algeriens und des französischen Kolonialismus völlig einseitig betrachtet. Das fängt schon damit an, dass er schreibt, Frankreich habe sich Algerien „mit äußerster Gewalt als Kolonie“ angeeignet. Dabei gab es ein Land namens Algerien noch gar nicht, als Frankreich ein Expeditionskorps losschickte, um die Festung Algier zu erobern. Diese galt als Hauptstützpunkt der Piraten, die bis dahin das ganze westliche Mittelmeer unsicher gemacht hatten. Unzählige Handelsschiffe waren von ihnen aufgebracht und geplündert worden. Abertausende ihrer Besatzungsmitglieder und Passagiere waren auf den Sklavenmärkten des osmanischen Reiches feilgeboten worden. Die Prominenten unter ihnen mussten mit hohen Summen freigekauft werden. Vor den Franzosen hatte bereits die junge US-Navy vergeblich versucht, auf dem westlichen Mittelmeer für Ruhe und Ordnung zu sorgen.
Als die ersten europäischen Siedler in das Land kamen, war dieses zum großen Teil nur dünn besiedelt und nur stellenweise urbar gemacht. Wer von der Piraterie und vom Sklavenhandel lebt, braucht sich ja um die Landbewirtschaftung kaum zu kümmern. Zu den Neuankömmlingen aus Europa gehörten Geschlagene und Gestrandete der gescheiterten Revolution von 1848, darunter auch Deutsche. Sie wurden von den französischen Militärs kaum besser behandelt als die Eingeborenen und mussten sehen, wie sie in ungewohnter Umgebung überleben konnten. Die das schafften, machten den schmalen Streifen zwischen Mittelmeerküste und Tellatlas in wenigen Jahrzehnten zu einem durchaus fruchtbaren Land. Kaum waren die Franzosen nach dem Abkommen von Evian 1962 gewaltsam vertrieben, fiel ein Großteil dieser Ländereien wieder brach, weil es viele Landbewohner vorzogen, in die Wellblech-Siedlungen der Großstädte oder nach Europa zu ziehen, statt ihr Land zu kultivieren. Bis heute muss Algerien, einst Agrar-Exportland, den weitaus größten Teil der benötigten Nahrungsmittel importieren. Bislang konnte der von undurchsichtigen Netzwerken der ehemaligen „Befreiungsfront“ FLN diktatorisch regierte algerische Staat sich das dank sprudelnder Einnahmen aus dem Öl- und Erdgas-Export noch einigermaßen leisten. Doch nun gehen die Öl- und Gas-Vorräte zur Neige…
Und das alles soll nichts mit dem von der FLN zur Staatsreligion erklärten sunnitischen Islam zu tun haben? Weiterlesen

Gentherapie: Wunsch und Wirklichkeit

Edgar L. Gärtner
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Ende November 2018 ging ein Aufschrei um die Welt, als bekannt wurde, dass das Team des chinesischen Genforschers He Jiankui an der Universität Shenzhen erfolgreich in die Keimzellen der Zwillings-Mädchen Lulu und Nana eingegriffen hat, um eine Anlage für HIV/AIDS auszuschalten. Zwar gibt es schon seit Beginn der 1990er Jahre mehr oder weniger erfolgreiche Versuche einer gezielten Reparatur krankhaft veränderter Gene. Doch immer handelte es sich dabei um Eingriffe in Körperzellen. Eingriffe in die Keimzellen gelten bis heute als Tabu, weil nach dem heutigen Stand des Wissens niemand ausschließen kann, dass sich dadurch auch unerwünschte genetische Veränderungen unkontrolliert und nicht rückrufbar in der Nachkommenschaft ausbreiten könnten. Deshalb verurteilte auch die große Mehrheit der chinesischen Genforscher He Jiankuis Schritt formell. Dieser bediente sich bei seinem Eingriff einer neuen, erst seit 2012 bekannten Technik mit dem zungenbrecherischen Namen CRISPR/Cas9, die von der französischen Mikrobiologin Emmanuelle Charpentier und der amerikanischen Biochemikerin Jennifer Doudna entwickelt wurde. Weiterlesen

Über die Liebe in Zeiten der Dekadenz

Über Michel Houellebecqs Roman „Serotonin“

von Edgar L. Gärtner

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Der Ausnahme-Schriftsteller, der kein Prophet sein möchte (Foto: Youtube)

Serotonin (5-Hydroxytryptamin) ist ein sowohl im Zentral- als auch im Darmnervensystem sowie im Blutkreislauf aktiver Botenstoff, der eine ganze Reihe wichtiger Lebensprozesse stimuliert. Im Volksmund gilt Serotonin als „Glückshormon“. Antriebslosigkeit und Depressionen galten in der Medizin lange Zeit als Ausdruck von Serotoninmangel. Diesem abhelfen sollen unter anderem Medikamente aus der Gruppe der selektiven Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI). Tatsächlich verschaffen diese Medikamente einem Teil der so behandelten Psychiatriepatienten spürbare Erleichterung. Warum sie das tun, wissen die Mediziner aber nicht genau. Denn inzwischen konnte man nachweisen, dass Serotoninmangel nicht die eine Ursache der Depressionen ist. Eher erscheinen diese als Symptom von einem ganz anders gelagerten Mangelzustand.

Michel Houellebecq weiß das vermutlich. Jedenfalls drückt er sich, was die Biochemie angeht, eher vorsichtig aus. Französische Linke haben Houellebecq reduktionistischen Biologismus vorgeworfen. Aber nichts ist abwegiger als das. Denn es liegt auf der Hand, dass die psychiatrisch-biochemische Rahmenhandlung des neuen Romans, die (vergebliche) Behandlung des schwer depressiven Patienten Florent-Claude Labrouste mit einem fiktiven neuartigen Antidepressivum namens „Captorix“, nur die Rolle einer Verpackung spielt. Deren Inhalt ist eine Erzählung über die verlorene Liebe beziehungsweise über die (vermeintliche) Unmöglichkeit einer klassischen Paarbeziehung unter den gegenwärtigen gesellschaftlichen Bedingungen. Die Romanhandlung findet kein wirkliches Ende. Stattdessen schließt Houellebecq auf den letzten beiden Seiten mit einem vorsichtigen Plädoyer für bedingungslose Liebe in der Nachfolge Christi. Weiterlesen